Ohne Suche zum Ziel. Wir lösen Ihr Rechtsproblem!Bewertung: - bereits 388.288 Anfragen

Mietminderung auch möglich, wenn mit Baulärm zu rechnen war?

Mietrecht | Lesezeit: ca. 10 Minuten

Der Mieter eines Objekts in einem Gebiet mit älteren Anwesen, bei denen im Hinblick auf die Bausubstanz jederzeit mit baulichen Änderungen und Reparaturen zu rechnen ist, ist nicht zur Minderung des Mietzinses aufgrund von Baulärm berechtigt. Mit dem Eintritt der Störung ist zu rechnen, da dieser Umstand bereits vor Vertragsabschluss bestand.

Hierzu führte das Gericht aus:

Der Anspruch wegen restlichen Mietzinses für die Monate Oktober 1998 und Juli 2000 ist gemäß § 535 BGB in Verbindung mit dem Mietvertrag der Parteien im vollen Umfange begründet. Im Einzelnen ergibt sich hierzu Folgendes:

Mietzins für Oktober 1998:

Der insoweit der Höhe nach unstreitige Mietzinsanspruch ist nicht durch die von den Beklagten geltend gemachte Minderung bezüglich der Monate September und Oktober 1998 um einen Betrag von 6.275,44 DM reduziert. Das Landgericht ist jedenfalls im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen für eine Minderung gemäß § 537 BGB insoweit nicht vorliegen. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob bezüglich der Minderung für Störungen, die von Nachbargrundstücken des Mietgrundstücks ausgehen, § 906 BGB insoweit auf die Beziehung zwischen Mieter und Vermieter anzuwenden sind, als dass keine Minderung berechtigt ist, wenn der Eigentümer selbst derartige Störungen zu dulden hätte. Das Landgericht hat hierauf auch nicht abschließend abgestellt. Vielmehr hat es im Ergebnis diese Streitfrage offen gelassen, indem es alternativ begründet hat: Es hat sich damit auseinandersetzt, wie es sich verhält, wenn § 906 BGB auf das Mietverhältnis nicht entsprechend anzuwenden wäre. Dabei hat das Landgericht zutreffend darauf abgestellt, dass Bautätigkeit in der weiteren räumlichen Umgebung des Mietobjekts auch bereits im März 1995 ortsüblich war und das Risiko derartiger baulicher Maßnahmen dem Vertragsschluss mit zugrunde lag. Ob dieses Risiko ausdrücklich in die Mietpreisberechnung eingeflossen ist, was die Beklagten in Abrede stellen, spielt dabei keine Rolle. Entscheidend ist vielmehr, ob und inwieweit die Beklagten generell mit einer Bautätigkeit, wie sie zur Begründung der Minderung geschildert wird, hätten rechnen müssen. Dies kann nicht allein davon abhängen, ob das Mietgrundstück in einem Sanierungsgebiet liegt oder sich baufällige Gebäude bzw. Baulücken in der Nähe befinden. Denn es handelt sich bei der Umgebung des Mietobjekts nicht um ein Neubaugebiet, so dass im Hinblick auf die ältere Bausubstanz jederzeit mit baulichen Veränderungen und Reparaturen zu rechnen war. Dies trifft insbesondere auf die am Nachbargrundstück vorgenommene Fassadenerneuerung zu, auf die sich die Beklagten bezüglich ihrer Minderung für September und Oktober 1998 berufen. Hausfassaden überdauern in der Regel nicht die gesamte Zeit, in der ein Gebäude erhalten bleibt. Vielmehr sind sie von Zeit zu Zeit entweder zu erneuern oder zu renovieren. Demnach hätten die Beklagten sehr wohl erkennen können, dass die später erneuerte Fassade des Nachbargrundstücks nicht im neuesten Zustand war und demzufolge mit einer Erneuerung früher oder später zu rechnen gewesen war.

Es kommt hinzu, dass, selbst wenn bezüglich der Störungen durch die Fassadenerneuerung von einem Umweltmangel auszugehen wäre, der zu einer gewissen Tauglichkeitsminderung des Mietgrundstücks führt, die Erheblichkeitsgrenze nicht überschritten worden ist. Insoweit reicht jedenfalls der Vortrag der Beklagten nicht aus, da hinsichtlich der gerügten Störungen in Gestalt von Lärm und Staub für den genannten Zeitraum September und Oktober 1998 nicht im Einzelnen das Maß, die Dauer und Intensität der Beeinträchtigungen dargetan sind.

Mietzins für Juli 2000:

Auch die Minderung bezüglich der Miete für Juli 2000 ist nicht gerechtfertigt. Dabei ist zwar unstreitig, dass zumindest im Juni 2000 eine Entkernung des gegenüberliegenden Grundstücks stattgefunden hat, wobei Störungen aufgetreten sind. Hinsichtlich dieser Baumaßnahmen kann zwar nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass die Beklagten mit einer Entkernung und den damit verbundenen erheblichen Umbaumaßnahmen hätten rechnen müssen, wenn auch derartige Entkernungen aufgrund der modernen Bautechnik häufiger vorkommen und gerade bei älterer Bausubstanz in Betracht kommt, dass Modernisierungen mit diesem Verfahren durchgeführt werden. Wegen der gerügten Störungen aufgrund dieser Baumaßnahmen fällt jedoch ins Gewicht, dass es sich hierbei nicht um ein Nachbargrundstück im engeren Sinne handelte, sondern um ein Grundstück, dass auf der anderen Straßenseite lag, woraus bereits folgt, dass Lärmbelästigungen schon aufgrund der größeren Entfernung zum Mietgrundstück geringer sein mussten, weil eine unmittelbare Übertragung des Schalls durch die Gebäudesubstanz insofern nicht möglich war. Die Beklagten haben aber auch insoweit nicht hinreichend dargelegt, dass die Störungen die Wesentlichkeitsgrenze nach § 537 BGB überschritten haben: Zwar haben sie Protokolle über Lärm- und Staubbelästigung für den Zeitraum vom 6. bis 30. Juni 2000 vorgelegt. Die insoweit unter Beweis gestellten Behauptungen der Protokolleintragungen eignen sich jedoch nicht für eine abschließende Beurteilung, ob die Wesentlichkeitsgrenze durch die Störungen überschritten war. Zum großen Teil ist an den einzelnen Tagen lediglich der Beginn der Störung angegeben, ohne dass vermerkt ist, wie lange die Störungen angehalten haben. Entscheidend ist jedoch, dass das Maß und die Intensität der Störungen nur subjektiv wiedergegeben sind. So lassen sich diesbezüglich aus den Bemerkungen „extremer“, „üblicher“, „andauernder“, „nervender“ Baulärm auf die Intensität des Lärms keine sicheren Schlüsse ziehen. Es kommt hinzu, dass nach den Protokolleintragungen auch nicht auszuschließen ist, dass die Störungen mehr oder minder sporadisch auftraten und nicht den ganzen Tag anhielten. Darüber hinaus ergibt sich aus den Bemerkungen in dem Protokoll, dass jedenfalls durch Schließen der Fenster eine Abhilfe möglich war. Es heißt zwar auch teilweise, dass der Lärm der Bohrer durch die geschlossenen Fenster drang, insoweit sind aber wiederum keine Einzelheiten vorgetragen, wie lange diese Geräusche andauerten. Zudem fehlen auch insoweit Schallmessungen, die allein geeignet wären, bloß subjektive Beurteilungen derartiger Lärmbelästigungen auszuschließen.

Hiernach ist die Berufung unbegründet, soweit sich die Beklagten gegen die Ansprüche auf restlichen Mietzins wenden.


KG, 03.06.2002 - Az: 8 U 74/01

ECLI:DE:KG:2002:0603.8U74.01.0A

Wir lösen Ihr Rechtsproblem! AnwaltOnline - empfohlen von PCJobs

Fragen kostet nichts: Schildern Sie uns Ihr Problem – wir erstellen ein individuelles Rechtsberatungsangebot für Sie.
  Anfrage ohne Risiko    vertraulich    schnell 

So bewerten Mandanten unsere Rechtsberatung

Durchschnitt (4,85 von 5,00 - 1.235 Bewertungen) - Bereits 388.288 Beratungsanfragen

Meine Fragen wurden schnell, kompetent und verständlich beantwortet.

Verifizierter Mandant

Perfekt, wie immer. Vielen Dank.

Olaf Sieradzki