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Zugewinnausgleich im Rahmen des gesetzlichen Güterstandes der
Zugewinngemeinschaft dient dazu, während der Ehe erworbenes Vermögen gerecht zwischen den Ehegatten zu verteilen. In der Praxis stellt sich jedoch häufig die Frage, wie mit Fällen umzugehen ist, in denen ein Ehegatte während der Ehe Vermögen verliert und es damit zu einem sogenannten negativen Zugewinn kommt.
Diese Grundsätze gelten für den Zugewinnausgleich
Bei Beendigung der Zugewinngemeinschaft - typischerweise durch Scheidung - wird gemäß
§ 1378 BGB ein Zugewinnausgleich durchgeführt. Maßgeblich sind dabei zwei Zeitpunkte: Das Anfangsvermögen zu Beginn des Güterstandes und das Endvermögen zum Zeitpunkt der Zustellung des Scheidungsantrags. Der Zugewinn ist die Differenz zwischen End- und Anfangsvermögen.
Der Ehegatte mit dem höheren Zugewinn ist grundsätzlich zur Ausgleichszahlung verpflichtet. Die Hälfte des Wertunterschieds ist dem anderen Ehegatten in Geld zu erstatten. Dieses System basiert auf einem objektiven Vergleich der Vermögensvermehrung während der Ehezeit. Dabei spielt es keine Rolle, wie das Vermögen konkret entstanden ist. Schenkungen oder Erbschaften werden nach
§ 1374 Abs. 2 BGB dem Anfangsvermögen zugerechnet und bleiben so vom Zugewinn ausgenommen.
Was gilt bei negativer Vermögensentwicklung?
Verliert ein Ehegatte während der Ehe Vermögen, sodass das Endvermögen geringer als das Anfangsvermögen ist, spricht man von einem negativen Zugewinn. Ein solcher kann durch Fehlinvestitionen, Verschuldung oder Konsum entstehen. Seit der Novellierung des Zugewinnausgleichsrechts sind auch beim Endvermögen Schulden über die Höhe des Vermögens hinaus abzuziehen.
Der Gesetzgeber sieht in diesen Fällen jedoch keinen Anspruch auf einen „negativen Ausgleich“. Es findet keine Kompensation statt - weder durch den anderen Ehegatten noch durch eine Minderung des Ausgleichsanspruchs des anderen Teils.
Anders formuliert: Jeder Ehegatte trägt das Risiko einer negativen Vermögensentwicklung grundsätzlich selbst. Der Zugewinnausgleich kennt keine Verlustbeteiligung. Derjenige Ehegatte, dessen Vermögen sich gemindert hat, erhält keinen Ausgleich, auch wenn der andere Ehegatte in derselben Zeit Vermögen hinzugewonnen hat.
Ein typisches Rechenbeispiel veranschaulicht die Wirkung des negativen Zugewinns:
Ehegatte A:
Anfangsvermögen: 100.000 €
Endvermögen: 80.000 €
→ Zugewinn: -20.000 € (negativer Zugewinn)
Ehegatte B:
Anfangsvermögen: 0 €
Endvermögen: 60.000 €
→ Zugewinn: 60.000 €
Der Ausgleichsanspruch beträgt die Hälfte der Differenz zwischen beiden Zugewinnen:
60.000 € - (–20.000 €) = 80.000 € : 2 = 40.000 €
Diese Berechnung wäre jedoch unzutreffend, da der negative Zugewinn des einen Ehegatten nicht in die Berechnung des Ausgleichsbetrags einfließt. Vielmehr bleibt es bei einem Vergleich mit dem Wert „0“ als unterem Bezugspunkt. In diesem Fall beträgt der Ausgleichsanspruch also 30.000 € (die Hälfte von 60.000 €), denn der negative Zugewinn des Ehegatten A wird nicht mitgerechnet.
Keine Berücksichtigung von Verlusten
Der Gesetzgeber hat sich bewusst dagegen entschieden, negative Zugewinne im Sinne einer Verlustbeteiligung auszugleichen.
§ 1373 BGB definiert den Zugewinn ausschließlich als positiver Wert: „Zugewinn ist der Betrag, um den das Endvermögen eines Ehegatten das Anfangsvermögen übersteigt.“ Ein negativer Betrag ist somit systematisch ausgeschlossen. Die untere Grenze für den rechnerischen Zugewinn liegt bei null.
Diese Regelung dient der Rechtssicherheit und der Vereinfachung des Ausgleichsmechanismus. Es soll gerade nicht zu einer Auseinandersetzung über wirtschaftliche Fehleinschätzungen, subjektive Verluste oder spekulative Investitionen kommen. Jeder Ehegatte trägt insoweit seine eigenen Entscheidungen im wirtschaftlichen Bereich.
Besonderheit: Schulden im Anfangs- oder Endvermögen
Eine Sonderkonstellation ergibt sich, wenn Schulden das Anfangs- oder Endvermögen bestimmen. Sowohl Anfangs- als auch Endvermögen können rechnerisch negativ sein. Schulden sind gemäß § 1374 BGB bei der Ermittlung des Anfangsvermögens zu berücksichtigen. Führt dies zu einem negativen Betrag, bleibt dieser bei der Berechnung dennoch maßgeblich.
Baut dieser Ehegatte seine Schulden während der Ehe ab, ist auch die Schuldentilgung ein Vermögenszuwachs im Vermögen dieses Ehegatten.
Beim Zugewinnausgleich sind auch solche Schulden eines Ehegatten in sein Anfangsvermögen einzustellen, von denen er infolge eines Verbraucherinsolvenzverfahrens Restschuldbefreiung erlangt hat (OLG Naumburg, 17.12.2014 - Az:
4 UF 153/14).
Lief das Insolvenzverfahren bereits bei Eheschließung und war unmittelbar vor dem Abschluss bzw. stand die Verjährung der Forderung unmittelbar bevor, können Abschläge gemacht werden. Ansonsten sind auch bei Schuldentilgungen durch ein Insolvenzverfahren die Schulden als negatives Anfangsvermögen zu beachten. Dies führt beim betreffenden Ehegatten zu einem größeren Vermögenszuwachs und damit unter Umständen dazu, dass ein Ehegatte vom anderen Zugewinnausgleich aus dem Vermögenszuwachs und zudem auch aus der Löschung von Schulden durch ein Insolvenzverfahren erhält.
Ein negativer Zugewinn im Sinne eines negativen Ergebnisses aus der Differenz zwischen End- und Anfangsvermögen bleibt aber ausgeschlossen, denn das Endvermögen darf nicht „unter Null“ mitgerechnet werden, wenn es um die Bemessung des Ausgleichsanspruchs geht.
Verhinderung strategischer Vermögensminderungen
Wäre ein negativer Zugewinn ausgleichsfähig, bestünde die Gefahr strategischer Vermögensvernichtungen zum Zwecke des Zugewinnausgleichs. So könnten Ehegatten gezielt Schulden anhäufen oder Kapitalverluste fingieren, um eine Beteiligung am positiven Zugewinn des anderen zu erzwingen. Der Ausschluss negativer Zugewinne verhindert derartige Konstellationen.
Auch bei Vermögensverschiebungen auf Dritte oder im Rahmen von Schenkungen innerhalb der Ehezeit greifen Schutzmechanismen wie die Hinzurechnung nach
§ 1375 Abs. 2 BGB. Dort wird u.a. geregelt, dass Vermögensminderungen durch unentgeltliche Zuwendungen oder Verschwendung innerhalb der letzten zehn Jahre vor Zustellung des Scheidungsantrags dem Endvermögen hinzugerechnet werden können.
Verzicht auf Ausgleich bei gleichartigen Zugewinnen
Ein negativer Zugewinn kann auch de facto folgenlos bleiben, wenn beide Ehegatten während der Ehe keinen oder nur geringen Zugewinn erzielt haben. In der Praxis begegnet man Konstellationen, in denen beide Ehegatten durch Arbeitslosigkeit, Krankheit oder wirtschaftlich ungünstige Umstände ihr Vermögen reduzieren. Auch hier findet kein Ausgleich statt, denn es fehlt an einem Wertunterschied zugunsten eines Ehegatten.
Ein Zugewinnausgleichsanspruch entsteht nur, wenn tatsächlich ein Wertunterschied im Sinne eines realisierten Zugewinns vorliegt. Die bloße Tatsache, dass ein Ehegatte Verluste gemacht hat, ist unbeachtlich.
Vereinbarungen zum Ausschluss oder zur Modifikation des Ausgleichs
Eheverträge können im Rahmen der Privatautonomie Modifikationen zum Zugewinnausgleich enthalten, etwa durch vollständigen oder teilweisen Ausschluss. Auch Regelungen zum Umgang mit negativen Vermögensentwicklungen sind zulässig, sofern sie nicht gegen die guten Sitten (§ 138 BGB) verstoßen.
Solche Vereinbarungen müssen notariell beurkundet werden (
§ 1410 BGB) und unterliegen in engen Grenzen der Inhaltskontrolle durch die Rechtsprechung. Eine individuelle Ausgestaltung kann insbesondere bei unternehmerischen Risiken, ungleich verteilten Vermögensverhältnissen oder wiederholten Güterstandwechseln sinnvoll sein.
Steuerliche Aspekte
Bei der Bewertung des Anfangs- und Endvermögens spielt auch die steuerliche Komponente eine Rolle. Insbesondere bei Unternehmensbeteiligungen, Immobilien oder anderen Vermögenswerten ist der Verkehrswert zu ermitteln, häufig unter Einbeziehung von Gutachten. Verluste aufgrund von Steuerzahlungen, Spekulationsverlusten oder Wertberichtigungen fließen ebenfalls in die Bewertung ein, bleiben aber ohne Bedeutung für die Frage des negativen Zugewinns im ausgleichsrelevanten Sinne.
Keine Berücksichtigung hypothetischer Zugewinne
Hypothetische Zugewinne - etwa entgangene Einkünfte oder verpasste Investitionen - fließen nicht in die Berechnung ein. Maßgeblich ist allein das real vorhandene Vermögen zum Stichtag. Auch unterlassene Sparleistungen, aufgelöste Rücklagen oder entgangene Erbschaften begründen keinen Anspruch auf Ausgleich.
Der Zugewinnausgleich basiert auf tatsächlich erbrachten Vermögensmehrungen, nicht auf spekulativen Alternativverläufen. Dies gilt in gleicher Weise für den Fall negativer Entwicklungen: Was nicht vorhanden ist, kann nicht ausgeglichen werden.