In unserer digitalisierten Welt, werden
Werke wie Fotos, Texte, Musik und Filme innerhalb von Sekunden weltweit verbreitet - daher ist der Schutz des geistigen Eigentums von zentraler Bedeutung. Das Urheberrecht schützt die geistigen Schöpfungen von Autoren, Fotografen, Musikern, Filmemachern und anderen Kreativen. Illegale Vervielfältigungen, unerlaubte Nutzung und Vertrieb von Raubkopien stellen nicht nur einen erheblichen wirtschaftlichen Schaden für die Rechteinhaber dar. Ein effektiver Schutz des Urheberrechts setzt daher voraus, dass Rechteinhaber ihre Ansprüche wirksam durchsetzen können. Eine der größten Hürden ist dabei oft die Anonymität im Internet, die es erschwert, die verantwortlichen Personen hinter einer Rechtsverletzung zu identifizieren. Das Gesetz stellt jedoch Instrumente zur Verfügung, um diese Anonymität zu durchbrechen und die Rechte der Urheber zu wahren. Hierbei ist zwischen den strafrechtlichen Konsequenzen und den zivilrechtlichen Ansprüchen, insbesondere dem Auskunftsanspruch nach
§ 101 des Urheberrechtsgesetzes (UrhG), zu unterscheiden.
§ 106 UrhG und das Strafrecht
Viele Betroffene und auch Rechtsverletzer sind sich oft nicht bewusst, dass eine
Urheberrechtsverletzung nicht nur zivilrechtliche Forderungen nach sich ziehen kann, sondern auch eine Straftat darstellt. Gemäß
§ 106 UrhG wird bestraft, wer in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen ohne Einwilligung des Berechtigten ein Werk oder eine Bearbeitung vervielfältigt, verbreitet oder öffentlich wiedergibt. Das Gesetz sieht hierfür eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe vor. Bereits der Versuch ist strafbar.
In der Praxis sind reine Strafverfahren, insbesondere im Bereich des Filesharings, seltener geworden, seit der Gesetzgeber den zivilrechtlichen Auskunftsanspruch in § 101 UrhG gestärkt hat. Dennoch bleibt die strafrechtliche Verfolgung eine wichtige Option für Rechteinhaber. In der Regel wird die Staatsanwaltschaft nur dann tätig, wenn der Inhaber der Urheberrechte einen Strafantrag stellt. Es gibt jedoch Ausnahmen von diesem Grundsatz. Bejaht die Staatsanwaltschaft ein sogenanntes öffentliches Interesse an der Strafverfolgung, kann sie auch von Amts wegen, also ohne Antrag des Rechteinhabers, Ermittlungen aufnehmen. Ein solches öffentliches Interesse kann beispielsweise angenommen werden, wenn eine besonders große Anzahl von Dateien illegal verbreitet wird oder es sich um sehr teure Software handelt. Es ist wichtig zu verstehen, dass ein Strafverfahren völlig unabhängig von einem Zivilverfahren geführt wird, in dem ein Rechteinhaber beispielsweise Ansprüche auf Unterlassung oder Schadensersatz einklagt. Im Strafverfahren wird der Strafanspruch des Staates gegen den Bürger durchgesetzt, während im Zivilverfahren die individuellen Ansprüche des verletzten Rechteinhabers im Mittelpunkt stehen. Eine strafrechtliche Verfolgung kann somit durchaus parallel zur zivilrechtlichen Geltendmachung von Ansprüchen erfolgen.
Der zivilrechtliche Auskunftsanspruch zur Rechtsdurchsetzung
In der Praxis spielt der Auskunftsanspruch eine entscheidende Rolle, da Urheberrechtsverletzungen oft im Verborgenen stattfinden. Insbesondere im Internet agieren viele Rechtsverletzer anonym oder unter Pseudonymen, was es für Betroffene unmöglich macht, direkt gegen sie vorzugehen. An dieser Stelle setzt § 101 UrhG an: Er ermöglicht es Urhebern und Rechteinhabern, Informationen über diejenigen zu erlangen, die unrechtmäßig geschützte Werke nutzen, verbreiten oder zur Bezifferung der Höhe des Anspruchs. Ohne die Möglichkeit, Informationen über die Täter zu erhalten, wären Urheber oft machtlos und könnten ihr geistiges Eigentum nicht effektiv schützen.
Typische Anwendungsfälle sind das
illegale Filesharing von Musik, Filmen und Software über Tauschbörsen oder die unerlaubte Nutzung von Fotografien auf Webseiten und in sozialen Medien. In diesen Fällen benötigen die Rechteinhaber von den Internetprovidern oder Plattformbetreibern die Identität des verantwortlichen Nutzers, um rechtliche Schritte einleiten zu können. Dieser Anspruch kann sich nicht nur gegen den unmittelbaren Rechtsverletzer richten, sondern auch gegen Dritte, die an der Rechtsverletzung beteiligt waren, wie eben Internetprovider oder die Betreiber von Online-Marktplätzen. Die gesetzliche Grundlage hierfür findet sich in § 101 UrhG, der auf der europäischen Durchsetzungsrichtlinie (2004/48/EG) beruht, die eine Stärkung der Rechte des geistigen Eigentums in der gesamten EU zum Ziel hat.
Differenzierung der Auskunftsansprüche nach § 101 UrhG
Das Gesetz unterscheidet präzise, gegen wen und unter welchen Voraussetzungen ein Auskunftsanspruch besteht. Diese Ansprüche sind keine selbstständigen Rechte, sondern dienen hilfsweise der Durchsetzung anderer Ansprüche wie Unterlassung oder Schadensersatz.
1. Anspruch gegen den Verletzer selbst (§ 101 Abs. 1 UrhG)Ein direkter Anspruch auf Auskunft besteht gegen die Person, die die Urheberrechte verletzt hat. Die Hürde hierfür ist, dass die Rechtsverletzung in „gewerblichem Ausmaß“ begangen worden sein muss. Der Gesetzgeber versteht darunter Handlungen, die mit dem Ziel vorgenommen werden, einen unmittelbaren oder mittelbaren wirtschaftlichen oder kommerziellen Vorteil zu erlangen. Für die Beurteilung, ob ein gewerbliches Ausmaß vorliegt, spielen sowohl die Anzahl der Verstöße als auch deren Schwere eine Rolle. Im Bereich des Filesharings wird beispielsweise nicht nur die reine Anzahl, sondern auch der Umfang der bereitgestellten Dateien berücksichtigt. Das Anbieten eines kompletten, aktuellen Kinofilms spricht eher für ein gewerbliches Ausmaß als das Teilen kurzer Ausschnitte. Die Rechtsprechung hat bislang jedoch keine festen Fallgruppen definiert und legt teilweise unterschiedliche Maßstäbe an, was die Durchsetzung dieses Anspruchs in der Praxis erschweren kann.
2. Anspruch gegen Dritte (§ 101 Abs. 2 UrhG)Besonders praxisrelevant ist der Anspruch gegen Dritte, die nicht selbst die Rechtsverletzung begangen, aber dazu beigetragen haben. Darunter fallen Personen oder Unternehmen, die beispielsweise rechtsverletzende Dienstleistungen erbracht haben (z.B. Host-Provider), die an der Herstellung oder dem Vertrieb von rechtsverletzenden Kopien beteiligt waren oder solche Dienstleistungen in Anspruch genommen haben. Auch für diesen Anspruch ist ein gewerblicher Umfang der jeweiligen Handlung erforderlich. Zusätzlich muss entweder eine offensichtliche Rechtsverletzung vorliegen oder es muss bereits eine Klage gegen den eigentlichen Verletzer erhoben worden sein, um das berechtigte Interesse des Rechteinhabers zu sichern. Die Schwierigkeiten bei der Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs „gewerbliches Ausmaß“ und die Tatsache, dass der Urheber im Prozess die Beweislast trägt, können die Durchsetzung auch hier kompliziert machen.
Umfang und Grenzen des Auskunftsanspruchs
Wenn die Voraussetzungen für einen Auskunftsanspruch erfüllt sind, legt § 101 Abs. 3 UrhG fest, welche Informationen verlangt werden können. Der Anspruchsgegner ist demnach zur Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg der rechtsverletzenden Kopien verpflichtet. Dies umfasst im Einzelnen die Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer sowie Angaben über Mengen und Preise. Der Anspruch ist zum Schutz des Auskunftsverpflichteten auf diese Informationen beschränkt; eine Vorlage detaillierter Geschäftsunterlagen kann in der Regel nicht verlangt werden.
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