Gewerbemietverträge unterliegen grundsätzlich der Vertragsfreiheit, wodurch sie in vielen Punkten von den gesetzlichen Regelungen abweichen können. So ist es beispielsweise möglich, kürzere Renovierungspflichten zu vereinbaren, die Durchführung der Arbeiten durch Fachhandwerker vorzuschreiben oder Instandhaltungsarbeiten auf den Mieter abzuwälzen. Diese Gestaltungsfreiheit findet ihre Grenze jedoch dort, wo eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners vorliegt (§ 307 BGB, ehemals § 9 AGBG). Insbesondere im Bereich der
Schönheitsreparaturen hat sich die Rechtsprechung in den letzten Jahren gewandelt und Grundsätze aus dem Wohnraummietrecht zunehmend auf das Gewerbemietrecht übertragen, was für Vermieter und Mieter gleichermaßen von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung ist.
Gesetzliche Ausgangslage
Nach der gesetzlichen Konzeption ist nicht der Mieter, sondern der Vermieter zur Durchführung von Schönheitsreparaturen verpflichtet. Dies ergibt sich aus der Hauptpflicht des Vermieters gemäß
§ 535 Abs. 1 Satz 2 BGB, das Mietobjekt während der gesamten Vertragsdauer in einem vertragsgemäßen Zustand zu erhalten. Dieses gesetzliche Leitbild gilt für die Wohnraummiete ebenso wie für die Vermietung von Geschäftsräumen.
In der Vertragspraxis wird von diesem Grundsatz jedoch seit Langem abgewichen, insbesondere durch die Verwendung von
Formularmietverträgen. Der Bundesgerichtshof hat diese Praxis grundsätzlich gebilligt und akzeptiert, dass die Schönheitsreparaturen regelmäßig auf den Mieter verlagert werden, obwohl dies eine Abweichung vom gesetzlichen Leitbild darstellt. Begründet wird dies mit einer langjährigen, zur Verkehrssitte gewordenen Übung, bei der die Überwälzung der Kosten in die Mietkalkulation einfließt. Werden diese Verpflichtungen jedoch im Rahmen von Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) vereinbart, unterliegen sie einer strengen Inhaltskontrolle nach §§ 305 ff. BGB.
Unwirksamkeit starrer Fristenregelungen
Ein zentraler Streitpunkt in vielen Auseinandersetzungen ist die Vereinbarung von Fristenplänen für die Durchführung der Renovierungsarbeiten. Enthält ein gewerblicher Mietvertrag eine starre Fristenregelung, so ist die gesamte Schönheitsreparaturklausel unwirksam. Eine starre Regelung liegt vor, wenn der Mieter verpflichtet wird, Renovierungen nach Ablauf fest fixierter Zeiträume vorzunehmen, unabhängig davon, ob tatsächlich ein Renovierungsbedarf besteht (vgl. BGH, 08.10.2008 - Az:
XII ZR 84/06).
Formulierungen wie „mindestens alle drei Jahre“ lassen dem Mieter keinen Spielraum und bürden ihm ein Übermaß an Renovierungspflichten auf. Der Mieter müsste in diesen Fällen renovieren, selbst wenn die Räume noch in gutem Zustand sind oder langlebige Materialien verwendet wurden. Dies stellt eine unangemessene Benachteiligung entgegen den Geboten von Treu und Glauben dar. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Wohnraummiete wurde hier explizit auf das Gewerbemietrecht übertragen (vgl. OLG Düsseldorf, 04.05.2006 - Az:
I-10 U 174/05).
Ist die Klausel aufgrund der starren Fristen unwirksam, tritt an ihre Stelle die gesetzliche Regelung. Das bedeutet, dass der Vermieter für die Instandhaltung zuständig ist. Eine sogenannte geltungserhaltende Reduktion, also das Zurückstutzen der Klausel auf ein gerade noch zulässiges Maß, findet nicht statt. Auch eine ergänzende Vertragsauslegung kommt in diesen Fällen regelmäßig nicht in Betracht.
Endrenovierungsklausel und der Summierungseffekt
Häufig finden sich in Verträgen Kombinationen aus laufenden Renovierungspflichten und einer Verpflichtung zur Endrenovierung beim Auszug. Eine Klausel, die den Mieter verpflichtet, die Räume bei Vertragsende unabhängig vom Zeitpunkt der letzten Schönheitsreparatur renoviert zu übergeben, entfernt sich weit vom gesetzlichen Leitbild. Muss der Mieter eine Endrenovierung vornehmen, obwohl er kurz zuvor turnusmäßig renoviert hat oder kein Bedarf besteht, liegt eine unangemessene Benachteiligung vor.
Besonders kritisch ist das Zusammentreffen einer Endrenovierungsklausel mit einer Verpflichtung zu laufenden Schönheitsreparaturen. Durch diesen sogenannten Summierungseffekt werden beide Klauseln unwirksam, selbst wenn sie isoliert betrachtet eventuell unbedenklich wären (vgl. BGH, 06.04.2005 - Az:
XII ZR 308/02). Dem Mieter wird ein Übermaß an Pflichten auferlegt, was die vertragliche Äquivalenz stört. Der Vermieter trägt das Risiko der Gesamtunwirksamkeit, wenn er versucht, sich durch solche Klauselkombinationen besser zu stellen.
Renovierungspflicht bei unrenoviert übergebenen Objekten
Ein weiterer Aspekt, bei dem der Bundesgerichtshof seine für Wohnraum entwickelte Rechtsprechung auf Gewerberäume übertragen hat, betrifft die Überlassung unrenovierter Räume. Die formularmäßige Überwälzung laufender Schönheitsreparaturen ist unwirksam, wenn die Räume dem Mieter bei Vertragsbeginn unrenoviert oder renovierungsbedürftig überlassen wurden und kein angemessener Ausgleich gewährt wird (vgl. OLG Celle, 13.07.2016 - Az:
2 U 45/16).
Verpflichtet eine Klausel den Mieter zur Beseitigung von Gebrauchsspuren, die bereits vom Vormieter stammen, müsste er die Räume unter Umständen in einem besseren Zustand zurückgeben, als er sie erhalten hat. Dies ist ohne finanzielle Kompensation unangemessen. Ein bloßer Hinweis im Vertrag, dass keine Kosten für Schönheitsreparaturen in die Miete einkalkuliert sind, stellt keinen hinreichenden Ausgleich dar (vgl. OLG Dresden, 06.03.2019 - Az:
5 U 1613/18). Der Ausgleich muss den Mieter so stellen, als sei ihm renovierter Raum überlassen worden.
Vorgaben zur Ausführungsart und Fachhandwerkerklauseln
Vermieter haben oft ein Interesse daran, dass Renovierungsarbeiten professionell ausgeführt werden. Dennoch sind Klauseln, die dem Mieter die Durchführung durch einen „Fachhandwerker“ vorschreiben, in Formularverträgen oftmals unwirksam. Eine solche Fachhandwerkerklausel benachteiligt den Mieter unangemessen, da sie ihm die Möglichkeit der kostensparenden Eigenleistung nimmt (vgl. OLG Düsseldorf, 09.12.2010 - Az:
10 U 66/10).