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Anforderungen an eine Verdachtskündigung: Kündigung wegen mangelhafter Aufklärung des Betriebsrats unwirksam

Arbeitsrecht | Lesezeit: ca. 9 Minuten

Nicht jede Kündigung ist zulässig. ➠ Lassen Sie sich beraten.
Die ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrats nach § 102 Abs. 1 Satz 2 BetrVG erfordert, dass der Arbeitgeber dem Betriebsrat die Kündigungsgründe vollständig und wahrheitsgemäß mitteilt. Der Arbeitgeber muss den für ihn maßgebenden Sachverhalt unter Angabe der Tatsachen, aus denen der Kündigungsentschluss hergeleitet wird, so beschreiben, dass der Betriebsrat ohne zusätzliche eigene Nachforschungen in die Lage versetzt wird, die Stichhaltigkeit der Kündigungsgründe zu prüfen und sich über eine Stellungnahme schlüssig zu werden (vgl. BAG, 06.02.1997 - Az: 2 AZR 265/96). Eine bewusst unrichtige oder unvollständige und damit irreführende Darstellung führt zur fehlerhaften Anhörung des Betriebsrats und damit zur Unwirksamkeit der Kündigung (vgl. BAG, 06.10.2005 - Az: 2 AZR 316/04; BAG, 22.09.1994 - Az: 2 AZR 31/94; BAG, 13.05.2004 - Az: 2 AZR 349/03).

Während die Mitteilungspflicht subjektiv determiniert ist und dem Arbeitgeber nicht alle objektiv kündigungsrechtlich erheblichen Tatsachen, sondern nur die von ihm als ausschlaggebend angesehenen Umstände mitgeteilt werden müssen (vgl. BAG, 23.10.2008 - Az: 2 AZR 163/07; BAG, 06.07.2006 - Az: 2 AZR 520/05), darf der Arbeitgeber den Betriebsrat nicht durch bewusst falsche oder verschleiernde Angaben irreführen. Gerade bei Kündigungen, die auf Indizien gestützt werden und einen Tat- oder Verdachtsvorwurf begründen sollen, ist auch denkbaren entlastenden Umständen nachzugehen. Das ermittelte Ergebnis, das die beabsichtigte Kündigung tragen soll, muss dem Betriebsrat vollständig und korrekt dargestellt werden.

Vorliegend hatte der Arbeitgeber im Rahmen seiner Ermittlungen die Mitbewohner der betroffenen Arbeitnehmerin überprüft und dem Betriebsrat mitgeteilt, „keiner der dort wohnenden Namen ist der D AG bekannt“. Diese Mitteilung war irreführend, da der Bruder des Anzeigeerstatters, der mit der Arbeitnehmerin im selben Haus wohnte, ebenfalls als Postzusteller beim Arbeitgeber beschäftigt war. Diese wesentliche Information durfte nicht durch eine verschleiernde Formulierung dem Betriebsrat vorenthalten werden. Eine derartige irreführende Darstellung führt dazu, das Anhörungsverfahren insgesamt als fehlerhaft anzusehen.

Eine Verdachtskündigung liegt vor, wenn der Arbeitgeber seine Kündigung damit begründet, gerade der Verdacht eines nicht erwiesenen strafbaren oder vertragswidrigen Verhaltens habe das für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erforderliche Vertrauen zerstört. Eine Verdachtskündigung ist nur dann zulässig, wenn sich starke Verdachtsmomente auf objektive Tatsachen begründen, die Verdachtsmomente geeignet sind, das für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erforderliche Vertrauen zu zerstören und der Arbeitgeber alle zumutbaren Anstrengungen zur Aufklärung des Sachverhalts unternommen hat, insbesondere dem Arbeitnehmer Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat (vgl. BAG, 13.03.2008 - Az: 2 AZR 961/06). Die vorherige Anhörung des Arbeitnehmers ist Wirksamkeitsvoraussetzung der Verdachtskündigung, andernfalls verstieße die Kündigung gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und wäre nicht ultima ratio (vgl. BAG, 13.09.1995 - Az: 2 AZR 587/94). Für die ordentliche Verdachtskündigung gelten keine abweichenden Maßstäbe (vgl. BAG, 27.11.2008 - Az: 2 AZR 98/94).

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Simon, Mecklenburg Vorpommern