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Kindergeldanspruch besteht nach § 62 Abs. 1 i.V.m. § 63 Abs. 1 Satz 2 EStG für ein volljähriges Kind, wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 32 Abs. 4 EStG vorliegen. Bei einem verheirateten Kind hängt der Anspruch zusätzlich davon ab, ob eine „typische Unterhaltssituation“ der Eltern fortbesteht. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH, 02.03.2000 - Az: VI R 13/99) entfällt diese regelmäßig mit der Eheschließung, da nach
§ 1608 Satz 1 BGB vorrangig der Ehegatte unterhaltspflichtig ist. Eine Ausnahme gilt, wenn der Ehegatte finanziell nicht in der Lage ist, den Unterhalt zu leisten, und die Eltern deshalb weiterhin aufkommen müssen (sog. Mangelfall, vgl. BFH, 19.04.2007 - Az: III R 65/06).
Für den Kindergeldanspruch kommt es nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG auf die tatsächlichen Einkünfte und Bezüge an, die dem Kind im maßgebenden Zeitraum zufließen. Das Gesetz verlangt nach seiner Fassung seit dem Jahressteuer-Ergänzungsgesetz 1996, dass das Kind Einkünfte und Bezüge „hat“, nicht lediglich, dass ihm solche „zustehen“. Maßgebend ist daher das Zuflussprinzip (§ 11 Abs. 1 Satz 1 EStG). Nur tatsächlich zugeflossene Einkünfte sind zu berücksichtigen.
Im Rahmen der Prüfung, ob der Grenzbetrag nach § 32 Abs. 4 Sätze 2 bis 7 EStG überschritten wird, sind Unterhaltsansprüche, die nicht realisiert werden konnten, keine Bezüge im kindergeldrechtlichen Sinne. Entscheidend ist die tatsächliche wirtschaftliche Verfügungsmöglichkeit. Ein bloßer Anspruch auf
Trennungsunterhalt genügt nicht, wenn dieser Anspruch trotz zumutbarer Bemühungen nicht durchgesetzt werden konnte.
Ein Mangelfall liegt daher auch bei einem verheirateten Kind vor, das von seinem Ehegatten getrennt lebt und von diesem keinen Unterhalt erhält. In diesem Fall lebt die „typische Unterhaltssituation der Eltern“ wieder auf, sodass ein Kindergeldanspruch fortbestehen kann. Die bloße Möglichkeit, einen Unterhaltsanspruch theoretisch geltend zu machen, reicht nicht aus, um die Eltern auf die Realisierung solcher Ansprüche zu verweisen.
Die Verwaltungspraxis, wonach bei getrennt lebenden verheirateten Kindern stets auch fiktive Unterhaltsleistungen des Ehegatten zu berücksichtigen seien (DA 63.4.2.5 Abs. 6 DA-FamEStG), widerspricht dem Gesetzeswortlaut und dem Zuflussprinzip. Eine fiktive Anrechnung kommt nur in Betracht, wenn tatsächliche Unterhaltsleistungen erbracht oder entsprechende wirtschaftliche Vorteile gewährt wurden.
Ein Verzicht auf Unterhaltsansprüche ist nur dann beachtlich, wenn er freiwillig erfolgt und der Kindergeldanspruch hierdurch gezielt erhalten werden soll (§ 32 Abs. 4 Satz 9 EStG). Wird der Anspruch jedoch mangels Erfolgsaussichten nicht weiterverfolgt, liegt kein Verzicht im kindergeldrechtlichen Sinne vor (vgl. BFH, 11.03.2003 - Az: VIII R 16/02).
Im Ergebnis sind Unterhaltsansprüche, die nicht realisiert werden konnten, keine anzurechnenden Bezüge. Bleibt der Ehegatte trotz Unterhaltsverpflichtung leistungsunfähig oder verweigert die Zahlung, ist der Kindergeldanspruch der Eltern für den Ausbildungszeitraum des Kindes nicht ausgeschlossen. Die Höhe der tatsächlichen Einkünfte und Bezüge ist anhand des Zuflusses im betreffenden Kalenderjahr zu ermitteln (§ 32 Abs. 4 Satz 6 EStG).