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Entlassung eines Berufsbetreuers im Zusammenhang mit einer Corona-Schutzimpfung

Betreuungsrecht | Lesezeit: ca. 5 Minuten

Der Beschwerdeführer ist Rechtsanwalt und vormaliger Berufsbetreuer einer 93-Jährigen (im Folgenden: Betroffene), die an Demenz leidet und durch Dritte im Rahmen von Tagespflege zu Hause gepflegt wird. Daneben war der Beschwerdeführer für mindestens zwei weitere Personen als Betreuer mit dem Aufgabenkreis der Gesundheitsfürsorge bestellt.

In allen drei Verfahren wirkte der Beschwerdeführer einer Impfung der betreuten Personen entgegen, weil er nach eigener Einschätzung das damit verbundene Risiko im Verhältnis zu ihrem Nutzen für das Leben und die körperliche Unversehrtheit der betreuten Personen als schwerwiegender erachtete.

Nachdem das Betreuungsgericht den Beschwerdeführer zur Stellungnahme aufgefordert hatte, entließ es ihn schließlich als Betreuer der Betroffenen wegen mangelnder Eignung, ihre Angelegenheiten zu besorgen.

Das Beschwerdegericht bestätigte die Entscheidung. Dagegen wendet sich der Beschwerdeführer mit seiner Verfassungsbeschwerde.

Er rügt eine Verletzung seines rechtlichen Gehörs aus Art. 103 Abs. 1 GG, weil die Gerichte seine Risiko-Nutzen-Abwägung einer Impfung für die Betroffene, die wegen der noch nicht zu überblickenden Nebenwirkungen mit „Russisch Roulette“ gleichzusetzen sei, nicht angehört hätten.

Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen, weil keine Annahmegründe nach § 93a Abs. 2 BVerfGG vorliegen und auch sonst kein Grund für ihre Annahme ersichtlich ist.

Die Verfassungsbeschwerde ist mangels einer den § 92, § 23 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 BVerfGG entsprechenden Begründung bereits unzulässig; sie hat damit keine Aussicht auf Erfolg.

Der Beschwerdeführer rügt einen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG. Er ist vor seiner Entlassung als Betreuer jedoch durchaus gehört worden.

Auch im Übrigen ist gegen die angegriffenen Gerichtsentscheidungen verfassungsrechtlich nichts zu erinnern. Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG verpflichtet den Gesetzgeber, ein System der Hilfe und des Schutzes für betreute Menschen vorzusehen, welche die Erforderlichkeit einer medizinischen Behandlung zur Abwehr erheblicher Erkrankungen nicht erkennen oder nicht danach handeln können.

Nach der gesetzgeberischen Ausgestaltung (vgl. §§ 1901 ff. BGB) ist der Wille einer betreuten Person wegen ihres grundrechtlich geschützten Selbstbestimmungsrechts für den Betreuer und die staatlichen Organe handlungsleitend.

Die Ersetzung des Willens der Betreuten durch den Betreuer und das Betreuungsgericht kommt unter den Voraussetzungen des § 1904 BGB überhaupt nur subsidiär in Betracht, wenn ihr tatsächlicher oder mutmaßlicher Wille nicht festzustellen ist.

Wenn die ärztliche Maßnahme – wie hier möglicherweise die Impfung – medizinisch angezeigt ist und bei ihrer Unterlassung eine begründete Gefahr für Leben oder Gesundheit des Betreuten besteht, muss das Betreuungsgericht gemäß § 1904 Abs. 2 BGB die Nichteinwilligung des Betreuers in den Eingriff genehmigen. Ansonsten ist der Betreuer in Erfüllung seiner besonderen Verantwortung für die betreute Person zur Einwilligung in die Maßnahme verpflichtet.

Die dauerhafte Nichterfüllung dieser Verpflichtung kann die Entlassung eines Betreuers gemäß § 1908b Abs. 1 Satz 1 BGB rechtfertigen.

Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.


BVerfG, 31.05.2021 - Az: 1 BvR 1211/21

ECLI:DE:BVerfG:2021:rk20210531.1bvr121121

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