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Airline-AGB gekippt: Nachzahlung bei geänderter Flugreihenfolge unzulässig

Reiserecht | Lesezeit: ca. 5 Minuten

Eine Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Luftfahrtunternehmens, die für den Fall, dass der Fluggast die Beförderung nicht auf allen oder nicht in der im Flugschein angegebenen Reihenfolge der einzelnen Teilstrecken bei ansonsten unveränderten Reisedaten antritt, eine Nachkalkulation des Flugpreises vorsieht, ist unwirksam, wenn sie auch für Fluggäste gilt, die bei Vertragsschluss die Absicht hatten, die Gesamtleistung in Anspruch zu nehmen, und ihre Planung aufgrund von nachträglich zutage getretenen Umständen geändert haben.

Die Klausel stellt eine kontrollfähige Preisnebenabrede dar. Sie modifiziert nicht den Hauptpreis, sondern regelt die Folgen, wenn der Fluggast die Leistung nicht wie vorgesehen in Anspruch nimmt. Eine Abrede über die Art der Leistung liegt nicht vor, da die Klausel keine abweichende Leistung beschreibt, sondern an die Nutzung abweichend vom vereinbarten Ablauf anknüpft. Die Bestimmung weicht vom gesetzlichen Grundsatz ab, wonach ein Kunde grundsätzlich auch Teilleistungen ohne zusätzliche Vergütung verlangen darf, sofern dem nicht Treu und Glauben entgegenstehen (vgl. BGH, 29.04.2010 - Az: Xa ZR 5/09; BGH, 29.04.2010 - Az: Xa ZR 101/09).

Der gesetzliche Grundgedanke, dass teilbare Leistungen auch teilweise abgerufen werden können, ohne dass hierfür ein zusätzliches Entgelt geschuldet wird, ist wesentlicher Bestandteil des Leistungsgefüges. Eine Abweichung ist nur zulässig, wenn sie durch legitime und hinreichende Interessen des Verwenders gerechtfertigt wird.

Das Interesse eines Luftfahrtunternehmens an der Sicherung seiner Tarifstruktur ist grundsätzlich anzuerkennen. Es besteht insbesondere darin, Preisgestaltungen für Verbundtarife vor missbräuchlicher Umgehung zu schützen. Dieses Interesse rechtfertigt es, Fluggäste, die bereits bei Vertragsschluss keine vollständige Inanspruchnahme der Gesamtleistung beabsichtigen, einer Nachkalkulation zu unterwerfen.

Die Klausel differenziert nicht zwischen Kunden, die die Tarifstruktur bewusst unterlaufen wollen, und solchen, die aufgrund später eingetretener Umstände – etwa Krankheit oder sonstige Unwägbarkeiten – von der ursprünglichen Reiseplanung abweichen. Für Letztere besteht ein berechtigtes Interesse, die weiterhin benötigten Teilstrecken ohne zusätzliche Kosten nutzen zu können. Die generelle Anwendung der Nachkalkulation auf alle Fluggäste überschreitet das Übermaßverbot, da die Interessen des Unternehmens auch durch mildere Mittel gewahrt werden können.

Zur Wahrung der Unternehmensinteressen genügt es, eine Nachkalkulation nur für solche Kunden vorzusehen, die bei Vertragsschluss nicht die vollständige Inanspruchnahme der Leistung beabsichtigten. Eine generelle Einbeziehung sämtlicher Fluggäste ist nicht erforderlich. Die Abgrenzung kann durch die Obliegenheit des Fluggasts erfolgen, darzulegen und zu beweisen, dass die Änderung der Reiseplanung auf nachvertraglichen Umständen beruht. Dies genügt zur Absicherung der Tarifstruktur.

Die Möglichkeit, einen Flex-Tarif zu buchen, führt nicht zu einer individuellen Aushandlung der Klausel. Die Regelung betrifft nicht die Auswahl zwischen flexiblen und unflexiblen Tarifen, sondern die Sanktion für die abweichende Nutzung. Der Kunde hat insoweit keine Gestaltungsfreiheit.

Die Klausel verstößt insgesamt gegen § 307 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 BGB. Die pauschale Nachkalkulation auch für Kunden, die ursprünglich die vollständige Leistung in Anspruch nehmen wollten, stellt eine unangemessene Benachteiligung dar. Die Regelung ist daher unwirksam.


BGH, 28.10.2025 - Az: X ZR 110/24

ECLI:DE:BGH:2025:281025UXZR110.24.0

Vorgehend: OLG Köln, 07.06.2024 - Az: 6 U 139/23

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