Nicht jede Kündigung ist zulässig. ➠ Lassen Sie sich beraten.Wenn ein
Arbeitnehmer aus beruflichen Gründen vorübergehend außerhalb der regelmäßigen Arbeitsstätte und außerhalb der Wohnung tätig geworden ist, so liegt eine
Dienstreise vor.
Da Dienstreisen für die Privatwirtschaft nicht gesetzlich geregelt sind, kann sich im Streitfall nur an der bereits hierzu ergangenen Rechtsprechung orientiert werden.
Dienstreisezeiten als Arbeitszeit
Zunächst ist der Inhalt des jeweiligen
Arbeitsvertrages maßgebend oder, falls die Vertragsparteien tariflich gebunden sind, etwaige Bestimmungen eines
Tarifvertrags. Zu denken wäre auch an eine einschlägige
Betriebsvereinbarung.
Das BAG hat entschieden, dass sämtliche Reisezeiten auch außerhalb der regelmäßigen
Arbeitszeit regelmäßig vergütungspflichtige Arbeitszeit sind, wenn es keine anderslautende Vereinbarung gibt und diese erforderlich waren (BAG, 17.10.2018 - Az:
5 AZR 553/17). Im Streitfall muss der Arbeitnehmer die Erforderlichkeit der Reisezeit beweisen.
Damit hat das BAG seine bisherige Auffassung aufgegeben, dass die bei Dienstreisen anfallenden Fahrtzeiten auch nach dem geltenden Arbeitszeitschutzrecht jedenfalls dann keine Arbeitszeit sind, wenn der
Arbeitgeber dem Arbeitnehmer nicht die Benutzung eines selbst zu lenkenden Fahrzeugs vorschreibt und dem Arbeitnehmer auch überlassen bleibt, wie er die Fahrtzeit gestaltet (BAG, 11.07.2006 - Az:
9 AZR 519/05).
Nach der Rechtsprechung gelten ansonsten folgende Grundsätze: Dienstreisezeiten sind als Arbeitszeit anzurechnen, wenn das Reisen einen wesentlichen Teil der arbeitsvertraglichen Leistung eines Arbeitnehmers ausmacht. Dies ist z. B. bei einem Berufskraftfahrer der Fall oder bei einem Außendienstmitarbeiter oder Kundendiensttechniker.
Auch soweit ein Arbeitnehmer als so genannter „Springer“ zwischen mehreren Einsatzorten tätig ist, lässt sich die Auffassung vertreten, dass das Reisen von Einsatzort zu Einsatzort einen wesentlichen Teil der Arbeitsleistung darstellt und somit als Arbeitszeit angerechnet werden muss.
Insgesamt ist die Rechtslage jedoch unübersichtlich und besonders in Grenzfällen ungeklärt. Explizite Vereinbarungen zwischen den Vertragsparteien sind zur Vermeidung von Unklarheiten und Missverständnissen dringend anzuraten.
Welche Reisezeiten sind erforderlich und können als Arbeitszeit abgerechnet werden?
Wenn der Arbeitgeber das Reisemittel vorgibt, ist die gesamte Reisedauer erforderlich und damit auch vollständig zu vergüten.
Überlässt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Auswahl des Reisemittels und die Planung des konkreten Reiseverlaufs, ist der Arbeitnehmer im Rahmen des ihm Zumutbaren verpflichtet, das kostengünstigste Verkehrsmittel beziehungsweise den kostengünstigsten Reiseverlauf zu wählen.
Wie wird Fehlverhalten während einer Dienstreise bewertet?
Ein Fehlverhalten eines Arbeitnehmers während einer Dienstreise, das zu einem massiven Imageschaden des Arbeitgebers führt, kann eine fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigen, ohne dass eine vorherige Abmahnung erforderlich ist (vgl. LAG Schleswig-Holstein, 03.05.2007 - Az:
4 Sa 529/06). Es kommt jedoch auf den jeweiligen Einzelfall und die konkreten negativen Auswirkungen des Fehlverhaltens an. Bei weniger schweren Fällen ist eine vorherige Abmahnung des Arbeitnehmers notwendig, ehe weitergehende Schritte in Betracht gezogen werden können.
Wenn es auf der Dienstreise zu einem Unfall kommt ...
Ein Sturz während einer Dienstreise stellt dann keinen
Arbeitsunfall im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung dar, wenn sich der Unfall bei einer privaten Tätigkeit ereignet (SG Frankfurt/Main, 23.11.2017 - Az:
S 8 U 47/16). So ist beispielsweise das morgendliche Duschen auch auf einer Dienstreise grundsätzlich nicht versichert (LSG Thüringen, 20.12.2018 - Az:
L 1 U 491/18).
Ein Unfallereignis im Sinne des § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII ist jedoch dann anzunehmen, wenn im Rahmen zahlreicher über eine Arbeitsschicht hinausgehender Beeinträchtigungen einem Ereignis eine eigenständige wesentliche Bedeutung für den eingetretenen Schaden zukommt (LSG Bayern, 06.11.2017 - Az:
L 3 U 52/15).
Was gilt bei Dienstreisen ins Ausland?
Wird der Arbeitnehmer vorübergehend zur Arbeit ins Ausland entsendet, so sind die für Hin- und Rückreise erforderlichen Zeiten wie Arbeit zu vergütet. Denn in diesem Fall erfolgen die Reisen zur auswärtigen Arbeitsstelle und von dort zurück ausschließlich im Interesse des Arbeitgebers und sind deshalb in der Regel wie Arbeit zu vergüten. Erforderlich ist dabei grundsätzlich die Reisezeit, die bei einem Flug in der Economy-Class anfällt (BAG, 17.10.2018 - Az:
5 AZR 553/17).
Was passiert mit bei Dienstreisen gesammelten Bonusmeilen?
Der Arbeitnehmer hat keinen Anspruch dahingehend, dass er bei von Arbeitgeber finanzierten Dienstreisen erworbene Bonus-Meilen privat nutzen darf (LAG Hamm, 29.06.2005 - Az:
14 Sa 496/05).
Kann der Betriebsrat mitbestimmen?
Dem
Betriebsrat steht bei der Anordnung einer Dienstreise, während derer der Arbeitnehmer keine Arbeitsleistungen zu erbringen hat, kein Mitbestimmungsrecht zu (BAG, 14.11.2006 - Az:
1 ABR 5/06).