Wird ein
Pauschalreisevertrag mangelhaft erfüllt, so hat der betroffene
Reisende Anspruch auf Ersatz des immateriellen Schadens wegen
entgangener Urlaubsfreude.
Die Mitgliedstaaten wie Österreich, deren nationales Recht den Ersatz eines derartigen immateriellen Schadens nicht kennt, müssen die
Pauschalreiserichtlinie dennoch vollständig umsetzen.
Der Entscheidung lag der nachfolgende Sachverhalt zugrunde:
Familie … buchte bei TUI einen fünfzehntägigen Pauschalurlaub (
All-Inclusive-Aufenthalt) im Juli 1997 in einem Club in der Türkei.
Einige Tage nach Beginn des Aufenthalts in der Clubanlage wies die 1987 geborene Tochter der Familie die Symptome einer
Salmonellenvergiftung auf; diese hatte ihre Ursache in den im Club gereichten Speisen. Die Vergiftung hielt bis über das Ende des Aufenthalts hinaus an und verdarb der ganzen Familie vollständig den Urlaub.
Die Tochter klagte vor österreichischen Gerichten gegen die TUI als die Pauschalreise veranstaltende Gesellschaft auf Ersatz der während des Aufenthalts in der Türkei erlittenen Schäden.
Das Gericht des ersten Rechtszugs sprach nur ein Schmerzensgeld wegen der Lebensmittelvergiftung zu und wies das darüber hinausgehende, auf eine andere Erscheinungsform des immateriellen Schadens, nämlich den Schaden wegen entgangener Urlaubsfreude, gestützte Klagebegehren ab, weil der Ersatz eines solchen Schadens im österreichischen Recht nicht ausdrücklich vorgesehen sei.
Die Klägerin legte Berufung beim Landesgericht Linz ein, das den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften anrief.
Es möchte wissen, ob die Gemeinschaftsrichtlinie von 1990 über Pauschalreisen dahin auszulegen ist, dass sie dem Verbraucher grundsätzlich einen Anspruch auf Ersatz des immateriellen Schadens verleiht, der auf der Nichterfüllung oder einer mangelhaften Erfüllung der eine Pauschalreise ausmachenden Leistungen beruht.
Nach dieser Gemeinschaftsrichtlinie müssen die Mitgliedstaaten in ihrem nationalen Recht eine Reihe von Maßnahmen zugunsten des Verbrauchers (Reisenden) vorsehen, darunter denAnspruch auf Ersatz von Schäden, die auf der Nichterfüllung oder einer mangelhaften Erfüllung des Pauschalreisevertrags beruhen. Sie lässt jedoch offen, welche Art von Schäden erfasst werden, erwähnt allerdings „Schäden, die nicht Körperschäden sind“. Somit stellt sich die Frage, ob auch immaterielle Schäden wegen „entgangener Urlaubsfreude“ zu ersetzen sind.
Der Gerichtshof stellt fest, dass die Richtlinie die Beseitigung der Unterschiede bezwecke, die zwischen den Regelungen und Praktiken der einzelnen Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Pauschalreisen festgestellt worden seien.
Bei Pauschalreisen würde aber das Bestehen einer Schadensersatzpflicht für immaterielle Schäden in einigen Mitgliedstaaten und das Fehlen einer solchen Pflicht in anderen zu spürbaren Wettbewerbsverzerrungen führen, da immaterielle Schäden in diesem Bereich häufig zu verzeichnen seien.
Außerdem bezwecke die Richtlinie den Schutz der Verbraucher, für die bei Urlaubsreisen dem Schadensersatz wegen entgangener Urlaubsfreude besondere Bedeutung zukomme.
Nach Ansicht des Gerichtshofes erkennt die Richtlinie implizit einen grundsätzlichen Schadensersatzanspruch für Nicht-Körperschäden, darunter immaterielle Schäden, an.
Er kommt zu dem Ergebnis, dass die Gemeinschaftsrichtlinie dem Verbraucher grundsätzlich einen Anspruch auf Ersatz des immateriellen Schadens verleihe, der auf der Nichterfüllung oder einer mangelhaften Erfüllung der eine Pauschalreise ausmachenden Leistungen beruhe.