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Urlaubsabgeltung: Wann nicht genommener Urlaub ausgezahlt werden muss

Arbeitsrecht | Lesezeit: ca. 15 Minuten

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Der Erholungsurlaub dient, wie der Name schon sagt, der Erholung des Arbeitnehmers von seiner beruflichen Tätigkeit. Aus diesem Grund ist der Urlaubsanspruch grundsätzlich an das bestehende Arbeitsverhältnis gebunden und muss in Form von bezahlter Freizeit gewährt und genommen werden. Eine finanzielle Abgeltung, also die Auszahlung von Urlaubstagen, ist ausnahmsweise dann möglich, wenn der Urlaub aufgrund des Ausscheidens des Arbeitnehmers nicht mehr oder nicht mehr vollständig gewährt werden kann. In diesem Fall wandelt sich der verbliebene Urlaubsanspruch in einen reinen Geldanspruch um. Dieser als Urlaubsabgeltung bezeichnete Anspruch ist in § 7 Absatz 4 des Bundesurlaubsgesetzes (BUrlG) geregelt.

Voraussetzung für die Urlaubsabgeltung: die Beendigung des Arbeitsverhältnisses

Ein Anspruch auf Urlaubsabgeltung kann nur entstehen, wenn das Arbeitsverhältnis rechtlich beendet ist. Auf welche Weise die Beendigung erfolgt, ist dabei unerheblich. Der Anspruch entsteht sowohl bei einer ordentlichen oder außerordentlichen Kündigung durch den Arbeitgeber oder den Arbeitnehmer als auch bei Abschluss eines Aufhebungsvertrages oder durch den Tod des Arbeitnehmers. Der Anspruch entsteht mit dem Tag der rechtlichen Beendigung und wird zu diesem Zeitpunkt auch fällig. Selbst wenn zwischen den Parteien ein Kündigungsschutzprozess geführt wird, um die Wirksamkeit der Kündigung zu klären, ändert dies nichts am Entstehungszeitpunkt des Abgeltungsanspruchs, der objektiv an das Ende des Arbeitsverhältnisses geknüpft ist.

Vereinbarungen, die eine Abgeltung von Urlaubstagen während des noch bestehenden Arbeitsverhältnisses vorsehen, sind wegen Verstoßes gegen das Abgeltungsverbot des § 7 Absatz 4 BUrlG nichtig. Denn gemäß § 13 Absatz 1 BUrlG kann der Urlaubsanspruch nicht zuungunsten des Arbeitnehmers abbedungen werden. Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen können zwar für den über den gesetzlichen Mindesturlaub hinausgehenden Mehrurlaub abweichende Regelungen treffen, nicht aber den gesetzlichen Mindesturlaubsanspruch einschränken.

Berechnung des Abgeltungsanspruchs

Die Höhe der Urlaubsabgeltung bemisst sich nach dem durchschnittlichen Arbeitsverdienst, den der Arbeitnehmer in den letzten dreizehn Wochen vor Beginn des Urlaubs erhalten hat (§ 11 BUrlG). Da bei der Abgeltung kein Urlaub mehr angetreten wird, ist auf die letzten dreizehn Wochen vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses abzustellen. In der Praxis wird zur Vereinfachung oft der durchschnittliche Bruttomonatslohn durch 22 (Arbeitstage pro Monat) geteilt oder der Tageslohn auf Basis des Quartalsgehalts ermittelt. Dieser errechnete Betrag ist dann mit der Anzahl der abzugeltenden Urlaubstage zu multiplizieren.

Wann verfallen Urlaubsansprüche?

Lange Zeit galt der Grundsatz, dass nicht genommener Urlaub am Ende des Kalenderjahres oder, bei Übertragung, am 31. März des Folgejahres automatisch verfällt. Diese Rechtsauffassung wurde durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) und in dessen Folge des Bundesarbeitsgerichts (BAG) grundlegend geändert. Ein Verfall des gesetzlichen Mindesturlaubs tritt nur noch dann ein, wenn der Arbeitgeber seine sogenannten Mitwirkungsobliegenheiten erfüllt hat.

Der Arbeitgeber muss dafür Sorge tragen, dass der Arbeitnehmer seinen Urlaub tatsächlich nimmt. Er muss den Arbeitnehmer konkret und rechtzeitig auffordern, seinen Urlaub zu beantragen, und ihn unmissverständlich darauf hinweisen, dass der Urlaubsanspruch andernfalls am Ende des Bezugszeitraums verfällt. Diese Aufforderung muss sich auf den konkret bezifferten, dem Arbeitnehmer noch zustehenden Urlaubsanspruch beziehen. Kommt der Arbeitgeber diesen Hinweis- und Aufforderungspflichten nicht nach, verfällt der gesetzliche Urlaubsanspruch nicht, sondern wird in die Folgejahre übertragen und sammelt sich dort an. Die Beweislast dafür, dass er seine Obliegenheiten erfüllt hat, trägt im Streitfall der Arbeitgeber. Es empfiehlt sich daher, den entsprechenden Hinweis nachweisbar, etwa durch Empfangsbestätigung des Arbeitnehmers, zur Personalakte zu nehmen.

Urlaubsabgeltung in Aufhebungsverträgen und Vergleichen - eine unterschätzte Gefahr

In der Praxis werden Arbeitsverhältnisse häufig durch Aufhebungsverträge oder gerichtliche Vergleiche beendet. Diese enthalten regelmäßig sogenannte Ausgleichs- oder Abgeltungsklauseln, mit denen sämtliche gegenseitigen Ansprüche pauschal erledigt werden sollen. Vielfach wird versucht, auch den Urlaubsanspruch durch Formulierungen wie „der Urlaub wurde in natura gewährt“ oder durch die Einrechnung in eine pauschale Abfindungssumme mitzuregeln.

Diese Praxis ist jedoch rechtlich nicht unproblematisch. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts entsteht der Anspruch auf Urlaubsabgeltung (§ 7 Abs. 4 BUrlG) erst mit der tatsächlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Ein Verzicht auf den gesetzlichen Mindesturlaubsanspruch oder dessen Abgeltung ist vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses – etwa durch eine Klausel im Aufhebungsvertrag oder Vergleich, der bereits im bestehenden Arbeitsverhältnis geschlossen wird – grundsätzlich unwirksam. Der zwingende Schutz des Mindesturlaubs kann nicht durch eine vorzeitige vertragliche Regelung umgangen werden.

Erst nach rechtlicher Beendigung des Arbeitsverhältnisses wandelt sich der Urlaubsanspruch in einen Abgeltungsanspruch um. Über diesen reinen Zahlungsanspruch kann der Arbeitnehmer grundsätzlich verfügen – etwa im Rahmen eines nach Beendigung geschlossenen Vergleichs oder einer eindeutigen Abgeltungsregelung. Pauschale Ausgleichsklauseln sind allerdings regelmäßig nicht ausreichend, um den gesetzlichen Mindesturlaubsabgeltungsanspruch wirksam auszuschließen, wenn nicht klar und ausdrücklich geregelt ist, dass und in welcher Höhe der Abgeltungsbetrag gezahlt wird.

Für Unternehmen bedeutet dies, dass pauschale Abgeltungsklauseln bezüglich des gesetzlichen Mindesturlaubs erhebliche Risiken bergen. Um Nachforderungen zu vermeiden, sollte der offene Urlaubsanspruch – soweit möglich – durch unwiderrufliche Freistellung unter Anrechnung auf den Urlaub erfüllt werden. Ist dies nicht oder nur teilweise möglich, muss der verbleibende Urlaubsabgeltungsanspruch ausdrücklich und gesondert im Aufhebungsvertrag oder gerichtlichen Vergleich als „Urlaubsabgeltung“ benannt und ausgezahlt werden.

Sonderfall Langzeiterkrankung: Verfällt der Urlaub trotz Krankheit?

Eine besondere Konstellation ist die Langzeiterkrankung eines Arbeitnehmers. Ist ein Arbeitnehmer durchgehend arbeitsunfähig, kann er seinen Urlaub naturgemäß nicht nehmen, da eine Freistellung von der Arbeitspflicht ins Leere liefe. Hier hat die Rechtsprechung eine zeitliche Obergrenze für das Ansammeln von Urlaubsansprüchen entwickelt. Grundsätzlich verfällt der Urlaubsanspruch eines langzeiterkrankten Arbeitnehmers 15 Monate nach dem Ende des jeweiligen Urlaubsjahres, also zum 31. März des übernächsten Jahres.

Allerdings hat das Bundesarbeitsgericht diese Regelung in jüngeren Entscheidungen weiter präzisiert und an die Erfüllung der Mitwirkungsobliegenheiten des Arbeitgebers gekoppelt (vgl. BAG, 20.12.2022 - Az: 9 AZR 245/19). Es sind nunmehr verschiedene Szenarien zu unterscheiden:

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Stand: 29.09.2025
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