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Abmahn-Falle mit „lizenzfreien“ Bildern: Keine Schadensersatzansprüche bei gezielter „Kostenlos“-Täuschung

Urheberrecht | Lesezeit: ca. 9 Minuten

Eine Urheberrechtsverletzung liegt vor, wenn ein geschütztes Lichtbild ohne Einräumung von Nutzungsrechten auf einem gewerblichen Online-Profil verwendet wird. Die Vervielfältigung erfolgt bereits durch das Kopieren der Fotografie auf einen Server zum Zwecke des Einstellens ins Internet. Die öffentliche Zugänglichmachung ist gegeben, wenn das Bild einer unbestimmten Anzahl von Internetnutzern von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich gemacht wird (vgl. BGH, 09.02.2017 - Az: I ZR 224/15).

Für die Aktivlegitimation genügt es, wenn der Rechteinhaber substantiiert zur Entstehung des Lichtbildes vorträgt und eine Fotoserie vorlegt, die im unmittelbaren zeitlichen Kontext entstanden ist. Diese Umstände begründen eine Indizwirkung für die Urheberschaft. Der als Verletzer in Anspruch Genommene muss dann konkrete Anhaltspunkte darlegen, weshalb eine andere Person Urheber sein soll. Ein bloßes Bestreiten der Urheberschaft reicht nicht aus (vgl. BGH, 12.11.2015 - Az: I ZR 19/14; BGH, 11.02.2016 - Az: I ZR 116/14).

Im Urheberrecht gelten strenge Sorgfaltsmaßstäbe. Fahrlässiges Handeln ist bereits anzunehmen, wenn sich der Nutzer nicht um die Einräumung von Nutzungsrechten kümmert und die Berechtigung zur Nutzung nicht sorgfältig prüft. Das Fehlen eines Hinweises auf ein bestehendes Urheberrecht ist grundsätzlich kein Indiz dafür, dass ein Werk gemeinfrei ist. Vielmehr obliegt es jedem Nutzer, sich in eigener Verantwortung ausreichend darüber zu informieren, ob und zu welchen Bedingungen der Urheber einer Nutzung zustimmt (vgl. OLG Düsseldorf, 08.01.2016 - Az: I-20 U 88/15).

Der Schadensersatz für die Verletzung von Verwertungsrechten richtet sich im Wege der Lizenzanalogie nach dem Betrag, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Nutzung eingeholt hätte. Maßgeblich ist, was vernünftige Vertragsparteien als Vergütung vereinbart hätten. Dabei kommt einer eigenen Lizenzierungspraxis des Rechtsinhabers maßgebliche Bedeutung zu. Fehlt eine solche, sind branchenübliche Vergütungssätze heranzuziehen. Gibt es auch diese nicht, erfolgt die Bemessung nach § 287 ZPO unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Qualität des Lichtbildes, der Art und Dauer der Nutzung sowie der tatsächlich geforderten Lizenzgebühren (vgl. BGH, 21.02.2019 - Az: I ZR 267/16; BGH, 30.07.2020 - Az: I ZR 8/19; BGH, 22.01.2006 - Az: I ZR 25/03).

Bei fehlender Urhebernennung ist als Ausgleich des dadurch verursachten Vermögensschadens ein Zuschlag von 100% auf die fiktive Lizenzgebühr anzusetzen (vgl. BGH, 21.02.2019 - Az: I ZR 267/16).

Dem Rechteinhaber steht grundsätzlich ein Anspruch auf Erstattung der Kosten einer berechtigten Abmahnung zu. Der Gegenstandswert ist angemessen festzusetzen unter Berücksichtigung der Art der Verwendung, insbesondere ob diese zu gewerblichen Zwecken erfolgte und einer Vielzahl potenzieller Personen zugänglich war. Die übliche Praxis der Gerichte bei vergleichbaren Konstellationen ist maßgeblich (vgl. BGH, 21.02.2019 - Az: I ZR 267/16).

Das allgemeine Verbot treuwidriger Rechtsausübung nach § 242 BGB ist auf urheberrechtliche Ansprüche anwendbar. Weder das Urheberrechtsgesetz noch das Unionsrecht regeln die Folgen einer missbräuchlichen Geltendmachung von Ansprüchen abschließend. Das Unionsrecht enthält jedoch den allgemeinen Grundsatz, dass sich der Einzelne nicht in betrügerischer oder missbräuchlicher Weise auf Rechtsvorschriften berufen darf (vgl. EuGH, 09.09.2021 - Az: C-33/20; BGH, 31.05.2012 - Az: I ZR 106/10).

Ein Fall treuwidriger Rechtsausübung liegt vor, wenn der Berechtigte seine Rechtsposition unredlich erworben hat. Maßgeblich ist das Verhalten des Rechtsinhabers, das als treuwidrig einzuordnen ist. Treuwidrigkeit ist insbesondere anzunehmen, wenn sich der Rechteinhaber zu seinem eigenen Vorverhalten in Widerspruch setzt, dieses Verhalten fortwirkt und er dadurch von miteinander nicht zu vereinbarenden Handlungen profitiert.

Suchmaschinen durchforsten und analysieren Websites und indexieren deren Inhalte für Suchergebnisse. Betreiber von Websites können durch Metadaten bestimmen, mit welchen Schlagwörtern ihre Inhalte gefunden werden. Die Anzeige in Suchergebnissen, sogenannte Snippets, kann durch entsprechende Eingaben in der Search Console determiniert werden. Durch die Eingabe von Metadaten wie <meta name="description" content="..."> lässt sich die Beschriftung bei der Anzeige festlegen.

Wird ein urheberrechtlich geschütztes Bild mit den Metadaten „lizenzfrei“ und „kostenlos“ versehen, erweckt dies bei Nutzern, die gezielt nach kostenlos verwendbaren Bildern suchen, den Eindruck, das Bild dürfe ohne Lizenzgebühr genutzt werden. Macht der Rechteinhaber anschließend Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche geltend, setzt er sich zu seinem eigenen Vorverhalten in Widerspruch.

Das Verhalten des Rechteinhabers im Hinblick auf die Metadaten seines Bildes ist kausal für die Verwendung durch den Nutzer, wenn dieser ausdrücklich mit den Schlagwörtern „lizenzfrei“ und „kostenlos“ nach einem Bild suchte und das entsprechend verschlagwortete Bild in den Suchergebnissen mit einer irreführenden Beschreibung angezeigt wurde. Es ist treuwidrig, von einem derartigen Verhalten zu profitieren, indem zunächst durch gezielte Suchmaschinenoptimierung Nutzer angelockt werden und anschließend kostenpflichtige Ansprüche geltend gemacht werden.

Vorliegend hatte der Rechteinhaber sein Bild auf einer Plattform eingestellt, auf der nahezu ausschließlich seine eigenen Bilder angeboten wurden, und die Verschlagwortung so gewählt, dass das Bild bei der Suche nach kostenlosen Bildern prominent angezeigt wurde. Die Snippet-Beschreibung „Weihnachten lizenzfreie Bilder | kostenloser …“ erweckte den Eindruck kostenloser Verfügbarkeit. Dem Rechteinhaber war dieses Verhalten zurechenbar, da er die Plattform kontrollierte und die Metadaten zumindest in Kenntnis dieser Darstellung festgelegt wurden.

Liegt eine treuwidrige Rechtsausübung vor, weil der Rechteinhaber seine Rechtsposition unredlich erworben hat, steht der Durchsetzung der urheberrechtlichen Ansprüche die Einwendung nach § 242 BGB entgegen. Dies gilt auch dann, wenn dem Grunde nach eine Urheberrechtsverletzung vorliegt und die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind. Die treuwidrige Inanspruchnahme überwiegt das Interesse an der Durchsetzung der an sich bestehenden Rechte.


LG München I, 17.02.2025 - Az: 42 O 7246/24

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