Ein Pferd ist nicht frei von
Sachmängeln, da es jedenfalls nicht für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art nicht üblich ist und die der Verkäufer nach der Art der Sache nicht erwarten kann.
Da Tiere keine Standardsachen, sondern individuelle Lebewesen sind, ist nicht ein (kaum je existierender) „Idealzustand“ des Tieres geschuldet, sondern nur eine Normalbeschaffenheit. Daher liegt auch kein Mangel vor, wenn die Beschaffenheit durchschnittlich, aber doch so ist, dass mit einer geringen Wahrscheinlichkeit das Tier in der Zukunft Symptome entwickeln wird.
Der Entscheidung lag der nachfolgende Sachverhalt zugrunde:
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Rückabwicklung eines
Kaufvertrages über ein Pferd.
Die Klägerin suchte für ihre Tochter ein zuverlässiges und ruhiges Reitpferd.
Die Beklagte betreibt einen Reit-, Ausbildungs- und Handelsstall für Dressurpferde.
Die Klägerin und ihre Tochter besichtigten und erprobten das Pferd am 03.07.2016 in der Reitanlage der Beklagten. Das Pferd wurde dabei von der Tochter der Klägerin geritten. Die Beklagte versicherte, das Pferd sei absolut brav, zuverlässig und auch für ein Kind geeignet.
Zwischen den Parteien wurde eine tierärztliche
Kaufuntersuchung vereinbart und am 08.07.2016 durchgeführt. Die Untersuchung war ohne besonderen Befund. In dem Untersuchungsprotokoll wurde unter anderem angekreuzt: Nervensystem: o.b.B. Verhalten: o.b.B., Augen: Konjunktiven: o.b.B, vorderer Abschnitt mit Lidern, Kornea, vorderer Augenkammer, Iris und Adnexen: o.b.B., hinterer Abschnitt mit Linse, Glaskörper und Augenhintergrund: o.b.B., Mydiasis: o.b.B.“.
Die Parteien schlossen unter dem 09.07.2016 Kaufvertrag über das steitgegenständliche Pferd zum Preis von 21.000,00 €. Die Klägerin entrichtete den Kaufpreis in bar. Am gleichen Tag wurde das Pferd der Klägerin an seinem jetzigen Standort übergeben.
Am 11.07.2016 wandte sich die Klägerin an die Beklagte und teilte ihr mit, das Pferd habe ein entzündetes Auge, woraufhin die Beklagte antwortete, das Pferd habe auf der Fahrt wohl einen Zug bekommen.
Mit Schreiben vom 31.08.2016 wandte sich der damalige Bevollmächtigte der Klägerin an die Beklagte und teilte mit, dass das Pferd nach einem Hund ausgetreten habe und aus der Nachbarbox gefüttert werden müsse, da es nach dem Fütternden tritt. Auch beim Fertigmachen trete das Pferd immer wieder aus. Komme man dem Pferd an die Hinterbeine, trete es gezielt aus. Weiterhin lasse sich das Pferd nicht anbinden. Bei einem Ausritt habe das Pferd einem Jogger in den Bauch getreten. Unmittelbar nachdem das Pferd in den Stall der Klägerin verbracht worden sei, sei ein entzündetes Auge erkennbar gewesen, in Sattellage sei ein Pilz aufgetreten und es bestehe eine Nesselsucht am Mähnenkamm. Mit gleichem Schreiben erklärte er den Rücktritt vom Kaufvertrag und forderte die Beklagte auf, das Pferd bis spätestens 09.09.2016 Zug um Zug gegen vollständige Rückzahlung des Kaufpreises zurückzunehmen. Sollte die Beklagte eine Möglichkeit der Nachbesserung sehen, solle sie ihre konkreten Vorschläge binnen dieser Frist mitteilen. Ihr werde dann das Pferd für eine Zeit von vier Wochen zur Verfügung gestellt.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 28.09.2016 teilte der damalige Bevollmächtigte der Klägerin erneut mit, er räume der Beklagten die Möglichkeit ein, den Mangel zu beseitigen.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 20.10.2016 wies die Beklagte Gewährleistungsansprüche der Klägerin zurück.
Am 13.12.2016 stellte die Klägerin das Pferd bei dem Fachtierarzt für Chirurgie und Augenheilkunde beim Pferd ... vor. Dieser erhob unter anderem den nachfolgenden Befund: „Der Augapfel ist zurückgezogen, es besteht ein leichter Blepharospasmus. Eine Tränenspur unterhalb des Auges weist auf eine länger andauernde Schmerzhaftigkeit des Auges hin. [...] Die Pupille ist sehr eng (Miosis) und nicht responsiv. Der Bereich des Glaskörpers ist (soweit einsehbar) gelb-grün verfärbt, [...] Im Umgang zeigt das Pferd eine hochgradige Einschränkung der Sehkraft auf der linken Seite und ist extrem schreckhaft und nervös. [...].“
Die Klägerin erklärte mit anwaltlichem Schreiben ihres jetzigen Prozessbevollmächtigten vom 28.12.2016 erneut den Rücktritt vom Kaufvertrag und forderte die Beklagte auf, den Kaufpreis zurückzuzahlen und das Pferd am derzeitigen Standort abzuholen. Der Rücktritt wurde auf eine Augenerkrankung gestützt, die sich aus dem anliegenden tierärztlichen Befundbericht ergebe.
Die Klägerin behauptet, das Pferd leide an einer periodischen Augenentzündung.
Die Beklagte behauptet, zum Zeitpunkt der Übergabe des Pferdes habe keine Augenentzündung des Pferdes vorgelegen.
Die Beklagte ist der Ansicht, die Klägerin habe einen mangelhaften Zustand nicht nachgewiesen. Mangels Nachweis der Mangelhaftigkeit seien die Aufforderung zur Nachbesserung und der Rücktritt unwirksam. Selbst wenn eine Augenentzündung vorläge, begründe dies keinen Sachmangel.
Die Beklagte macht geltend, bei dem Pferd habe unmittelbar vor Übergabe kein Krankheitszustand vorgelegen. In der Besitzzeit der Beklagten sei das Pferd nicht unsicher, unrittig, schreckhaft und nervös gewesen. Ein Mangel, der vor Gefahrübergang nicht durch Symptome in Erscheinung getreten sei, sei nicht mit der Vermutungswirkung des § 477 BGB vereinbar. Die Klägerin habe der Beklagten wegen der Augenentzündung keine Nachbesserungsfrist gesetzt.
Sie macht weiter geltend, bezüglich der geltend gemachten Unterhaltskosten und Transportkosten sehe § 4 des Kaufvertrages einen Ausschluss vor.
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