Rechtsfrage klären? Wir beraten per   E-Mail  -   Video  -   Telefon  -   WhatsAppBewertung: - bereits 390.831 Anfragen

Vorkasse: Rechtliche Risiken für Käufer bei Online-Auktionen

eBay-Recht | Lesezeit: ca. 10 Minuten

Nach dem Kauf bei einer Online-Auktion folgt in der Regel die Aufforderung des Verkäufers, den Kaufpreis im Voraus zu entrichten. Diese als Vorkasse oder Vorauskasse bekannte Zahlungsmethode ist im Online-Handel weit verbreitet. Dabei verpflichtet sich der Käufer, den gesamten Betrag zu bezahlen, bevor der Verkäufer die Ware überhaupt auf den Weg bringt. Erst nach dem Eingang der Zahlung auf seinem Konto ist der Verkäufer verpflichtet, den Artikel zu versenden. Dieses Vorgehen ist für den Verkäufer komfortabel und sicher, verlagert jedoch das gesamte Risiko auf die Schultern des Käufers.

Vorleistungsrisiko des Käufers bei Vorkasse

Die Vereinbarung von Vorkasse birgt für den Käufer erhebliche Nachteile. Er überweist den Kaufpreis im Vertrauen und in der Hoffnung darauf, dass der Verkäufer seiner vertraglichen Pflicht nachkommt und die Ware wie beschrieben liefert. Problematisch wird die Situation, wenn der Verkäufer nach Zahlungseingang untätig bleibt, die Lieferung ausbleibt oder ein falscher beziehungsweise beschädigter Artikel versendet wird. In diesem Moment hat der Käufer sein Geld bereits aus der Hand gegeben und muss nun aktiv werden, um seine Ansprüche durchzusetzen.

Zwar stehen ihm gesetzliche Mittel zur Verfügung, wie etwa das Setzen einer angemessenen Nachfrist zur Lieferung und, nach deren fruchtlosem Verstreichen, der Rücktritt vom Kaufvertrag gemäß § 323 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Damit verbunden ist der Anspruch auf Rückerstattung des Kaufpreises (vgl. BGH, 13.07.2016 - Az: VIII ZR 49/15).

Die praktische Umsetzung dieser Rechte kann sich jedoch als äußerst schwierig erweisen. Ist der Verkäufer nicht kooperativ, nicht mehr erreichbar oder hat er zwischenzeitlich Insolvenz angemeldet, wird die Rückforderung des Geldes zu einem langwierigen und oft kostspieligen Unterfangen. Im schlimmsten Fall ist beim Verkäufer nichts mehr zu holen, und der Käufer verliert sein Geld vollständig.

Besonders schwierig ist die Lage bei einem privaten Verkäufer. Hier muss der Verkäufer in der Regel lediglich den Versand, aber nicht unbedingt den Zugang beim Käufer, nachweisen.

Gewerbsmäßiger Betrug: Wenn die Lieferung von Anfang an nicht geplant war

In besonders gravierenden Fällen ist die ausbleibende Lieferung kein Versehen, sondern von vornherein Teil eines betrügerischen Plans. Kriminelle nutzen die Anonymität des Internets, um auf Plattformen wie eBay Scheinangebote zu platzieren. Das Amtsgericht Frankfurt am Main verurteilte in einem solchen Fall mehrere Angeklagte wegen Betruges und Geldwäsche (AG Frankfurt/Main, 06.12.2018 - Az: 915 Ls - 3630 Js 209367/15). Die Täter hatten über verschiedene Schein-Accounts wiederholt begehrte Haushaltsgeräte, wie etwa eine Luxus-Küchenmaschine des Typs „Thermomix“, zu auffällig günstigen Preisen angeboten. Ihr Plan war es von Anfang an, die Kaufpreise per Vorkasse zu kassieren, ohne jemals die Absicht zu haben, die Ware zu versenden. Auf diese Weise erbeuteten sie über 12.000 Euro.

Das Gericht verurteilte den Hauptangeklagten zu einer mehrjährigen Haftstrafe und berücksichtigte dabei strafschärfend, dass die für die einzelnen Privatpersonen entstandenen Schäden von jeweils rund 750 Euro als ganz erheblich anzusehen waren. Solche Fälle zeigen deutlich das Totalverlustrisiko für Käufer bei ungesicherten Vorkasse-Zahlungen und die kriminelle Energie, die sich manche Akteure zunutze machen.

Identitätsdiebstahl: Wenn der angebliche Verkäufer selbst ein Opfer ist

Noch komplizierter wird die Lage für den geschädigten Käufer, wenn die Person, an die er das Geld überwiesen hat, selbst Opfer eines Betrugs geworden ist. In einem vom Amtsgericht Kempen entschiedenen Fall hatte eine Käuferin eine Kamera per Vorkasse bezahlt, die nie geliefert wurde (AG Kempen, 04.04.2016 - 13 C 366/15). Die Verkaufsanzeige lief unter dem Namen der Beklagten, und auch das Geld wurde auf deren Konto überwiesen. Es stellte sich jedoch heraus, dass die Beklagte auf ein gefälschtes Jobangebot hereingefallen war. Sie sollte im Rahmen einer angeblichen Anstellung als Finanzagentin ihr Privatkonto für Geldeingänge zur Verfügung stellen und diese dann über einen Geldtransferdienst an ihre vermeintliche Arbeitgeberin im Ausland weiterleiten. Von den betrügerischen Verkäufen, die unter ihrem Namen getätigt wurden, wusste sie nichts.

Das Gericht wies die Klage der Käuferin auf Rückzahlung des Kaufpreises ab. Zur Begründung führte es aus, dass zwischen der Käuferin und der Beklagten kein wirksamer Kaufvertrag zustande gekommen sei. Die Beklagte hatte selbst kein Verkaufsangebot abgegeben. Die Handlungen der unbekannten Täter, die ihren Namen missbrauchten, konnten ihr auch nicht über die Grundsätze der Stellvertretung (§§ 164 ff. BGB) zugerechnet werden. Es lag weder eine ausdrückliche Bevollmächtigung vor, noch griffen die Regeln der Duldungs- oder Anscheinsvollmacht. Eine Duldungsvollmacht setzt voraus, dass der Vertretene wissentlich geschehen lässt, dass ein anderer für ihn handelt, was hier nicht der Fall war. Eine Anscheinsvollmacht, die vorliegt, wenn der Vertretene das Handeln des Dritten bei pflichtgemäßer Sorgfalt hätte erkennen und verhindern können, lehnte das Gericht ebenfalls ab. Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses durfte die Beklagte noch auf die Legalität ihres vermeintlichen Arbeitsverhältnisses vertrauen und musste nicht mit einem Betrug rechnen. Das Gesetz weist das Risiko einer fehlenden Vertretungsmacht grundsätzlich dem Geschäftspartner zu, hier also der Käuferin. Für die Käuferin bedeutet dies, dass sie trotz Zahlung keinen Anspruch gegen die Kontoinhaberin hat und ihr Geld verloren ist, sofern die wahren Täter nicht ermittelt werden können.

Möglichkeiten zur Risikominimierung für Käufer

Um das erhebliche Risiko der Vorkasse zu umgehen, sollten Käufer auf die Nutzung sicherer Zahlungsmethoden achten. Viele Online-Plattformen und Zahlungsdienstleister bieten Systeme mit integriertem Käuferschutz an. Dienste wie PayPal oder die eigenen Abwicklungssysteme der Auktionshäuser agieren quasi als Treuhänder. Sie behalten den vom Käufer gezahlten Betrag ein und leiten ihn erst dann an den Verkäufer weiter, wenn der Käufer den Erhalt der Ware bestätigt oder eine bestimmte Frist ohne die Meldung eines Problems verstrichen ist. Sollte die Ware nicht ankommen oder erheblich von der Beschreibung abweichen, hat der Käufer über diese Systeme die Möglichkeit, sein Geld unkompliziert zurückzuerhalten. Die Wahl einer solchen abgesicherten Zahlungsmethode ist daher bei Geschäften mit unbekannten Verkäufern dringend zu empfehlen.

Besondere Vorsicht ist zudem geboten, wenn hochpreisige Artikel weit unter Wert angeboten werden oder der Verkäufer ausschließlich auf eine ungesicherte Vorkasse-Zahlung per Banküberweisung besteht.
Stand: 08.10.2025
Feedback zu diesem Tipp

Wir lösen Ihr Rechtsproblem! AnwaltOnline - empfohlen vom Ratgeber WDR - polis

Fragen kostet nichts: Schildern Sie uns Ihr Problem – wir erstellen ein individuelles Rechtsberatungsangebot für Sie.
  Anfrage ohne Risiko    vertraulich    schnell 

So bewerten Mandanten unsere Rechtsberatung

Durchschnitt (4,85 von 5,00 - 1.239 Bewertungen) - Bereits 390.831 Beratungsanfragen

Meine Frage wurde schnell und fachkundig beantwortet. Ich bin sehr zufrieden.

Verifizierter Mandant

Sehr ausführliche, differenzierte und kompetente Rechtsberatung

Verifizierter Mandant