1. Eine Klausel eines
Reiseveranstalters ist unwirksam, wenn sie den
Reisenden zu einer Anzahlung verpflichtet, die ein Drittel des Gesamtreisepreises übersteigt.
2. Klauseln, die allein die Bezeichnung einer Reise wie „gesondert gekennzeichnete Top-Angebote sowie ausgewählte bzw. preisreduzierte Specials, Sparreisen“ zum Anlass unterschiedlicher Reisebedingungen machen, sind unzulässig, wenn die Bezeichnung für den Reisenden nicht eindeutig ist und einen durch die Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht näher eingeschränkten Beurteilungsspielraum lässt.
Der Entscheidung lag der nachfolgende Sachverhalt zugrunde:
Die Parteien streiten um die Zulässigkeit einer Anzahlungsklausel in Höhe von 40 % des Gesamtpreises in einem Reisevertrag. Die Beklagte verwendet beim Abschluss von
Reiseverträgen Allgemeine Geschäftsbedingungen mit unter anderem folgender Klausel:
„2.2 Bei Vertragsabschluss wird gegen Aushändigung der Bestätigung die Anzahlung in Höhe von i. d. R. 25 %, bei gesondert gekennzeichneten Top-Angeboten sowie ausgewählten, kurzfristigen bzw. preisreduzierten Specials, Sparreisen und Reisen der Marken D.T., r., A1., A2., A3. und BestPreis-Angeboten von T. F.G. sowie Ticket-Paketen aus Leistungsbeschreibungen (Ziffer 3.1) mit dem Titel „Musicals & Shows“ 40 % des Gesamtpreises fällig. (...)“
Mit dem angefochtenen Urteil vom 30. Oktober 2012, auf dessen tatsächliche Feststellungen gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, hat die 18. Zivilkammer des Landgerichts Hannover der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, dass die in den Allgemeinen Reisebedingungen (ARB) der Beklagten enthaltene Regelung einer Anzahlungsverpflichtung des Reisenden von 40 % bei bestimmten in der Klausel genannten Produkten unzulässig sei. Die Regelung verstoße gegen § 307 Abs. 1 Satz 1 und 2, Abs. 2 Nr. 1 BGB, da sie den Vertragspartner der Beklagten entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteilige. Eine unangemessene Benachteiligung ergebe sich bereits daraus, dass die Beklagte selbst - mit Ausnahme der in der Klausel im Einzelnen aufgeführten Produkte - eine Anzahlung von 25 % für ausreichend erachte und die tatbestandlichen Voraussetzungen, die eine höhere Anzahlung rechtfertigen könnten, in der Klausel nicht zum Ausdruck kämen. Durch die von der Beklagten gewählten Bezeichnungen entstehe ein nicht gerechtfertigter Beurteilungsspielraum. Die Beklagte könne nach dem Wortlaut der Klausel allein durch die Änderung der Bezeichnung einer Reise die Voraussetzung für eine höhere Anzahlung schaffen. Wegen der weiteren landgerichtlichen Erwägungen wird gemäß § 540 ZPO auf das angefochtene Urteil verwiesen.
Gegen dieses Urteil richtet sich die rechtzeitig und formgerecht eingelegte Berufung der Beklagten. Sie ist der Meinung, dass ein Verstoß gegen das Transparenzgebot nicht vorliege, da die Einordnung der jeweiligen Reise für den Reisenden klar erkennbar sei und bei der Buchung ein besonderer Hinweis auf die für die konkrete Reise geltenden besonderen Reisebedingungen erfolge. Selbst bei einer Buchung im Reisebüro werde bereits über das IRS-Buchungssystem klargestellt, dass es sich um eine Reise mit besonderen Bedingungen handele.
Auch die Regelung einer 40 %-igen Anzahlung des Reisepreises sei wirksam.
So habe der Bundesgerichtshof bei kurzfristigen Reisen sogar die Vorauszahlung von 100 % des Reisepreises vor Reiseantritt gebilligt. Die von ihr bei den genannten Reisen verlangte höhere Anzahlung rechtfertige sich aus unterschiedlichen Kostenkalkulationen. Die Stornokostenquote liege bei den genannten Reisen bei einer Stornierung bis zum 31. Tag vor Reiseantritt kalkulatorisch bei 76 %, wie sich aus der Anlage B 37 ergebe. Außerhalb der A.-T.-Produkte betrage die Stornokostenquote lediglich etwa 27 %. Bei der erforderlichen Gesamtabwägung sei auch zu berücksichtigen, dass ihre Reisebedingungen dem Reisenden zusätzliche Rechte einräumten, z. B., dass dem Reisenden im Falle des Reiseausfalls ein kostenfreier Rücktritt angeboten werde. Damit seien die vom Oberlandesgericht Köln (OLG Köln 11.04.2005 - Az:
16 U 12/05) aufgestellten Kriterien erfüllt. Sie, die Beklagte, erhalte durch die Vorauszahlung auch nicht mehr als die Absicherung der von ihr verlangten Stornierungskosten. 40 % des Reisepreises könnten nicht als wesentlicher Teil des Reisepreises verstanden werden, da „wesentlich“ erst ein 50 % übersteigender Anteil des Reisepreises sei. Auch müsse zu ihren Gunsten berücksichtigt werden, dass sie bei den genannten A.- und YIELD-Produkten den größten Teil ihrer Aufwendungen bereits unmittelbar nach der Reisebuchung erbringen müsse. So habe auch der III. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs bei einem Internet-System-Vertrag mit einer Laufzeit von drei Jahren eine jährliche Vorauszahlung für zulässig erachtet (BGH, 04.03.2010 - Az: III ZR 79/09).
Die Beklagte beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil. Das Landgericht habe zutreffend darauf abgestellt, dass es eine unangemessene Benachteiligung sei, wenn die Beklagte allein durch die bloße Bezeichnung einer Reise eine höhere Anzahlung verlangen könne. Allein die Bezeichnung einer Reise habe nämlich nichts mit der tatsächlichen Berechtigung einer erhöhten Anzahlung zu tun. Darauf, ob die Rücktrittskostenpauschale von 40 % angemessen sei, komme es hier nicht an; die Auseinandersetzung über diese Frage bleibe einem gesonderten Rechtsstreit vorbehalten.
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