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Unerlaubte Untervermietung: Heimliche Videoüberwachung im Treppenhaus kann nicht als Beweis verwertet werden

Mietrecht | Lesezeit: ca. 81 Minuten

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Die Frage, ob die auf einer unzulässigen Videoüberwachung beruhenden Erkenntnisse einer Partei bei der gerichtlichen Entscheidungsfindung verwertet werden dürfen, ist unter Berücksichtigung der Vorgaben der Datenschutzgrundverordnung zu beurteilen.

Der Unionsgesetzgeber hat den Mitgliedstaaten in Art. 6 Abs. 2 und 3 DSGVO hinsichtlich der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die öffentliche Hand (Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Buchst. e DSGVO) die Möglichkeit eröffnet, nationale Bestimmungen beizubehalten oder einzuführen, mit denen sie die Anwendung der Vorschriften der DSGVO genauer festlegen und konkretisieren. Die Absätze 2 und 3 enthalten damit Öffnungsklauseln zugunsten der Mitgliedstaaten.

Rechtsgrundlage für die Verarbeitung personenbezogener Daten bei der gerichtlichen Entscheidungsfindung im deutschen Zivilprozess sind die im Lichte des Grundgesetzes auszulegenden Bestimmungen der Zivilprozessordnung über die Berücksichtigung von Parteivorbringen und Beweisangeboten, insbesondere die § 286 Abs. 1, §§ 355 ff. ZPO.

Bei der Geldentschädigung wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts handelt es sich um ein besonderes Rechtsinstitut, das auf den Schutzauftrag aus Art. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG zurückgeht. Sie ist vom Schmerzensgeld im Sinne des § 253 Abs. 2 BGB wegen der Verletzung eines der dort genannten Rechtsgüter zu unterscheiden. Führt die Handlung, die eine Persönlichkeitsrechtsverletzung zur Folge hatte, auch zu einer Verletzung der Gesundheit, so muss die darin liegende Beeinträchtigung zum Gegenstand eines Schmerzensgeldanspruchs gemacht werden und kann nicht stattdessen zur Begründung einer schwerwiegenden Persönlichkeitsrechtsverletzung herangezogen werden.

Der Entscheidung lag der nachfolgende Sachverhalt zugrunde:

Die Klägerin, ein landeseigenes Wohnungsunternehmen, verlangt als Vermieterin von den Beklagten die Räumung und Herausgabe zweier Mietwohnungen. Die Beklagte zu 1 macht widerklagend - soweit im Revisionsverfahren noch von Interesse - Ansprüche auf Geldentschädigung aus eigenem sowie aus abgetretenem Recht ihrer Söhne, der Beklagten zu 2 und zu 3, wegen einer von der Klägerin veranlassten verdeckten Videoüberwachung der Wohnungseingangsbereiche durch eine Privatdetektivin geltend.

Die Beklagte zu 1 ist seit Februar 2007 Mieterin einer in der Z-Straße 3 in B. gelegenen 4-Zimmer-Wohnung, in der auch der Beklagte zu 3 lebt. Seit Februar 2008 ist sie außerdem Mieterin einer in der Z-Straße 2 in B. gelegenen 5-Zimmer-Wohnung, in der der Beklagte zu 2 lebt. Dieser war im September 2012 als weiterer Mieter in das Mietverhältnis eingetreten. Die Beklagte zu 4 ist die Mutter der Beklagten zu 1 und unterhält nach dem Vortrag der Beklagten in der angemieteten Wohnung in der Z-Straße 2 einen Nebenwohnsitz.

Die Klägerin mahnte die Beklagte zu 1 im Januar 2017 wegen unberechtigter Untervermietung der Wohnung in der Z-Straße 2 ab, nachdem Herr J. ihr im Oktober 2016 mitgeteilt hatte, er lebe in dieser Wohnung in einer Wohngemeinschaft mit drei anderen Mitbewohnern. Am 4. September 2017 informierten Dritte die Klägerin über einen Polizeieinsatz in der Wohnung in der Z-Straße 3, dessen Grund Streitigkeiten zwischen der Beklagten zu 1, dem Beklagten zu 3 und zwei Untermieterinnen gewesen seien. Zu diesem Zeitpunkt wohnten in der Wohnung in der Z-Straße 2 drei Studenten zur Untermiete. Daraufhin mahnte die Klägerin die Beklagte zu 1 am 11. September 2017 wegen unberechtigter Untervermietung beider Wohnungen ab. Am 25. September 2017 besichtigte die zuständige Verwalterin der Klägerin beide Wohnungen und bildete sich dabei die Auffassung, die zur Untervermietung vorgesehenen Zimmer seien als solche klar erkennbar. Am 6. November 2017 kontaktierte Herr S. die Klägerin und teilte mit, dass er als Untermieter der Beklagten zu 1 einen Monat in der Wohnung in der Z-Straße 3 gewohnt habe. Daraufhin erklärte die Klägerin am selben Tag eine erneute Abmahnung wegen unberechtigter Untervermietung.

Die Klägerin beauftragte sodann eine Detektei, die vom 9. November bis zum 11. Dezember 2017 jeweils vom Treppenhaus aus den Eingangsbereich der Wohnungen mit versteckten Videokameras überwachte, die Aufnahmen speicherte und ein Protokoll darüber erstellte, wann welche Personen ein- und ausgegangen waren. Die Kameras waren gegenüber den Wohnungseingangstüren installiert und erfassten bei geöffneter Wohnungstür den Eingangsbereich innerhalb der Wohnungen. Am 15. Januar 2018 erklärte die Klägerin die außerordentliche, hilfsweise ordentliche Kündigung beider Mietverhältnisse wegen der ungenehmigten Untervermietung. Anlässlich einer Ortsbesichtigung am 25. September 2017 sei festgestellt worden, dass in der Z-Straße 3 zwei Zimmer als Zimmer für die Vermietung an dritte Personen hergestellt gewesen seien. In der Wohnung in der Z-Straße 2 seien drei Zimmer in dieser Weise eingerichtet gewesen. Eine von ihr beauftragte Detektei habe festgestellt, dass die Wohnung in der Z-Straße 2 im Zeitraum vom 9. November 2017 bis 11. Dezember 2017 sechs Männern und einer Frau überlassen worden sei, die jeweils mit eigenen Schlüsseln ein- und ausgegangen seien. In der Wohnung in der Z-Straße 3 seien in dieser Zeit vier Personen (drei männliche und eine weibliche) als Bewohner identifiziert worden. Im Schriftsatz vom 19. Februar 2018 sprach die Klägerin wegen desselben Sachverhalts erneut eine außerordentliche, hilfsweise ordentliche Kündigung beider Mietverhältnisse aus.

Die Beklagte zu 1 führte daraufhin im laufenden Räumungsrechtsstreit im Schriftsatz vom 1. August 2018 aus: „Überhaupt erinnern mich die Methoden der Klägerin an Stasi Praktiken, wo die Nachbarn sich gegenseitig ausspionieren und gegeneinander aussagen mussten, wie die Klägerin es möglicherweise zu DDR-Zeiten praktizierte, als im Dienste des Staates gewesen und diese Praktiken bis heute nicht ablegen kann.“ Gestützt auf diese Äußerung erklärte die Klägerin im Schriftsatz vom 17. September 2018 ein weiteres Mal die außerordentliche fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigung beider Mietverhältnisse.

Das Amtsgericht hat die außerordentlichen Kündigungen vom 15. Januar 2018 als wirksam angesehen und die Beklagten zur Räumung und Herausgabe der Wohnungen - die Beklagten zu 1 und 3 hinsichtlich der Wohnung in der Z-Straße 3, die Beklagten zu 1, 2 und 4 hinsichtlich der Wohnung in der Z-Straße 2 - verurteilt. Den widerklagend von der Beklagten zu 1 wegen unrechtmäßiger Videoüberwachung geltend gemachten Anspruch auf Zahlung einer Geldentschädigung in Höhe von 5.000 € hat es abgewiesen. In der Berufungsinstanz hat die Beklagte zu 1 die Widerklage um an sie abgetretene Geldentschädigungsansprüche ihrer Söhne in Höhe von insgesamt 10.000 € erweitert.

Das Landgericht hat die Räumungsklagen auf die Berufung der Beklagten abgewiesen, die Berufung der Beklagten zu 1 hinsichtlich des Geldentschädigungsanspruchs aus eigenem Recht zurückgewiesen und die (erweiterte) Widerklage abgewiesen. Mit ihren vom Berufungsgericht zugelassenen Revisionen verfolgen die Klägerin die Räumungsansprüche und die Beklagte zu 1 die Geldentschädigungsansprüche weiter.

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