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Einrichtung einer Betreuung: Erforderlichkeit ist zwingend!

Betreuungsrecht | Lesezeit: ca. 8 Minuten

Die Betreuung muss erforderlich sein – und zwar für jeden einzelnen Aufgabenbereich, in dem eine Betreuung eingerichtet werden soll (§ 1815 Abs. 1 S. 3 BGB). Das ist sie nicht, wenn Mittel, durch die der zu Betreuende weniger belastet wird, auch ausreichen. Dieser Erforderlichkeitsgrundsatz wurde mit der Reform des Betreuungsrechts betont und gesetzlich in § 1814 BGB verankert.

Voraussetzung für die Inanspruchnahme anderer Mittel ist immer, dass der Betreuungsbedürftige diese Hilfen annimmt und sich nicht dagegen wehrt. Denn andernfalls wäre die ausreichende Versorgung in Frage zu stellen. Als solche Mittel kommen Betreuungsleistungen innerhalb der Familie oder im Bekanntenkreis, ebenso ambulante Hilfen staatlicher, kirchlicher oder privater Stellen in Betracht. Im Einzelfall ist bei der Bereinigung einer desolaten Vermögenssituation auch an die Beratung durch eine Schuldnerberatungsstelle zu denken.

Die Betreuungsbehörden haben den gesetzlichen Auftrag, betroffene Menschen in geeigneten Fällen so zu unterstützen, dass hierdurch eine rechtliche Betreuung entbehrlich wird (erweiterte Unterstützung; § 8 Abs 2, § 11 Abs 3 BtOG).

Bei ausschließlich körperlich Behinderten ist die Betreuung übrigens nur selten erforderlich. In diesem Fall muss der volljährige Behinderte den Antrag selbst stellen. Eine Ausnahme ist nur möglich, wenn der Betroffene seinen Willen nicht verständlich machen kann.

Eine Betreuung darf danach nur dann angeordnet werden, wenn sämtliche, einer Betreuungsanordnung vorgelagerten sozialrechtlichen Hilfen nicht mehr aussichtsreich sind, um den Betroffenen ausreichend zu versorgen.

Mit diesen Regeln soll sichergestellt werden, dass eine Betreuung nicht über den im konkreten Fall erforderlichen Unterstützungsbedarf hinausgeht. Ein konkreter Handlungsbedarf ist dagegen nicht erforderlich, es genügt, wenn bei Anordnung ein zukünftiger Handlungsbedarf besteht oder unvermittelt auftreten kann.

Wer prüft die Erforderlichkeit?

Die Erforderlichkeit, der Umfang und die Dauer einer rechtlichen Betreuung werden sorgfältig durch das Betreuungsgericht geprüft.

Da eine Betreuerbestellung nicht endgültig ist, prüft das Betreuungsgericht mindestens alle sieben Jahre, ob die Betreuung aufgehoben, geändert oder verlängert werden muss.

Bei Anordnung einer Betreuung gegen den Willen der betroffenen Person muss die Überprüfung bereits nach zwei Jahren erfolgen (§ 295 Abs. 2 FamFG).

Wille des Betroffenen ist von zentraler Bedeutung

Der Betroffene hat nach § 1816 BGB ein weitgehendes Mitspracherecht bei der gerichtlichen Entscheidung über die Betreuerbestellung hinsichtlich:
  • der Entscheidung darüber, ob eine Betreuung eingerichtet wird,
  • der Bestimmung des Umfangs der Betreuung sowie
  • der Entscheidung über die Person des Betreuers.
Bei der Auswahl des Betreuers muss das Betreuungsgericht gem. § 1816 Abs 2 BGB den Wunsch des zu betreuenden Menschen grundsätzlich berücksichtigen.

Die Bestellung eines Betreuers gegen den frei gebildeten Willen eines volljährigen Betroffenen ist dementsprechend unzulässig (§ 1814 Abs. 2 BGB).

Wünsche und Willen des zu Betreuenden sind zentraler Orientierungsmaßstab für den Betreuer, der den zu Betreuenden auch nur noch dann rechtlich vertreten darf, wenn der zu Betreuende zu einer autonomen, von Gründen der Vernunft getragenen Handlung nicht in der Lage ist (§ 1821 BGB).

Deshalb muss sich der Betreuer durch regelmäßige persönliche Kontakte und die Besprechung anstehender Entscheidungen ein Bild der Wünsche und des Willens des Betreuten machen und diesen in den gesetzlich festgelegten Grenzen zu entsprechen und den Betreuten bei der Umsetzung rechtlich zu unterstützen.

Sind Wünsche für den Betreuer zumutbar und gefährden diese das Vermögen des Betreuten nicht erheblich, so sind diese für Entscheidungen des Betreuers bindend.

Betreuung im Vorfeld mit Vorsorgevollmacht vermeidbar?

Mit einer Vorsorgevollmacht kann eine dritte Person zum Bevollmächtigten ernannt werden. Sie kann für alle Angelegenheiten gelten oder nur für einzelne Bereiche.

Wenn ein noch Geschäftsfähiger für den Fall seiner Betreuungsbedürftigkeit eine Vorsorgevollmacht errichtet, kann eine Betreuung vermieden werden.

Solche Vollmachten sind grundsätzlich formlos gültig. Dennoch ist unbedingt anzuraten, die Vollmacht notariell beurkunden oder beglaubigen zu lassen, da privatschriftliche Vollmachten z.B. von den Banken in der Regel nicht anerkannt werden und für die Vornahme von Grundstücksgeschäften auch rechtlich nicht ausreichen würden.

Notvertretungsrecht für Ehegatten

Aus § 1358 BGB erhalten Ehegatten ein Recht auf gegenseitige Vertretung in Angelegenheiten der Gesundheitssorge, wenn ein Ehegatte aufgrund von Bewusstlosigkeit oder Krankheit seine Angelegenheiten der Gesundheitssorge nicht mehr besorgen kann.

Das Notvertretungsrecht bezieht sich insbesondere auf die Einwilligung in ärztliche Eingriffe und den Abschluss von Behandlungsverträgen und ist zeitlich auf maximal sechs Monate begrenzt.

Das Ehegattennotvertretungsrecht ist nachrangig zu einer bestehenden Betreuung oder Vorsorgevollmacht.

Wenn die Betreuung nicht mehr erforderlich ist

Da es Aufgabe des Betreuers ist, darauf hinzuwirken, dass der Betreute (wieder) selbstständig und eigenverantwortlich handeln kann, kann (und soll) die Erforderlichkeit einer Betreuung im Regelfall mit der Zeit entfallen.

Deshalb können sowohl der Betreuer als auch der Betreute beim Betreuungsgericht jederzeit die Änderung oder Aufhebung der Betreuung beantragen. Der Betreuer ist darüber hinaus sogar dazu verpflichtet, wenn nötig einen Aufhebungs- oder Änderungsantrag zu stellen.

Kann der Betreute seine rechtlichen Angelegenheiten wieder allein regeln, so kann die Betreuung aufgehoben werden.

Können die Angelegenheiten lediglich teilweise wieder selbst geregelt werden, so können die Aufgabenbereiche bzw. Aufgabenkreise des Betreuers eingeschränkt werden.

Kann die Betreuung erweitert werden?

Wenn dies erforderlich ist, kann die Betreuung auch erweitert werden. Dies kann beispielsweise dann der Fall sein, wenn der Betreute aufgrund einer Verschlechterung seines Gesundheitszustandes seine rechtlichen Angelegenheiten noch weniger selbst regeln kann als bisher.
Stand: 02.01.2023 (aktualisiert am: 21.05.2025)
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