Der bargeldlose Zahlungsverkehr ist aus dem modernen Leben nicht mehr wegzudenken. Gerät ein Kontoinhaber jedoch in finanzielle Schwierigkeiten und wird sein Konto gepfändet, ist die Teilnahme am Wirtschaftsleben akut gefährdet. Um das Existenzminimum zu sichern und notwendige Zahlungen wie Miete oder Strom weiter tätigen zu können, wurde das Pfändungsschutzkonto, kurz P-Konto, eingeführt. Seit 2012 bietet ausschließlich das P-Konto einen effektiven Schutz vor Kontopfändungen.
Was ist ein Pfändungsschutzkonto?
Bei einem P-Konto handelt es sich nicht um eine gänzlich neue Kontoart. Vielmehr ist es ein bestehendes oder neu eingerichtetes Zahlungskonto (früher Girokonto), das auf Verlangen des Kunden mit der besonderen Eigenschaft des Pfändungsschutzes geführt wird. Jede natürliche Person kann von ihrem Kreditinstitut jederzeit verlangen, dass ein Zahlungskonto als Pfändungsschutzkonto geführt wird. Dieser Anspruch besteht auch dann, wenn das Konto einen negativen Saldo aufweist, also überzogen ist. Die Banken sind zur Umwandlung verpflichtet; die Umwandlung selbst muss gebührenfrei erfolgen. Wichtig ist, dass jede Person nur ein einziges P-Konto führen darf. Das Konto bleibt dabei grundsätzlich ein normales Zahlungskonto, mit dem Überweisungen, Lastschriften oder Barabhebungen getätigt werden können.
Automatischer Grundschutz: Der aktuelle Freibetrag
Das P-Konto gewährt automatisch einen pfändungsfreien Grundbetrag für jeden Kalendermonat. Dieser Sockelfreibetrag ist dem Schuldner ohne weiteres Zutun sicher, sodass er über dieses Guthaben trotz Pfändung verfügen kann, um beispielsweise dringende Überweisungen zu tätigen. Die Höhe dieses Grundfreibetrags wird, ebenso wie die
Pfändungsfreigrenzen für Arbeitseinkommen nach § 850c ZPO, regelmäßig angepasst. Seit dem 1. Juli 2025 beträgt der automatische monatliche Grundfreibetrag auf einem P-Konto 1.560,00 Euro. Die in älteren Darstellungen oder Urteilen genannten Beträge sind nicht mehr aktuell.
Erhöhung des Freibetrags: Unterhalt und Sozialleistungen
Der automatische Grundfreibetrag von 1.560,00 Euro deckt nicht alle Lebenslagen ab. Bestehen gesetzliche
Unterhaltspflichten oder werden auf dem Konto Sozialleistungen oder
Kindergeld für andere Personen (etwa für Kinder oder Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft) entgegengenommen, kann der geschützte Betrag erhöht werden. Der Gesetzgeber stellt sicher, dass Gelder, die nicht dem Schuldner selbst zustehen, sondern beispielsweise dem Kindesunterhalt dienen, nicht von den Gläubigern des Kontoinhabers gepfändet werden können. So hat das Amtsgericht Regensburg entschieden, dass ein Insolvenzschuldner Anspruch auf die Festsetzung eines erhöhten pfändungsfreien Betrags hat, wenn Kindesunterhaltszahlungen auf sein P-Konto fließen (AG Regensburg, 27.10.2023 - Az:
4 IK 439/22). Solche Unterhaltszahlungen unterliegen nicht dem Insolvenzbeschlag.
Wie wird der Freibetrag erhöht? Die P-Konto-Bescheinigung
Die Bank kann nicht automatisch wissen, ob ein Kontoinhaber unterhaltspflichtig ist oder Sozialleistungen für Dritte empfängt. Um den Freibetrag über den Grundbetrag hinaus zu erhöhen, ist daher ein Nachweis erforderlich. Dieser Nachweis erfolgt in der Regel durch eine sogenannte P-Konto-Bescheinigung. Diese Bescheinigungen dürfen von bestimmten Stellen ausgestellt werden, dazu gehören insbesondere Sozialleistungsträger, Familienkassen, Arbeitgeber, anerkannte Schuldner- und Verbraucherinsolvenzberatungsstellen sowie Rechtsanwälte oder Steuerberater. Alternativ kann der erhöhte Freibetrag auch durch einen Beschluss des Vollstreckungsgerichts oder der Vollstreckungsstelle eines öffentlichen Gläubigers festgesetzt werden.
Kostenfalle P-Konto? Unzulässige Bankgebühren
Die Führung eines P-Kontos ist mit einem erhöhten Verwaltungsaufwand für die Kreditinstitute verbunden. Lange Zeit versuchten Banken, diese Kosten durch gesonderte oder höhere Kontoführungsgebühren an die Kunden weiterzugeben. Dieser Praxis hat der Bundesgerichtshof mehrfach einen Riegel vorgeschoben. In Grundsatzentscheidungen (BGH, 13.11.2012 - Az:
XI ZR 145/12 und XI ZR 500/11) stellten die Richter klar, dass die Führung eines Girokontos als P-Konto keine besondere, kostenpflichtige Sonderleistung darstellt. Vielmehr erfüllen die Kreditinstitute damit eine ihnen gesetzlich auferlegte Pflicht. Eine Klausel, die für ein P-Konto ein höheres Entgelt festlegt, als es für ein vergleichbares Girokonto ohne Pfändungsschutz verlangt wird, stellt eine kontrollfähige Preisnebenabrede dar. Solche Klauseln benachteiligen den Kunden unangemessen und sind daher nach § 307 BGB unwirksam. Auch in einer späteren Entscheidung (BGH, 12.09.2017 - Az:
XI ZR 590/15) wurde eine Klausel über ein monatliches Entgelt von 7 Euro für ein P-Konto für unwirksam erklärt.
Neue Regeln seit 2021: Das P-Konto-Fortentwicklungsgesetz (PKoFoG)
Zum 1. Dezember 2021 ist das Pfändungsschutzkonto-Fortentwicklungsgesetz (PKoFoG) in Kraft getreten, welches den Schutz für Schuldner erheblich verbessert und an die Praxis angepasst hat.
Ein zentrales Problem der alten Rechtslage war das sogenannte „Monatsanfangsproblem“: Gingen pfändungsfreie Einkünfte wie Lohn oder Sozialleistungen erst am Monatsende ein, wenn der Freibetrag des laufenden Monats bereits ausgeschöpft war, drohte die Pfändung dieser Mittel im Folgemonat. Auch das Ansparen kleinerer Beträge war kaum möglich, da nicht verbrauchtes Guthaben nur in den einen nächsten Monat übertragen werden konnte.
Mit der Reform wurde dieser Schutz massiv ausgeweitet. Nicht verbrauchtes pfändungsfreies Guthaben wird nun in die drei nachfolgenden Kalendermonate übertragen (§ 899 Abs. 2 ZPO). Es steht dort zusätzlich zum regulären Freibetrag dieses Monats zur Verfügung. Verfügungen des Kontoinhabers werden dabei immer zuerst mit dem ältesten übertragenen Guthaben verrechnet (First In – First Out-Prinzip).
Weitere wichtige Neuerungen betreffen den Schutz bei Nachzahlungen von Arbeitseinkommen oder Sozialleistungen, für die unter bestimmten Voraussetzungen (bis 500 Euro) eine Bescheinigung der auszahlenden Stelle ausreicht. Zudem wurde klargestellt, dass ein P-Konto auch bei negativem Saldo eingerichtet werden muss und die Bank eingehende Gutschriften dann nicht mit dem Minus verrechnen darf (Verrechnungsverbot, § 901 ZPO).
Schutz bei Pfändung von Gemeinschaftskonten
Die Reform hat auch erstmals eine klare Regelung für die Pfändung von Gemeinschaftskonten geschaffen (§ 850l ZPO). Wird ein solches Konto gepfändet, darf die Bank einen Monat lang nicht an den Gläubiger auskehren. Innerhalb dieser Frist kann jeder Kontoinhaber von der Bank verlangen, dass sein Guthabenanteil (im Zweifel der Kopfteil, also z.B. die Hälfte bei zwei Inhabern) auf ein neu einzurichtendes Einzelkonto übertragen wird. Dieses neue Einzelkonto kann dann sofort in ein P-Konto umgewandelt werden, um den Pfändungsschutz zu aktivieren.
Sonderzahlungen und unpfändbare Bezüge auf dem P-Konto
Das P-Konto schützt Guthaben bis zur Höhe des individuellen Freibetrags, unabhängig von der Herkunft des Geldes. Dies kann problematisch werden, wenn Gelder eingehen, die eigentlich unpfändbar sind (z.B. nach § 850a ZPO) oder einem besonderen Zweck dienen. Sobald die Zahlung auf dem Konto gutgeschrieben ist, wird sie Teil des Gesamtguthabens.
Der Bundesgerichtshof (BGH, 12.09.2024 - Az:
IX ZB 9/24) hat klargestellt, dass die Unpfändbarkeit eines Anspruchs (etwa gegen einen Krankenversicherer nach § 850b Abs. 1 Nr. 4 ZPO) nicht automatisch auf das Kontoguthaben übergeht, nachdem die Leistung ausgezahlt wurde. Sollen solche Beträge über den normalen Freibetrag hinaus geschützt werden, ist ein gesonderter Antrag beim Insolvenz- oder Vollstreckungsgericht notwendig (vgl. § 906 Abs. 2 ZPO).
In Einzelfällen kann ein Schutz über die allgemeinen Härtefallregelungen (§ 765a ZPO) erreicht werden. So entschied das Amtsgericht Zeitz (AG Zeitz, 10.08.2020 - Az:
5 M 837/19), dass eine Corona-Sonderzahlung als Anerkennung für besondere Leistungen während der Pandemie unpfändbar sei. Die Pfändung wurde als sittenwidrige Härte eingestuft, da der Zweck der Sonderzahlung – die Anerkennung des Beschäftigten – sonst verfehlt worden wäre. Solche Entscheidungen sind jedoch stark vom Einzelfall abhängig.
Dies zeigt auch ein Urteil des Finanzgerichts Münster (FG Münster, 29.06.2020 - Az:
8 V 1791/20 AO) zur Pfändung von Corona-Soforthilfe für Selbständige. Hier lehnte das Gericht die Freigabe ab, da der antragstellende Architekt nicht hinreichend glaubhaft machen konnte, dass die Pfändung existenzgefährdende Folgen habe oder die Mittel zwingend für konkrete Betriebsausgaben benötigt würden.
Pflicht zur Nutzung: Schutz nur über P-Konto
Der Kontopfändungsschutz ist seit 2012 ausschließlich an das P-Konto gekoppelt. Versucht ein Schuldner, diesen Schutz zu umgehen, indem er beispielsweise sein Einkommen auf das Konto eines Dritten (ein „geliehenes Konto“) leiten lässt, verliert er den Pfändungsschutz. Der Bundesfinanzhof (BFH, 21.11.2023 - Az:
VII R 11/20) urteilte, dass ein solches Vorgehen eine objektive Gläubigerbenachteiligung im Sinne des Anfechtungsgesetzes darstellt. Dies gilt selbst dann, wenn das Einkommen unterhalb der Pfändungsfreigrenzen liegt, da der Schuldner bewusst die Einrichtung eines P-Kontos unterlassen hat. Der Gläubiger kann diese Überweisung auf das fremde Konto daher anfechten.