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Kaskotarif mit Werkstattbindung: Werbung bleibt trotz Mehrdeutigkeit zulässig

Verkehrsrecht | Lesezeit: ca. 3 Minuten

Die Werbung eines Versicherers mit der Aussage, im Falle grober Fahrlässigkeit würden „grundsätzlich 85 %“ der Reparaturkosten übernommen, stellt keine irreführende geschäftliche Handlung im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 2 UWG dar. Maßgeblich ist die Sicht des durchschnittlich informierten, verständigen Verbrauchers, der der Werbung situationsadäquate Aufmerksamkeit schenkt.

Aus dem Gesamtzusammenhang der Formulierung ergab sich, dass die Versicherungsleistung der Kaskoversicherung je nach Grad des Verschuldens gekürzt oder gestrichen werden kann. Der Begriff „grundsätzlich“ wird in diesem Kontext dahin verstanden, dass es sich um eine Regel mit möglichen Ausnahmen handelt. Ein Verständnis im Sinne von „immer“ oder „ausnahmslos“ liegt fern, weil ein solcher Bedeutungsinhalt dem einleitenden Hinweis auf die mögliche Kürzung widersprechen würde. Eine allgemeine Verkehrsbefragung ist für diese Bewertung nicht erforderlich.

Selbst wenn ein Teil der angesprochenen Verkehrskreise den Begriff „grundsätzlich“ als „immer“ auffasst, fehlt es an der wettbewerblichen Relevanz einer solchen Irreführung. Nach § 28 Abs. 2 Satz 2 VVG darf der Versicherer bei grober Fahrlässigkeit seine Leistung entsprechend dem Grad des Verschuldens kürzen. Wird in der Werbung ein höheres Leistungsversprechen gegeben, ist der Versicherer daran gebunden. Eine mögliche Irreführung würde daher zum Nachteil des Versicherers wirken und begründet keinen Unterlassungsanspruch nach §§ 3, 8 Abs. 1, 3 Nr. 2 UWG.

Das Fehlen einer relevanten Beeinflussung des Verbraucherverhaltens schließt eine Wettbewerbsverletzung aus. Eine Täuschung über ein sogenanntes „negatives Leistungsmerkmal“ – also zugunsten des Kunden – ist rechtlich unbeachtlich. Der Versicherer darf somit mit der pauschalen Zusage von 85 % Erstattung auch im Falle grober Fahrlässigkeit werben, solange der Gesamteindruck der Anzeige den rechtlichen Rahmen erkennen lässt.

Mangels Irreführung im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 2 UWG besteht kein Unterlassungsanspruch.


OLG Bamberg, 23.09.2015 - Az: 3 U 77/15

Vorgehend: LG Coburg, 09.04.2015 - Az: 1 HKO 68/14

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