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Fehlen eines freien Willens des Betroffenen bei Erweiterung einer bestehenden Betreuung

Betreuungsrecht | Lesezeit: ca. 9 Minuten

Das Verfahren betrifft die Erweiterung einer Betreuung und die Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts.

Die Betroffene leidet an kognitiven Störungen sowie an einer schweren körperlichen Behinderung als Zustand nach Gelenksoperation und Schlaganfall. Für sie ist eine rechtliche Betreuung eingerichtet worden.

Das Amtsgericht hat durch Beschluss vom 5. September 2020 die bestehende Betreuung um die Aufgabenbereiche „Geltendmachung von Rechten gegenüber einem Bevollmächtigten einschließlich des Widerrufs erteilter Vollmachten“ und „Aufenthaltsbestimmung“ erweitert. Außerdem hat es im Umfang der Betreuung einen Einwilligungsvorbehalt angeordnet, hinsichtlich der Vermögenssorge beschränkt auf Geschäfte, die einen Wert von über 75 € übersteigen.

Das Landgericht hat die Beschwerde der Betroffenen, die sich auch auf die Auswahl des bestellten (Berufs-)Betreuers gerichtet hat, zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Betroffenen.

Hierzu führte das Gericht aus:

Die Rechtsbeschwerde führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.

1. Die Rechtsbeschwerde rügt mit Recht, dass das Landgericht keine hinreichenden Feststellungen zum Fehlen eines freien Willens im Sinne von § 1896 Abs. 1a BGB getroffen hat.

a) Nach § 1896 Abs. 1a BGB darf gegen den freien Willen des Volljährigen ein Betreuer nicht bestellt werden. Wenn der Betroffene der Einrichtung einer Betreuung nicht zustimmt, ist neben der Notwendigkeit einer Betreuung stets zu prüfen, ob die Ablehnung durch den Betroffenen auf einem freien Willen beruht. Das fachärztlich beratene Gericht hat daher festzustellen, ob der Betroffene trotz seiner Erkrankung noch zu einer freien Willensbestimmung fähig ist. Dabei ist der Begriff der freien Willensbestimmung im Sinne des § 1896 Abs. 1a BGB und des § 104 Nr. 2 BGB im Kern deckungsgleich. Die beiden entscheidenden Kriterien sind dabei die Einsichtsfähigkeit des Betroffenen und dessen Fähigkeit, nach dieser Einsicht zu handeln. Fehlt es an einem dieser beiden Elemente, liegt kein freier, sondern nur ein natürlicher Wille vor. Einsichtsfähigkeit setzt die Fähigkeit des Betroffenen voraus, im Grundsatz die für und wider eine Betreuerbestellung sprechenden Gesichtspunkte zu erkennen und gegeneinander abzuwägen. Dabei dürfen jedoch keine überspannten Anforderungen an die Auffassungsgabe des Betroffenen gestellt werden. Auch der an einer Erkrankung im Sinne des § 1896 Abs. 1 BGB leidende Betroffene kann in der Lage sein, einen freien Willen zu bilden und ihn zu äußern. Abzustellen ist jeweils auf das Krankheitsbild des Betroffenen. Wichtig ist das Verständnis, dass ein gesetzlicher Vertreter (§ 1902 BGB) bestellt wird, der eigenständige Entscheidungen in den ihm übertragenen Aufgabenbereichen treffen kann. Der Betroffene muss Grund, Bedeutung und Tragweite einer Betreuung intellektuell erfassen können, was denknotwendig voraussetzt, dass er seine Defizite im Wesentlichen zutreffend einschätzen und auf der Grundlage dieser Einschätzung die für oder gegen eine Betreuung sprechenden Gesichtspunkte gegeneinander abwägen kann. Ist der Betroffene zur Bildung eines klaren Urteils zur Problematik der Betreuerbestellung in der Lage, muss es ihm weiter möglich sein, nach diesem Urteil zu handeln und sich dabei von den Einflüssen interessierter Dritter abzugrenzen. Die Feststellungen zum Ausschluss der freien Willensbestimmung müssen durch ein Sachverständigengutachten belegt sein.

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