Der gezahlte
Reisepreis kann um 30 Prozent
gemindert werden, wenn das
Gepäck des Pauschalreisenden bei dem Hinflug zu spät ausgeliefert wird und deshalb während einer
Kreuzfahrt in die Arktis nicht zur Verfügung steht.
Der Entscheidung lag der nachfolgende Sachverhalt zugrunde:
Der Kläger und seine Mutter hatten im Jahr 2023 bei der Beklagten eine elftägige
Pauschalreise nach Longyearbyen (Norwegen) mit anschließender Kreuzfahrt „Auf den Spuren der Eisbären“ gebucht.
Während des Hinflugs kam es zu einer verspäteten Auslieferung aller Gepäckstücke der
Reisenden. Der Kläger und seine Mutter meldeten ihr Gepäck als verloren und erstatteten unverzüglich Schadensanzeige. Vor der Abfahrt des Schiffes kauften sie in Outdoor-Läden in Longyearbyen das Notwendigste ein. An Bord gab es eine Boutique und einen Wäscheservice. Schuhe und Parka für die Expeditionen an Land wurden gestellt.
Die Beklagte erstattete den Reisenden außergerichtlich 25 Prozent vom gezahlten Reisepreis und 1.500,00 Euro (von 2.306,07 Euro) für die Ersatzbeschaffungen.
Vor Gericht machte der Kläger den Restbetrag für die Ersatzbeschaffungen, weitere 15 Prozent vom gezahlten Pauschalreisepreis und einen „Schadensersatzanspruch für
entgangene Urlaubsfreuden“ geltend.
Das Gericht sprach dem Kläger eine Minderung in Gesamthöhe von 30 Prozent vom gezahlten Pauschalreisepreis (
§ 651m Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch) und für die Ersatzbeschaffungen weitere 516,20 Euro zu (
§ 651n Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch); einen Anspruch auf Schadensersatz wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit (§ 651n Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch) wies das Gericht jedoch ab.
Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass das Fehlen von Gepäck mit persönlichen Gegenständen des Reisenden einen
Reisemangel darstellt.
Weil der Veranstalter jedoch keine besondere Kleiderordnung bei den Mahlzeiten (dress code) hatte und die Ausrüstung für die Expeditionen zur Verfügung gestellt hatte und es einen Wäscheservice an Bord gab, erachtete das Gericht eine Minderung von 30 Prozent des gezahlten Reisepreises als ausreichend und angemessen.
Bei den Ersatzbeschaffungen (Verbrauchsartikel, Grund- und Funktionsbekleidung) hatte der Reiseveranstalter unter anderem einen Abschlag für Vermögensvorteile vorgenommen, weil die Reisenden die Sachen nach der Rückkehr weiterhin nutzen können. Das Gericht folgte dem Argument der Beklagten nicht, soweit es sich um „Funktionskleidung“ handelte, denn der Kläger und seine Mutter hatten das Gericht davon überzeugt, dass sie die eigens für eine Expedition in die Arktis gekaufte Funktionsbekleidung nicht mehr benötigten. Anders sah es das Gericht bei den Verbrauchsartikeln (Waschmittel, Zahnpasta, etc.) – die Reisenden erhielten ihre Koffer bei der Rückkehr von der Reise zurück und konnten die darin enthaltenen Verbrauchsartikel (weiter) nutzen.
Einen Schadensersatzanspruch wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit lehnte das Gericht ab, weil der Kläger und seine Mutter aufgrund der Möglichkeit von Ersatzbeschaffungen in Longyearbyen und an Bord sowie wegen der ihnen zur Verfügung gestellten Ausrüstungsgegenstände (Schuhe, Parka) an der Kreuzfahrt und den Expeditionen an Land teilnehmen konnten, was Sinn und Zweck der gebuchten Expeditionsreise war. Bei einer Expeditionsreise kommt es im Wesentlichen auf die landschaftlichen Aspekte der Polarregion sowie ihrer Tierlandschaft an. Die Annehmlichkeiten an Bord eines Expeditionsschiffes bilden nicht den Kernbereich einer Expeditionsreise.