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Wie oft muss ein Betreuer den Betreuten persönlich kontaktieren?

Betreuungsrecht | Lesezeit: ca. 13 Minuten

Die persönliche Kontaktaufnahme zwischen Betreuer und betreuter Person gehört zur rechtlichen Betreuung. Zentrales Anliegen des Betreuungsrechts ist es schließlich, die Selbstbestimmung der betreuten Person so weit wie möglich zu wahren und die Betreuung ausschließlich an deren Wohl und Wünschen auszurichten. Eine wesentliche Grundlage hierfür ist der persönliche Kontakt zwischen dem Betreuer und dem Betreuten. Doch wie oft dieser Kontakt stattzufinden hat, ist eine Frage, die in der Praxis immer wieder zu Unsicherheiten führt. Eine starre gesetzliche Regelung, die eine bestimmte Anzahl von Besuchen pro Monat vorschreibt, existiert nicht. Stattdessen hängt die erforderliche Häufigkeit der persönlichen Kontakte von den Umständen des jeweiligen Einzelfalls ab.

Betreuer ist zum Kontakt mit dem Betreuten verpflichtet

Die Pflicht des Betreuers, den persönlichen Kontakt zum Betreuten zu pflegen, ist eine seiner grundlegenden Amtspflichten. Sie ergibt sich unmittelbar aus dem Kernauftrag der Betreuung. Nach § 1821 Abs. 2 BGB hat der Betreuer die Angelegenheiten des Betreuten so zu besorgen, dass dieser im Rahmen seiner Möglichkeiten sein Leben nach seinen Wünschen gestalten kann. Um diese Wünsche überhaupt in Erfahrung bringen, verstehen und bei seinen Entscheidungen berücksichtigen zu können, ist ein regelmäßiger und persönlicher Austausch unabdingbar. Das Gesetz formuliert explizit in § 1821 Abs. 5 dass der Betreuer den erforderlichen persönlichen Kontakt mit dem Betreuten zu halten, sich regelmäßig einen persönlichen Eindruck von ihm zu verschaffen und dessen Angelegenheiten mit ihm zu besprechen hat.

Diese Pflicht ist so fundamental, dass ein wiederholter oder grober Verstoß hiergegen weitreichende Konsequenzen haben kann. Hält ein Betreuer den erforderlichen persönlichen Kontakt nicht, stellt dies einen wichtigen Grund dar, der das Betreuungsgericht zur Entlassung des Betreuers berechtigen kann (§ 1868 Abs. 1 Nr. 1 BGB). Die persönliche Beziehung ist somit keine bloße Empfehlung, sondern eine rechtlich durchsetzbare Verpflichtung.

Häufigkeit des Kontakts: Eine Frage des Einzelfalls

Obwohl die Kontaktpflicht gesetzlich normiert ist, verzichtet der Gesetzgeber bewusst auf eine starre Vorgabe, wie beispielsweise einen wöchentlichen oder monatlichen Besuch. Die Lebenssachverhalte und Bedürfnisse von betreuten Menschen sind zu vielfältig, als dass eine pauschale Regelung ihnen gerecht werden könnte. Die Rechtsprechung betont daher durchgehend, dass das notwendige Maß des persönlichen Kontakts stets von den konkreten Umständen des Einzelfalls abhängt.

Eine generell zu beachtende Besuchsfrequenz gibt es nicht. Eine gerichtliche Weisung an einen Betreuer, pauschal mindestens einen Besuch im Monat durchzuführen und Abweichungen zu begründen, wurde bereits gerichtlich als unzulässig erachtet, solange es hierfür keine gesetzliche Grundlage gibt (LG Hamburg, 10.02.2011 - Az: 310 T 583/10). Das Gericht führte aus, dass das notwendige Maß des Kontakts von Fall zu Fall unterschiedlich sei und sich auch im Verlauf einer Betreuung vielfach ändern könne. Entscheidende Faktoren für die Bestimmung der erforderlichen Kontakthäufigkeit sind unter anderem der Gesundheitszustand des Betreuten, seine Lebenssituation (lebt er in der eigenen Wohnung oder in einer Einrichtung), die Komplexität und Dringlichkeit der zu regelnden Angelegenheiten sowie die explizit geäußerten Wünsche der betreuten Person selbst.

Jedoch wird in der Kommentarliteratur eine gewisse Erwartung, auch bei einer Betreuung nach den vormundschaftsrechtlichen Vorgaben zu verfahren, unterstellt. Teils wird sogar vertreten, dass grundsätzlich davon ausgegangen werden muss, dass jeder Betreuer mindestens einmal im Monat einen persönlichen Kontakt zum Betreuten herstellen muss und zwar unabhängig von der Konstitution des Betreuten. Nur so sei es dem Betreuer möglich, etwaige Bedürfnisse des Betreuten zu erkennen und darauf sachgemäß zum Wohl des Betreuten zu reagieren.

Darf der Betreuer Kontaktaufnahmen delegieren?

Insbesondere bei Betreuten, die in Pflegeheimen oder anderen Einrichtungen leben, besteht in der Praxis die Gefahr, dass sich der Betreuer zu sehr auf die Informationen und Einschätzungen von Dritten, wie Pflegepersonal oder Angehörigen, verlässt. Die Rechtsprechung hat hier jedoch eine klare Linie entwickelt. Der Betreuer darf seine Pflicht zur persönlichen Kontaktaufnahme nicht delegieren. Er muss sich stets ein eigenes Bild von der Situation, dem Wohlbefinden und den Wünschen des Betreuten machen.

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Stand: 28.08.2025
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