Befand sich der Erblasser bis zu seinem Tod mehr als 10 Jahre in einem Pflegeheim am selben Ort, hatte er an diesem Ort seinen gewöhnlichen Aufenthalt.
Das gilt auch dann, wenn er während der gesamten Zeit wegen einer geistigen Erkrankung unter
Betreuung stand und der
Betreuer auch das
Aufenthaltsbestimmungsrecht ausgeübt hat.
Hierzu führte das Gericht aus:
Unter dem „gewöhnlichen Aufenthalt“ ist der tatsächliche Lebensmittelpunkt einer natürlichen Person zu verstehen, der mittels einer Gesamtbeurteilung der Lebensumstände des Erblassers in der Zeit vor seinem Tod und zum Zeitpunkt des Todes festzustellen ist. Auch in Alten- und Pflegeheimen kann grundsätzlich ein Aufenthalt begründet werden, wenn der Erblasser im Zeitpunkt des Einzugs fähig war, einen eigenen Bleibewillen zu bilden.
Welche Anforderung für Begründung des (gewöhnlichen) Aufenthalts im Hinblick auf die Geschäftsfähigkeit des Erblassers zu stellen sind, ist im Einzelnen umstritten und nicht abschließend geklärt.
Bereits der Umstand, dass die Erblasserin vor ihrem Tod 10 Jahre lang an diesem Ort lebte, spricht in objektiver Hinsicht dafür, dass sie dort ihren „Daseinsmittelpunkt“, mithin ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatte.
Dies gilt auch dann, wenn die Erblasserin aufgrund ihrer psychischen Erkrankung am allgemeinen Leben nur eingeschränkt teilgenommen hat, denn dies entsprach gerade ihrem Lebenszuschnitt. Insoweit teilt der Senat die in der Literatur vertretene Auffassung, dass auch Personen, die ohne oder mit nur wenig sozialer Integration und ohne besondere gesellschaftliche Kontakte leben, einen gewöhnlichen Aufenthalt haben/bilden.
Dem steht nicht entgegen, dass für die Erblasserin seit 1974 ein Betreuer bestellt war, zu dessen
Aufgabenkreis auch das Aufenthaltsbestimmungsrecht gehörte, die Erblasserin ihren Aufenthaltsort also nicht frei wählen durfte.
Zum Weiterlesen bitte anmelden oder kostenlos und unverbindlich registrieren.