Ein Wohngebäude, in dem seit mehr als einem Jahr niemand mehr wohnt und der letzte Bewohner nach seinem - absehbar endgültigen - Umzug in ein
Altenpflegeheim lediglich noch die Möbel nebst sonstigem Inventar zurückgelassen hat, die in dem Heim keinen Platz fanden, ist im Sinne der Gebäudeversicherungsbedingungen ungenutzt. Es besteht dann die Obliegenheit, die Wasserversorgung abzusperren.
Der Entscheidung lag der nachfolgende Sachverhalt zugrunde:
Die Klägerin nimmt die Beklagte als Versicherer aus einer privaten Gebäudeversicherung im Wege der Feststellungsklage auf Leistungen wegen eines umfangreichen Wasserschadens in Anspruch.
Das Landgericht hat der Klage nach der Vernehmung der Tochter der Klägerin als Zeugin und persönlicher Anhörung des Schwiegersohns, der zum
Betreuer der Klägerin (unter anderem mit den Aufgabenbereichen Rechts- und Wohnungsangelegenheiten) bestellt worden ist, stattgegeben.
Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, dass die Feststellungsklage zulässig sei. Eine etwaige Leistungsklage sei nicht vorrangig, weil anzunehmen sei, dass schon ein Feststellungsurteil zu einer endgültigen Beilegung des Streits führen werde. Sie sei auch begründet. Der Klägerin stehe ein uneingeschränkter versicherungsvertraglicher Leistungsanspruch wegen des Wasserschadens gegen die Beklagte zu. Die Beklagte habe ihre Leistungen zu Unrecht um 80 % gekürzt. Die von der Beklagten als einschlägig betrachtete Obliegenheit gemäß § 19 Abs. 1 VGB, die Wasserversorgung in ihrem, der Klägerin, Wohnhaus nach dem Umzug in ein Altenpflegeheim abzustellen und die wasserführenden Anlagen und Einrichtungen abzusperren, zu entleeren und entleert zu halten, habe zum Zeitpunkt der Entstehung des streitgegenständlichen Wasserschadens nicht bestanden. Ihr Entstehen habe vorausgesetzt, dass das Haus damals „nicht genutzt“ worden sei. Denn schon die Einlagerungen von Sachen mit zumindest geringem Wert stelle eine Form der Nutzung dar. Da die Klägerin nach dem Umzug in das Pflegeheim die vorhandene Einrichtung (bis auf wenige Ausnahmen) in dem Wohnhaus belassen habe, habe sie es folglich weiter genutzt. Außerdem hätten die Tochter der Klägerin und deren Ehemann das Haus aus Anlass ihrer regelmäßig wöchentlich durchgeführten Kontrollbesuche zum Aufenthalt und Essen genutzt. Es sei anhand der vorgelegten Lichtbilder aus den Innenräumen des Hauses auch erkennbar, dass die dort belassene Einrichtung nicht wertlos gewesen sei. Im Übrigen habe die Klägerin erfolgreich bewiesen, dass ihr Betreuer und ihre Tochter sich jedenfalls nicht grob fahrlässig verhalten hätten.
Das Landgericht hat sich davon überzeugt gezeigt, dass beide am Ende jedes einzelnen der wöchentlichen Kontrollbesuche üblicherweise darauf geachtet hätten, den Hauptwasserhahn zuzudrehen. Dies sei nur einmalig aus Vergesslichkeit und wegen nachvollziehbarer Ablenkung an demjenigen Besuchstag, welcher dem Entdecken des Wasserschadens vorausging, unterblieben. Im Übrigen habe die Klägerin auch Anspruch auf Schadensersatz wegen des Verzugsschadens, der dadurch entstanden sei, dass die Beklagte rechtswidrig die Regulierung des Schadens verweigert habe.
Gegen dieses Urteil, auf dessen Begründung im Einzelnen ebenfalls verwiesen wird, richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie ihren auf Klagabweisung gerichteten Antrag vollen Umfangs weiterverfolgt. Sie hält an ihrer Rechtsauffassung fest, dass das versicherte Gebäude nach den - im wesentlichen unstreitigen - Umständen im Sinne der Versicherungsbedingungen ungenutzt gewesen sei und dass deshalb die Obliegenheit für die Klägerin bestanden habe, die Wasserversorgung abzustellen und die Wasserleitungen zu entleeren. Diese Obliegenheit habe ihr rechtlicher Betreuer verletzt. Entgegen der Beurteilung habe er dabei auch grob fahrlässig gehandelt. Es sei schon fraglich, ob die von ihm und von der Tochter der Klägerin bekundete Eile wegen des Bedarfs, Grünschnitt in einen nahegelegenen Wertstoffhof abzufahren, das Versäumnis ausreichend erkläre. Jedenfalls ergebe sich aus der Zeugenaussage der Tochter, dass der Betreuer und sie einige Tage später nochmals - wenn auch nur ganz kurz - in dem Haus gewesen, um ein gekippt stehendes Fenster zu schließen. Mindestens bei dieser Gelegenheit hätte die Wasserversorgung zwingend wieder abgestellt werden müssen. Im Übrigen habe sie, die Beklagte, sich mit der Schadensregulierung nicht im Verzug befunden, weil sie ihre Eintrittspflicht sorgfältig geprüft und mit einer mindestens vertretbaren Begründung abgelehnt habe.
Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil. Sie meint, dass die Begriffe des „Unbewohntseins“ und des „Ungenutztseins“ nicht inhaltsgleich seien; zur Begründung der besonderen Obliegenheiten gemäß § 19 Abs. 1 VGB bedürfe es des Letzteren. Jede tatsächliche Art der Nutzung stehe dem entgegen. Im Übrigen hält sie daran fest, dass ihr Betreuer und ihre Tochter lediglich versehentlich das Absperren der Wasserversorgung vergessen hätten; an grober Fahrlässigkeit fehle es deshalb. Bedeutsam sei insofern auch, dass sich der Vorgang „im Sommer“ zugetragen habe. Soweit die Rechtsprechung bislang das Nichtabsperren als grob fahrlässig behandelt habe, sei es immer um Sachverhalte gegangen, in denen sich im Winter die Gefahr eines Frostschadens verwirklicht habe.
Hierzu führte das Gericht aus:
Die zulässige Berufung der Beklagten hat teilweise Erfolg. Die Klage ist nur zum Teil begründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte wegen des am 16. Mai 2023 bemerkten Wasserschadens in ihrem im S. 2 c in H. gelegenen Wohnhauses nur einen um ein Drittel gekürzten versicherungsvertraglich begründeten Entschädigungsanspruch.
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