Ist Ihr Bußgeldbescheid anfechtbar? ➠ Jetzt überprüfen!Zunächst gilt der Grundsatz, dass die privaten Angelegenheiten von Mietern grundsätzlich geschützt sind. Gleichzeitig müssen auch die Rechte anderer Mieter und Vermieter berücksichtigt werden.
Nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) hat jeder Mieter das Recht, seine Wohnung in einer angemessenen Art und Weise zu nutzen, solange er dadurch die Rechte anderer nicht beeinträchtigt.
Auch wenn grundsätzlich die Sexualität in jeder gewünschten Form ausgelebt werden darf, so ist diesem dennoch dadurch Grenzen gesetzt, dass auf die Nachbarn Rücksicht zu nehmen ist.
Darf der Vermieter Vorschriften machen?
Der Vermieter darf seinen Mietern keine Vorschriften zu sexuellen Aktivitäten in der Mietwohnung machen. Diese gehören zur Privatsphäre des Mieters und dürfen durch den Vermieter nicht reguliert werden, solange sie legal sind und keine Belästigung für andere Mieter oder den Vermieter selbst darstellen.
Auch die Ausübung außerehelicher sexueller Vorlieben in den eigenen vier Wänden stellt regelmäßig keinen Grund dar, die fristlose Kündigung auszusprechen.
Auf die Moralvorstellungen des Vermieters oder anderer Mieter kommt es nicht an. Ein rein moralisches Unwerturteil reicht auch nicht für eine Abmahnung oder Kündigung aus (AG Köln, 29.04.2002 - Az:
211 C 256/01).
Aus diesem Grund darf der Vermieter in aller Regel auch keinen
Besuch von Lebens- oder Sexualpartnern in der Mietwohnung verbieten. Nur dann, wenn es zu Problemen oder Beschwerden in Bezug auf den Besuch kommt, kann der Vermieter das Recht haben, den Besuch zu beschränken oder zu untersagen.
Störung des Hausfriedens durch sexuelles Verhalten
Es gibt Fälle, in denen das sexuelle Verhalten von Mietern eine
Störung des Hausfriedens darstellen kann.
Ein wichtiger Aspekt ist hierbei die
Lärmbelästigung. Wenn das sexuelle Verhalten von Mietern zu einer erheblichen Lärmbelästigung für Nachbarn oder andere Mieter führt, kann ein Verstoß gegen die
Hausordnung vorliegen.
Zudem ist auch für Sex ist das Gebot der Zimmerlautstärke zu beachten (AG Warendorf, 19.08.1997 - Az:
5 C 414/97). Das Maß der Zimmerlautstärke ist dann überschritten, wenn Geräusche in die Nachbarwohnung dringen, die unter Einbeziehung der baulichen Gegebenheiten aufgrund ihrer Lautstärke nicht mehr als normales Wohngeräusch gelten können.
Darüber hinaus ist die
Nachtruhe (von 22 bis 6 Uhr) zu beachten, während derer andere Mieter Anspruch auf nächtliche Ruhe haben (AG Rendsburg, 16.12.1994 - Az: 18 (11) C 766/94).
Ebenfalls ist es nicht hinzunehmen, wenn der Mieter gut einsehbar auf dem Balkon Geschlechtsverkehr oder andere sexuelle Handlungen ausübt. Ein solches Verhalten stört ebenfalls den Hausfrieden und verstößt gegen das Rücksichtnahmegebot (AG Bonn, 17.05.2006 - Az:
8 C 209/05).
Bei der Bewertung der Frage, ob eine Störung des Hausfriedens vorliegt, ist grundsätzlich von den Umständen des Einzelfalls auszugehen. Die Gerichte bewerten hierbei u.a. die Art und Intensität des sexuellen Verhaltens, die Häufigkeit, die Tageszeit,und die Anzahl der Betroffenen.
Liegt eine Störung des Hausfriedens vor, kann der Vermieter eine
Abmahnung aussprechen oder sogar
kündigen.
In einem Fall hat das AG München entschieden, dass eine wiederholte Störung des Hausfriedens durch lautstarkes Sexualverhalten ein berechtigter Grund für eine fristlose Kündigung sein kann, weil dies nicht als sozialadäquat anzusehen ist (AG München, 03.02.2014 - Az:
417 C 17705/13).
Beschädigung der Mietsache
Wenn das sexuelle Verhalten von Mietern dazu führt, dass das Mietobjekt beschädigt wird oder nicht mehr in einem angemessenen Zustand ist, kann dies ein Verstoß gegen die Pflichten aus dem
Mietvertrag darstellen.
In solchen Fällen kann der Vermieter gegebenenfalls Schadensersatz fordern und im Extremfall auch die fristlose Kündigung aussprechen.
Mietminderung möglich?
Wenn das sexuelle Verhalten zu einer Beeinträchtigung des Wohnkomforts anderer Mieter oder Nachbarn führt, kann dies betroffene Mieter zur Mietminderung berechtigen.
Beweispflichtig dafür, dass die zulässigen Grenzen des Lärms im Einzelfall überschritten worden sind, ist der Mieter, der die Störung behauptet.
Ein Anspruch besteht dann nicht, wenn der Lärm durch normale Wohngeräusche verursacht wird. Dies schließt ein übliches Sexualverhalten in normaler Lautstärke ein – auch das ist sozialadäquat.
Ehe eine
Mietminderung durchgesetzt werden kann, ist zunächst der Vermieter aufzufordern, Abhilfe zu schaffen. Erst dann, wenn der Vermieter die Beeinträchtigung nicht beseitigen kann, kommt eine Mietminderung in Betracht.
Die Höhe der Mietminderung hängt von der Intensität der Störung ab. Gerichte haben in der Vergangenheit bei einer ständigen und massiven Belästigung durch Lärm eine Mietminderung von 35 bis zu 50% gewährt.
Im Streitfall muss der Mieter beweisen, dass der Lärm so laut ist, dass er eine Beeinträchtigung seines Wohnkomforts darstellt. Ein Lärmprotokoll ist hierzu empfehlenswert.
Lärmbelästigung kann auch eine Ordnungswidrigkeit sein!
Verstöße gegen kommunale Bestimmungen zu den Ruhezeiten durch lautstarke Sexualpraktiken können bei einer unzumutbaren Ruhestörung auch als Ordnungswidrigkeit gemäß § 117 Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG) gelten.
Ordnungswidrig handelt ebenfalls, wer eine grob ungehörige Handlung vornimmt, die geeignet ist, die Allgemeinheit zu belästigen oder zu gefährden und die öffentliche Ordnung zu beeinträchtigen (§ 118 OWiG). Dies betrifft gut einsehbar vorgenommenen Geschlechtsverkehr oder andere sexuelle Handlungen.