Nicht jede Kündigung ist zulässig. ➠ Lassen Sie sich beraten.Die heimliche Übertragung einer Betriebsratssitzung durch ein Betriebsratsmitglied an Dritte stellt sowohl eine Amtspflicht- als auch eine Vertragspflichtverletzung dar und ist grundsätzlich geeignet, einen wichtigen Grund für eine
außerordentliche Kündigung darzustellen.
Dies gilt auch dann, wenn die Kündigung nur auf dem dringenden
Verdacht der Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes gestützt wird.
Im Rahmen der Interessenabwägung kann unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls in diesem Fall jedoch eine
Abmahnung als angemessene Maßnahme ausreichend sein.
Hierzu führte das Gericht aus:
Für den Begriff des wichtigen Grundes im Sinne des
§ 15 Abs. 1 Satz 1 KSchG gelten die Maßstäbe des
§ 626 Abs. 1 BGB. Gemäß dieser Vorschrift kann das
Arbeitsverhältnis vom
Arbeitgeber aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zugemutet werden kann. Dabei ist zunächst zu prüfen, ob ein bestimmter Sachverhalt ohne die besonderen Umstände des Einzelfalles an sich geeignet ist, einen wichtigen Grund abzugeben. In der zweiten Stufe erfolgt die Prüfung, ob bei Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalles und Abwägung der gegenseitigen Interessen die Kündigung im konkreten Einzelfall gerechtfertigt ist.
Amts- und Mandatsträger dürfen durch ihre besondere Stellung weder bevorzugt noch benachteiligt werden. Allerdings ist insoweit den Regelungen des § 15 KSchG Rechnung zu tragen, als eine Prüfung, ob dem Arbeitgeber die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zuzumuten ist, aufgrund des Ausschlusses des Rechts zur ordentlichen Kündigung nicht greifen kann. Um eine
§ 78 BetrVG widersprechende Benachteiligung des geschützten Personenkreises auszuschließen, ist bei der Zumutbarkeitsprüfung die fiktive ordentliche Kündigungsfrist zugrunde zu legen.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (zuletzt BAG, 05.11.2009 - Az: 2 AZR 487/08) ist bei der beabsichtigten Kündigung eines Betriebsratsmitgliedes zunächst danach zu differenzieren, ob diesem eine reine Verletzung einer Pflicht aus dem Arbeitsverhältnis vorgeworfen wird oder ob die Pflichtverletzung im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als Betriebsratsmitglied steht. Wird einem Betriebsratsmitglied lediglich die Verletzung einer Amtspflicht zum Vorwurf gemacht, so ist die Kündigung unzulässig und nur ein Ausschlussverfahren nach
§ 23 BetrVG möglich. Eine außerordentliche Kündigung kommt nur dann in Betracht, wenn zugleich eine schwere Verletzung der Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis vorliegt. Ist ein Verhalten zu bewerten, das der Betriebsratstätigkeit entspringt und zugleich eine Amts- und eine Vertragsverletzung sein kann, dann ist an die Annahme einer schweren Verletzung des Arbeitsvertrages, also an die Berechtigung zur fristlosen Entlassung ein strengerer Maßstab anzulegen als bei einem Arbeitnehmer, der dem Betriebsrat nicht angehört. Das Erfordernis, bei der Prüfung des wichtigen Grundes zur Kündigung eins Amtsträgers einen „besonders strengen Maßstab“ anzulegen dient nur dazu, die freie Betätigung des Betriebsratsmitgliedes in seinem Amt zu gewährleisten. Eine Verletzung der Pflichten aus dem Arbeitsvertrag, die im Rahmen einer Amtstätigkeit begangen wird, kann aus einer Konfliktsituation entstanden sein, der der Arbeitnehmer, der nicht Betriebsratsmitglied ist, nicht ausgesetzt ist. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn es bei Verhandlungen zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat im Verlauf längerer schwieriger und erregter Auseinandersetzungen je nach der Persönlichkeitsstruktur der Teilnehmer zu verbalen Beleidigungen kommt. Die in dem strengeren Prüfungsmaßstab zum Ausdruck kommende Tat- und Situationsgerechtigkeit ist in solchen Fällen keine verbotene Besserstellung des Betriebsratsmitglieds, sondern Folge der Beachtung der besonderen Sachlage.
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