Auch nach Aufgabe der Surrogatstheorie kann der
Urlaubsabgeltungsanspruch nicht durch eine rechtsgeschäftliche Vereinbarung der Arbeitsvertragsparteien während des bestehenden
Arbeitsverhältnisses ausgeschlossen oder beschränkt werden. Aus den Regelungen des
§ 17 BEEG kann eine gegenteilige Auffassung nicht begründet werden.
Der Entscheidung lag der nachfolgende Sachverhalt zugrunde:
Die Parteien streiten über Urlaubsabgeltungsansprüche der Klägerin.
Die Klägerin vertritt die Ansicht, die Beklagte habe den
Urlaub während der
Elternzeit in 2019, 2020 und 2021 wirksam und rechtzeitig i.S.d. § 17 Abs. 1 BEEG gekürzt. Ausreichend für die Kürzungserklärung als einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung sei bereits, dass dem Klägervertreter gemäß § 164 Abs. 1 und 3 BGB zugegangene Angebot des Geschäftsführers der Beklagten, in dem Aufhebungsvertrag vom 13.10.2021 eine Abgeltungsklausel aufzunehmen.
Hierdurch habe der Geschäftsführer der Beklagten, auch für die Klägerin erkennbar, zum Ausdruck gebracht, dass er der Klägerin keine weiteren Ansprüche gewähren wolle, worin die konkludente Erklärung enthalten sei, dass der Anspruch auf Erholungsurlaub, der während der Elternzeit erworben werde, soweit wie möglich gekürzt werde.
Am 13.10.2021 sei das Arbeitsverhältnis der Parteien noch nicht beendet gewesen. Darüber hinaus habe die Klägerin durch Ziff. 6 des Aufhebungsvertrags auf ihre Urlaubsabgeltungsansprüche – nicht Urlaubsansprüche – wirksam verzichtet. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass der Urlaubsanspruch zu einem Urlaubsabgeltungsanspruch werde, wenn die Gewährung von Urlaub wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses unmöglich werde.
Im vorliegenden Fall hätte bereits am 13.10.2021 festgestanden, dass der vollständige Urlaub von 92 Tagen nach den Berechnungen der Klägerin nicht bis zum eigentlichen Vertragsende am 15.10.2021 in Natura hätte gewährt werden können. Dies sei tatsächlich unmöglich i.S.d. § 275 Abs. 1 BGB gewesen. Auch nach Wortlaut und Sinn und Zweck des § 17 Abs. 3 BEEG seien am 13.10.2021 die Urlaubsansprüche in Urlaubsabgeltungsansprüche aufgrund der Unmöglichkeit der Freistellung als Gewährung des Urlaubs in Natura umgewandelt worden.
Wenn zudem § 17 Abs. 1 BEEG eine einseitige Kürzungsmöglichkeit des Urlaubsanspruchs während der Elternzeit durch den Arbeitgeber zulasse, müsse erst recht dieser Urlaubsanspruch bzw. Urlaubsabgeltungsanspruch in beiderseitigem Einvernehmen durch eine Abgeltungsklausel in einem Aufhebungsvertrag beseitigt werden können. Der Verzicht auf Urlaubsabgeltung sei auch zulässig, weil der Urlaubsabgeltungsanspruch nach neuerer Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ein reiner Geldanspruch und kein Surrogat des Urlaubsanspruchs sei. Jedenfalls sei die Geltendmachung des Anspruchs auf Abgeltung des gesetzlichen Urlaubs rechtsmissbräuchlich i.S.d. § 242 BGB.
Es wäre redlich gewesen, die im Ausmaß bekannten Urlaubsabgeltungsanspruch im Rahmen der Verhandlung über den
Aufhebungsvertrag offen anzusprechen. Stattdessen habe die anwaltlich vertretene Klägerin einen Aufhebungsvertrag mit Abgeltungsklausel abgeschlossen. Die Beklagte habe aufgrund des eindeutigen Wortlauts und der Zustimmung durch die Klägerin darauf vertrauen dürfen, dass keine weiteren Ansprüche aus dem
Arbeitsverhältnis geltend gemacht würden.
Durch die Erklärung zum Abschluss des Aufhebungsvertrags habe die Beklagte davon ausgehen dürfen, dass die Klägerin auf ihren Anspruch auf Urlaubsabgeltung verzichte in Folge der Auszahlung einer
Abfindung und der Ausstellung eines „sehr guten“ qualifizierten
Arbeitszeugnisses.
Hierzu führte das Gericht aus:
Nach dem Wortlaut des
§ 13 Abs. 1 S. 3 BUrlG „kann, abgesehen von
§ 7 Abs. 2 S. 2, von den Bestimmungen dieses Gesetzes nicht zu Ungunsten des Arbeitnehmers abgewichen werden.“
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