Die Klägerin macht gegen die Beklagte Ansprüche aus einem
Reitunfall geltend. Die Beklagte ist Eigentümerin und Halterin des Reitpferdes „U.“. Das Tier, ein ruhiges und zuverlässiges Pferd, dient zu privaten Reitzwecken und ist in den Stallungen auf dem Hof M. in S. untergebracht.
Die Parteien schlossen am 30.01.2007 einen schriftlichen Vertrag, mit dem sich die Beklagte verpflichtete, der Klägerin das Pferd an drei Tagen in der Woche zum Reiten/ Pflegen zur Verfügung zu stellen.
Die Klägerin verzichtete in dem Vertrag auf Ansprüche gegen die Beklagte aus
§ 833 BGB wegen aller durch das Pferd verursachten Schäden, soweit diese nicht durch die für das Pferd bestehende Tierhalterhaftpflichtversicherung abgedeckt waren. Sie versicherte ferner, dass ihre mit der Ausübung des Reitsports verbundenen Risiken durch den Abschluss einer Unfallversicherung soweit wie möglich abgedeckt waren und dass der Umgang mit dem Pferd und das Reiten auf diesem in Kenntnis der damit verbundenen Tiergefahren auf eigene Verantwortung erfolgte.
Gemäß einer zusätzlichen mündlichen Vereinbarung zwischen den Parteien zahlte die Klägerin als Gegenleistung monatlich 50,00 € an die Beklagte und besorgte ab und zu Futter für das Pferd.
Am 28.12.2007 unternahm die Klägerin mit dem Pferd einen Ausritt in ein Waldgebiet bei S.. Die Klägerin ist eine langjährige, erfahrene Reiterin; sie hatte zu dem Zeitpunkt auch hinreichende Erfahrung im Umgang mit „U.“.
Im Verlauf des Ausrittes kam die Klägerin aus streitiger Ursache zu Sturz und verletzte sich schwer. Sie wurde auf einem engen und unbefestigten „Trampelpfad“ am Boden liegend aufgefunden. Zu dem Zeitpunkt trug die Klägerin keine Reiterkappe. Das Pferd lief nach dem Unfall eigenständig zu den Stallungen zurück.
Die Klägerin zog sich bei dem Sturz eine Hirnblutung, eine Skalpierungsverletzung, Brüche von Brustwirbelkörpern und Rippen sowie eine Lungenverletzung zu. Sie befand sich kurzfristig in Lebensgefahr und lag bis zum 04.01.2008 auf einer chirurgischen Intensivstation. Die Verletzungen im Bereich der Brustwirbelsäule mussten durch Anbringung eines Titangestells operativ stabilisiert werden; der Fixateur konnte bis heute nicht entfernt werden. Es folgten mehrfache stationäre Krankenhausaufenthalte und stationäre sowie ambulante Reha-Maßnahmen. Die Klägerin war bis zum 31.08.2008
arbeitsunfähig. Der Kreis Gütersloh stellte mit Bescheid vom 16.09. 2008 einen Grad der Behinderung von 50 % fest.
Die Haftpflichtversicherung der Beklagten lehnte vorprozessual eine Haftung für die Folgen des Reitunfalls der Klägerin ab.
Die Klägerin, die keine Erinnerung an das Unfallgeschehen hat, behauptet, der einzige denkbare Geschehensablauf sei, dass das Pferd „U.“ unerwartet gescheut habe, durchgegangen sei und sie dabei infolge einer Kollision mit einem Ast oder einem Baumstamm zu Sturz gekommen sei. Sie sei auf einer ihr wohlbekannten Strecke unterwegs gewesen, Hindernisse seien dort auch nach dem Orkan „Kyrill“ nicht vorhanden gewesen, wie sie bei unzähligen Ritten nach dem Orkan festgestellt habe. Sie sei eine besonnene Reiterin gewesen, die den Trab oder normalen Schritt bevorzugt habe. Auf dem „Trampelpfad“, auf dem sie vom Pferd gestürzt sei, sei sie stets im Schritt geritten. Sie habe bei dem Ausritt eine Reiterkappe getragen, die sie bei dem Unfall verloren habe; die Kappe sei später von Spaziergängern gefunden worden.
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Zahlung eines Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 40.000,00 €, da ihre körperliche Leistungsfähigkeit derzeit und vermutlich auch dauerhaft um 50 % vermindert sei. Ferner begehrt sie Ersatz eines Verdienstausfallschadens in Form der Differenz zwischen dem Krankengeld und ihrem Nettolohn für den Zeitraum vom 11.02.2008 bis zum 30.09.2008 in Höhe von 5.682,97 € mit der Behauptung, ab Januar 2008 sei eine Gehaltserhöhung für ihre Tätigkeit in der Rechtsanwaltskanzlei ihres Ehemannes geplant gewesen. Ab dem Monat Juli 2010 macht die Klägerin einen Erwerbsminderungsschaden von 3.438,88 € / Monat geltend, da sie die Absicht und konkrete Aussicht gehabt habe, ihre frühere Tätigkeit als Agrarwissenschaftlerin wieder aufzunehmen. Schließlich verlangt sie Erstattung der Kosten für einen behindertengerechten Umbau des Badezimmers in Höhe von 12.625,36 € sowie die Feststellung der Haftung der Beklagten für Zukunftsschäden.
Die Beklagte bestreitet den Unfallhergang mit Nichtwissen und behauptet, es sei eine Vielzahl von Gründen für den Sturz der Klägerin denkbar. Die Schäden durch „Kyrill“ seien auf den Wegen¸ auf denen die Klägerin unterwegs gewesen sei, noch nicht beseitigt gewesen. Teilweise hätten noch entwurzelte Bäume kreuz und quer gehangen, ein umgestürzter Baum habe sich in unmittelbarer Nähe der Unfallstelle befunden. Die Klägerin sei mit dem Pferd gern schnell galoppiert und hätte gern noch mehr aus dem Pferd herausgeholt. Sie sei am Unfalltag – wie stets – ohne Reitkappe unterwegs gewesen; das sei die wesentliche Ursache ihrer Verletzungen gewesen. Ferner wendet die Beklagte ein, Ansprüche der Klägerin seien auch aus verschiedenen Rechtsgründen ausgeschlossen.
Hierzu führte das Gericht aus:
Die Klägerin hat gegen die Beklagte keine Ansprüche aus § 833 S. 1 BGB, der einzig in Betracht kommenden Anspruchsgrundlage.
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