Nach der Rechtsprechung des EuGH (Az:
C-74/19; C-264/20) trifft das ausführende Luftfahrtunternehmen die Verpflichtung, die Beförderung der Fluggäste eines
annullierten oder
verspäteten Fluges auf einem direkten oder indirekten Flug des eigenen oder eines anderen Luftfahrtunternehmens zu prüfen.
Dabei ist das Luftfahrtunternehmen nicht in der Pflicht, alle Fluggäste eines annullierten Fluges gemeinsam umzubuchen. Das ausführende Luftfahrtunternehmen muss vielmehr für jeden einzelnen seiner Fluggäste die frühestmögliche Ersatzbeförderung prüfen und gegebenenfalls buchen.
Jedenfalls dann, wenn die Fluggesellschaft keinerlei Ersatzflugangebot unterbreitet, kann sich der Fluggast daher ohne Fristsetzung selbst um eine Ersatzbeförderung zu einem früheren Zeitpunkt bemühen und die Kosten der Ersatzbeförderung als Schadensersatz statt der Leistung geltend machen.
Der Entscheidung lag der nachfolgende Sachverhalt zugrunde:
Die Parteien streiten um Ansprüche auf
Ausgleichsleistung nach
EGV Nr. 261/2004 (Fluggastrechteverordnung) sowie weiter gehenden Schadensersatz.
Die Klägerin verfügte über eine bestätigte Buchung bei der Beklagten als ausführendem Luftfahrtunternehmen zur Flug-Nr. FR 209 am 28. Juni 2022 vom Flughafen Ibiza (IBZ), Spanien, nach Berlin-Brandenburg International (BER) geplanter Ankunftszeit um 20:22 Uhr (alle Uhrzeiten UTC, soweit nicht anders bezeichnet). Der Flug wurde durch die Beklagte weniger als sieben Tage vor dem Flugtag annulliert. Die Beklagte bot keine zeitnahe Ersatzbeförderung an und verwies die Klägerin darauf, selbst eine Ersatzflugverbindung zu buchen. Die Klägerin hat daraufhin die nächste mögliche Flugverbindung mit AIR XXX für den Folgetag zum Preis von 674,03 € gebucht wie auch eine Hotelunterkunft zur Übernachtung. Die Entfernung zwischen Start- und Zielort nach der Großkreismethode berechnet beträgt 1.770 Kilometer.
Das eingesetzte Flugzeug sollte an Flugtag diverse Vorumläufe bedienen.
Die Klägerin hat über das Internetformular am 04.07.2022 die Beklagte zur Zahlung von Ausgleichsleistung und Erstattung der verauslagten Kosten aufgefordert. Daraufhin hat die Beklagte lediglich die Kosten des nicht in Anspruch genommenen Flugtickets in Höhe von 125,49 € erstattet, der nicht klagegegenständlich ist.
Mit der Klage macht die Klägerin die Ausgleichsleistung nach
Art. 5 Abs. 1 c),
7 Abs. 1 EGV Nr. 261/2004 (Fluggastrechteverordnung) in Höhe von 400,- €, Kosten für die gebuchte Ersatzflugverbindung mit AIR XXX i.H.v. 674,03 €, Unterkunftskosten i. H. v. 229,01 €, Taxikosten i.H.v. insgesamt 34,40 €, am 29.06.2022 entstandene Verpflegungskosten in Höhe von insgesamt 32,70 € sowie am 28.06.2022 notwendig gewordene Aufwendungen für Verpflegung und Hygieneprodukte in Höhe von insgesamt 63,15 € geltend.
Die Beklagte behauptet mit näheren Ausführungen das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände im Sinne des Art. 5 Abs. 3 der Verordnung.
Sie verweist auf diverse Slotzuweisung durch EUROCONTROL u. a. mit dem IATA-Delay-Code „81“, die das eingesetzte Fluggerät erlitten habe. Durch den eingetretenen „knock-on-Effekt“ hätten die Flüge vom BER nach Ibiza und zurück wegen des Nachtflugverbotes am BER nicht mehr durchgeführt werden können.
Im Übrigen seien die geltend gemachten Taxikosten wie auch die Verpflegungskosten anhand der vorgelegten, in spanischer Sprache gehaltenen Rechnungsbelege nicht einlassungsfähig, Taxikosten „sowieso-Kosten“, das Entstehen von Verpflegungskosten zu bestreiten und die Hotelkosten überhöht.
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