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Flugannullierung: Diese Rechte haben Passagiere wenn der Flug annuliert wurde

Reiserecht | Lesezeit: ca. 13 Minuten

Das Flüge annulliert werden, gehört zum Alltag. Die Gründe hierfür können vielfältig sein – der Ärger für die betroffenen Passagiere ist der Gleiche. Schließlich möchte niemand sein Ziel mit erheblicher Verzögerung, unnötigem Umsteigen oder im schlimmsten Fall gar nicht erreichen.

Passagiere sind in einem solchen Fall durch die Fluggastrechteverordnung geschützt und können zahlreiche Rechte geltend machen, wenn es sich um einen Flug handelt, der in der EU starten bzw. landen solle oder es sich um einen Flug handelt, der von einer Fluggesellschaft mit Hauptsitz in der EU durchgeführt werden sollte.

Die Verordnung schreibt standardisierte Maßnahmen vor, die die Fluggesellschaften gegenüber ihren Fluggästen im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen ergreifen müssen.

Wann liegt eine Annullierung im Sinne der Fluggastrechteverordnung vor?

Eine Annullierung betrifft nicht ausschließlich den Fall, dass das betreffende Flugzeug überhaupt nicht startet. Der Begriff umfasst auch den Fall, dass ein Flugzeug gestartet ist, aber anschließend, aus welchen Gründen auch immer, zum Ausgangsflughafen zurückkehren musste, und die Fluggäste auf andere Flüge umgebucht wurden.

Bei der Prüfung, ob eine „Annullierung“ vorliegt, ist auf die individuelle Situation jedes beförderten Fluggasts abzustellen ist, d. h., es ist zu prüfen, ob in Bezug auf den betreffenden Fluggast die ursprüngliche Planung des Flugs aufgegeben wurde. Dabei liegt eine Annullierung des Flugs nicht nur dann vor, wenn alle Fluggäste, die den ursprünglich geplanten Flug gebucht hatten, mit einem anderen Flug befördert wurden.

Der Flug muss also anders als ursprünglich geplant verlaufen (z.B. wesentliche Änderung der Flugroute) und sich in der Folge als ein anderer Flug darstellen. Eine Annullierung ist nur die endgültige Nichtdurchführung. Eine unplanmäßige Zwischenlandung führt nicht zur Annullierung des Fluges.

Daher muss die Annullierung von der Flugverspätung getrennt werden. Bei einer Flugverspätung wird der ursprüngliche Flug durchgeführt, der Fluggast erreicht sein Ziel jedoch zu spät.

Vorverlegung des Flugs kann Annullierung sein!

Wird ein Flug von der Fluggesellschaft um mehr als eine Stunde vorverlegt, so ist der Flug als annulliert anzusehen (EuGH, 21.12.2021 – Az: C-146/20, C-188/20, C-196/20, C-270/20).

In einem solchen Fall ist die Vorverlegung als erheblich anzusehen, denn sie kann für die Fluggäste in gleicher Weise wie eine Verspätung zu schwerwiegenden Unannehmlichkeiten führen. Eine solche Vorverlegung nimmt den Fluggästen die Möglichkeit, frei über ihre Zeit zu verfügen und ihre Reise oder ihren Aufenthalt nach Maßgabe ihrer Erwartungen zu gestalten. So kann die neue Abflugzeit den Fluggast u.a. zwingen, erhebliche Anstrengungen zu unternehmen, um seinen Flug zu erreichen; es kann sogar sein, dass er, obwohl er alle erforderlichen Vorkehrungen getroffen hat, das Flugzeug nicht nehmen kann.

Unterstützungs- und Betreuungsleistungen bei einer Annullierung

Die Fluggastrechteverordnung schreibt standardisierte Maßnahmen vor, die die Fluggesellschaft ergreifen muss, wenn ein Flug annulliert wird. Diese gelten in jedem Fall und unabhängig davon, wann der Fluggast von der Fluggesellschaft informiert wurde und ob ggf. unvermeidbare Umstände vorliegen.

Nach Artikel 8 kann der Fluggast wählen zwischen:

a) - der binnen sieben Tagen zu leistenden vollständigen Erstattung der Flugscheinkosten zu dem Preis, zu dem der Flugschein erworben wurde, für nicht zurückgelegte Reiseabschnitte sowie für bereits zurückgelegte Reiseabschnitte, wenn der Flug im Hinblick auf den ursprünglichen Reiseplan des Fluggastes zwecklos geworden ist, gegebenenfalls in Verbindung mit

- einem Rückflug zum ersten Abflugort zum frühestmöglichen Zeitpunkt,

b) anderweitiger Beförderung zum Endziel unter vergleichbaren Reisebedingungen zum frühestmöglichen Zeitpunkt

Als zumutbare Maßnahmen im Sinne von Art. 5 Abs. 3 FluggastrechteVO kommen auch solche Ersatzbeförderungen in Betracht, mit denen die Verspätung am Endziel nicht auf weniger als drei Stunden begrenzt werden kann (BGH, 10.10.2023 - Az: X ZR 123/22).

oder

c) anderweitiger Beförderung zum Endziel unter vergleichbaren Reisebedingungen zu einem späteren Zeitpunkt nach Wunsch des Fluggastes, vorbehaltlich verfügbarer Plätze.

Nach Artikel 9 sind Fluggästen folgende Leistungen unentgeltlich anzubieten:

Mahlzeiten und Erfrischungen in angemessenem Verhältnis zur Wartezeit,

Hotelunterbringung, falls

- ein Aufenthalt von einer Nacht oder mehreren Nächten notwendig ist oder

- ein Aufenthalt zusätzlich zu dem vom Fluggast beabsichtigten Aufenthalt notwendig ist,

Beförderung zwischen dem Flughafen und dem Ort der Unterbringung (Hotel oder Sonstiges).

Außerdem wird den Fluggästen angeboten, unentgeltlich zwei Telefongespräche zu führen oder zwei Telexe oder Telefaxe oder E-Mails zu versenden.

Wann besteht bei Flugannullierung ein Anspruch auf eine Ausgleichszahlung?

Für die Frage nach dem Anspruch auf eine EU-Ausgleichszahlung kommt es darauf an, wann die Fluggesellschaft über die Änderungen informiert hat.

Ein Luftfahrtunternehmen, das nicht beweisen kann, dass ein Fluggast über die Annullierung seines Flugs mindestens zwei Wochen vor der planmäßigen Abflugzeit unterrichtet worden ist, hat ihm einen Ausgleich zu leisten.

Dies gilt nicht nur bei einem unmittelbar zwischen dem Fluggast und dem Luftfahrtunternehmen, sondern auch bei einem über einen Online-Reisevermittler geschlossenen Beförderungsvertrag.

Die Darlegungs- und Beweislast für die rechtzeitige Unterrichtung trägt das Luftfahrtunternehmen - das Risiko, dass die Information nicht oder nicht rechtzeitig ankommt, trägt das Luftfahrtunternehmen (EuGH, 11.05.2017 - Az: C-302/16).

Wurde der Fluggast durch die Fluggesellschaft 14 Tage oder mehr vor Abflug über entsprechende Änderungen informiert, so besteht kein Anspruch auf eine EU-Ausgleichszahlung. Stattdessen kann der Passagier eine Ersatzbeförderung nutzen (z.B. ein Flug mit geänderten Abflugzeiten, ggf. mit geänderten Abflugs- oder Ankunftsort).

Wird mindestens sieben Tage vor der planmäßigen Abflugzeit ein Ersatzflug angeboten, der nicht mehr als zwei Stunden vor der planmäßigen Abflugzeit abfliegt und das Endziel höchstens vier Stunden nach der planmäßigen Ankunft erreicht, so besteht kein Anspruch auf EU-Ausgleichszahlung.

Wird weniger als sieben Tage ein Ersatzflug angeboten, der nicht mehr als eine Stunde vor der planmäßigen Abflugzeit abfliegt und das Endziel höchstens zwei Stunden nach der planmäßigen Ankunft erreicht, so besteht ebenfalls kein Anspruch auf eine EU-Ausgleichzahlung.

Der Fluggast kann die angebotene Ersatzbeförderung ablehnen, vom Vertrag zurücktreten und seine Flugscheinkosten zurückverlangen. Einen Grund muss nicht genannt werden.

Sofern die Unterrichtung nicht rechtzeitig erfolgt ist, kann der Anspruch auf Ausgleichszahlung entfallen, wenn sich die Fluggesellschaft wegen außergewöhnlicher Umstände entlasten kann. Die Fluggesellschaft muss zusätzlich nachweisen, dass sich die Annullierung auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle erforderlichen zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären (EuGH, 19.11.2009 – Az: C-402/07 und C-432/07).

Ersatzbeförderung – Flug zum Wunschtermin?

Das Recht auf Ersatzbeförderung besteht unabhängig davon, wann die Annullierung angekündigt wurde oder außergewöhnliche Umstände vorliegen.

Die Beförderung erfolgt dann zum ursprünglichen Endziel unter vergleichbaren Bedingungen zu einem späteren Zeitpunkt (dieser kann auch Monate nach dem eigentlich gebuchten Termin liegen) - vorbehaltlich verfügbarer Plätze. Sofern der vergleichbare Flug teurer ist, kann die Fluggesellschaft die Differenz nicht vom Fluggast verlangen.

Denn das Recht auf eine anderweitige Beförderung zu einem späteren Zeitpunkt nach Art. 8 Abs. 1 Buchst. c FluggastrechteVO setzt nicht voraus, dass die gewünschte Ersatzbeförderung in zeitlichem Zusammenhang mit dem ursprünglich vorgesehenen Flug steht (BGH, 27.06.2023 - Az: X ZR 50/22).

Der Fluggast sollte hier der Fluggesellschaft entsprechende Wunschtermine vorzuschlagen. Will der Passagier selber einen Flug buchen, sollte die Fluggesellschaft vorab eine angemessene Frist setzen, den Ersatzflug bereitzustellen und erst im Anschluss tätig werden. Entstandene Mehrkosten können dann von der Airline zurückverlangt werden. Hierbei ist zu beachten, dass zwar keine Bindung an die ursprüngliche Fluggesellschaft besteht, der Passagier jedoch auch einer Schadensminderungspflicht unterliegt, deren Umfang immer dem konkreten Einzelfall unterliegen dürfte.

Ein Anspruch auf EU-Ausgleichszahlung besteht bei einem Flug zu einem späteren Wunschtermin nicht.

Mustervorlagen

Aufforderung zur Leistung von Unterstützungsleistungen

Flugannullierung: Kostenerstattung für Ersatzbeförderung

Flugannullierung: Rückforderung der Ticketgebühren

Flugannullierung: Umbuchung auf die nächstmögliche Verbindung

Rückzahlung der Flugticketgebühren statt Gutschein

Stand: 01.08.2022 (aktualisiert am: 20.05.2025)
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