Fragen zum Arbeitsvertrag? ➠ Wir prüfen den Vertrag für SieDie Betriebsparteien verfügen bei der Ausgestaltung von
Sozialplänen über Beurteilungs- und Gestaltungsspielräume, die Typisierungen und Pauschalierungen einschließen. Allerdings müssen sie hierbei den betriebsverfassungsrechtlichen
Gleichbehandlungsgrundsatz nach
§ 75 Abs. 1 BetrVG beachten.
Dieser auf das allgemeine Gleichheitsgrundrecht des Art. 3 Abs. 1 GG zurückzuführende Grundsatz zielt darauf ab, eine Gleichstellung von Personen in vergleichbarer Lage sicherzustellen und eine gleichheitswidrige Gruppenbildung auszuschließen. Da maßgeblicher Sachgrund für eine Gruppenbildung regelmäßig der mit der jeweiligen Regelung verfolgte Zweck ist, müssen sich Gruppenbildungen in Sozialplänen an deren zukunftsbezogener Ausgleichs- und Überbrückungsfunktion orientieren.
Bei einer personenbezogenen Ungleichbehandlung ist der betriebsverfassungsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz bereits dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass diese die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten.
Eine Stichtagsregelung, die diesen Maßstäben entspricht, begegnet keinen rechtlichen Bedenken.
Der Entscheidung lag der nachfolgende Sachverhalt zugrunde:
Die Parteien streiten über eine
Sozialplanabfindung.
Die Beklagte erbrachte - zunächst auf der Grundlage eines Nutzungsvertrags vom 9. August 2006 mit der Berliner Flughafen-Gesellschaft mbH (BFG) - am Flughafen Berlin-Tegel Dienstleistungen in Form der Betankung von Flugzeugen. Mit Schreiben vom 22. Februar 2012 teilte die BFG der Beklagten mit, dass die Betriebsgenehmigung für den Flughafen durch die Luftfahrtbehörde des Landes Berlin aufgehoben worden sei. Da der Flughafen mit Eröffnung des Flughafens Berlin Brandenburg (BER) zum 3. Juni 2012 seinen Flugbetrieb als Verkehrsflughafen einstelle, ende ihr Nutzungsvertrag spätestens zu diesem Zeitpunkt. Zudem kündigte sie den Vertrag einschließlich bestehender Nachträge vorsorglich zum 2. Juni 2012. Die Beklagte beschloss daraufhin, ihren Betrieb zu diesem Zeitpunkt stillzulegen.
Nachdem sich im Lauf des Monats Mai 2012 abzeichnete, dass sich die Eröffnung des Flughafens BER verzögern würde, trat die BFG an die Beklagte heran und bat sie, ihre Dienstleistungen am Flughafen Berlin-Tegel vorübergehend weiter zu erbringen. Die Beklagte schloss zu diesem Zweck mit der BFG unter dem Datum 31. Mai/1. Juni 2012 eine „bis zur Schließung des Flughafens Tegel, längstens jedoch bis zum 31.03.2013“ geltende Zusatzvereinbarung zu den Nutzungsverträgen. Nachdem der Flughafen BER auch zu diesem Zeitpunkt noch nicht eröffnet worden war, vereinbarte die Beklagte mit der BFG Ende März 2013 und - erneut - Anfang September 2015 entsprechende Ergänzungen. Nach Abschluss der (ersten) Zusatzvereinbarung stellte sie Arbeitnehmer nur noch befristet ein.
Der Kläger war bei der Beklagten vom 8. Juli 2013 bis zum 30. November 2020 auf der Grundlage zweier befristeter
Arbeitsverträge als Flugzeugtankwart beschäftigt. Der zuletzt abgeschlossene Arbeitsvertrag vom 18. Juni 2014 sah vor, dass das
Arbeitsverhältnis „bis zum Ende des Betriebszweckes des Betriebes der … [Beklagten] im Flughafen Tegel … [andauere]“.
Am 12. März 2014 vereinbarte die Beklagte mit dem bei ihr gebildeten
Betriebsrat einen Sozialplan, der nach seinem § 1 Abs. 1 „für sämtliche Mitarbeiter der Betriebe [galt], die am 30.06.2012 in einem Arbeitsverhältnis mit der SJS standen“. Ausgenommen waren nach § 1 Abs. 2 des Sozialplans „Mitarbeiter, die in einem befristeten Arbeitsverhältnis stehen, gleich wann dieses begründet wurde“.
Nachdem bekannt geworden war, dass der Flughafen BER Ende des Jahres 2020 eröffnen würde, teilte die Beklagte dem Kläger am 17. April 2020 mit, dass das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis aufgrund der Befristungsabrede am 30. November 2020 enden werde. Vorsorglich
kündigte sie das Arbeitsverhältnis ordentlich zu diesem Termin. Der Kläger nahm die von ihm daraufhin erhobene Klage im August 2020 zurück.
Mit Schreiben vom 19. März und 13. April 2021 machte der Kläger vergeblich einen Anspruch auf Zahlung einer Abfindung nach Maßgabe des Sozialplans geltend. Er hat die Auffassung vertreten, der Ausschluss befristet beschäftigter Arbeitnehmer von dessen Geltungsbereich benachteilige ihn ohne sachlichen Grund iSv. § 4 Abs. 2 TzBfG und sei deshalb unwirksam. Sein Anspruch sei nicht verfallen. Hilfsweise stehe ihm ein entsprechender Schadensersatzanspruch zu.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat gemeint, der Kläger sei schon nicht vom Geltungsbereich des Sozialplans erfasst, weil er nach dem 30. Juni 2012 eingestellt worden sei. Die Stichtagsregelung sei wirksam. Auch der Ausschluss von befristet beschäftigten
Arbeitnehmern sei rechtlich nicht zu beanstanden. Diese Arbeitnehmer verlören ihren Arbeitsplatz nicht aufgrund der Betriebsänderung, sondern wegen der Befristung ihrer Arbeitsverträge. Sie hätten sich zudem bereits von Beginn des Arbeitsverhältnisses an auf dessen Ende einstellen können.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat ihr auf die Berufung des Klägers stattgegeben. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
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