Wozu der Mietvertrag Sie wirklich verpflichtet: ➠ Lassen Sie Ihren Vertrag prüfenDas Mietrecht für Gewerbeimmobilien ist von einer teilweise unübersichtlichen Gesetzeslage und einer sich stetig wandelnden Rechtsprechung geprägt. Anders als im Wohnraummietrecht genießen gewerbliche Vermieter und Mieter eine weitaus größere Vertragsfreiheit. Diese Freiheit birgt jedoch erhebliche Risiken. Gewerbliche Vermieter und Mieter stehen gleichermaßen vor rechtlichen Herausforderungen, wenn es um die Gestaltung, den Abschluss, die Änderung und die Beendigung von Miet- und Pachtverträgen geht. Ein unzureichendes Vertragsmanagement kann schnell zu existenziellen wirtschaftlichen Nachteilen führen. Darüber hinaus sind Abmahnungen ein häufig auftretendes Thema, das besondere Aufmerksamkeit erfordert, da sie oft die Vorstufe zu einer Kündigung oder zu Schadensersatzforderungen darstellen.
Gewerbemietvertrag als Basis für das Mietverhältnis
Der Grundstein für ein erfolgreiches gewerbliches Mietverhältnis ist ein solider Miet- oder Pachtvertrag. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass dieser den spezifischen Anforderungen und Bedürfnissen der Parteien entspricht und gleichzeitig den aktuellen rechtlichen Standards gerecht wird. Die Qualität eines Miet- oder Pachtvertrags ist entscheidend für das langfristige Mietverhältnis. Ein gut ausgearbeiteter Vertrag kann Streitigkeiten vorbeugen und ein reibungsloses Mietverhältnis gewährleisten. Schlüsselfaktoren sind hierbei insbesondere die Regelungen zur Miete, zu den
Nebenkosten, zur Laufzeit, zur Nutzung der Immobilie sowie zur
Instandhaltung.
Schriftform oder Textform für den Vertragsabschluss?
Seit dem 1. Januar 2025 gilt für langfristige Gewerbemietverträge (über ein Jahr) die Textform anstelle der Schriftform. Das bedeutet, dass E-Mails, PDFs oder andere elektronische Dokumente ausreichen, um den Vertrag wirksam abzuschließen; eine eigenhändige Unterschrift ist nicht mehr zwingend erforderlich.
Verträge, die vor diesem Datum geschlossen wurden, unterliegen bis zum 31. Dezember 2025 einer Übergangsfrist, in der weiterhin die alte Schriftform gilt. Wird ein Altvertrag nach dem 1. Januar 2025 geändert, gilt die neue Regelung für den gesamten Vertrag und die Textform ist für die Änderung ausreichend.
Wird die notwendige Form nicht eingehalten, gilt der Vertrag als auf unbestimmte Zeit geschlossen und kann von beiden Parteien ordentlich gekündigt werden.
Ein häufiges Problem entsteht, wenn auf Mieter- oder Vermieterseite eine Gesellschaft oder eine Personenmehrheit steht. Grundsätzlich müssen alle Beteiligten die einheitliche Urkunde unterschreiben. Weicht dies ab, weil beispielsweise eine Person eine andere vertreten soll, muss dies durch einen Vertretungszusatz kenntlich gemacht werden, der klarstellt, dass der Unterzeichner eine entsprechende Vertretungsmacht in Anspruch nimmt und nicht etwa noch eine Unterschrift fehlt (vgl. BGH, 11.09.2002 - Az: XII ZR 187/00). Dies gilt etwa bei der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (vgl. BGH, 05.11.2003 - Az:
XII ZR 134/02) oder der Aktiengesellschaft (vgl. BGH, 04.11.2009 - Az:
XII ZR 86/07). Durch die Textformerfordernis dürfte diese Hürde jedoch bei neuen Verträgen einfach zu umschiffen sein.
Betriebskosten: Streitthema auch im Gewerbemietrecht
In gewerblichen
Mietverträgen sind Nebenkostenabrechnungen schwieriger zu überblicken. Anders als im Wohnraummietrecht können Vermieter hier oft mehr Kosten auf die Mieter umlegen. Dies setzt jedoch eine wirksame und transparente Vereinbarung voraus. So ist die Umlage von reinen Verwaltungskosten oder Kosten des Gebäudemanagements bei der Gewerberaummiete zwar grundsätzlich zulässig, bedarf aber einer ausdrücklichen Vereinbarung. Eine solche Klausel muss sich am Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB messen lassen. Eine pauschale Umlage der Kosten des „Gebäudemanagements“ kann als intransparent und überraschend gewertet werden, da dies weitgehend originäre Eigentümerinteressen betrifft (vgl. LG Hamburg, 08.09.2017 - Az:
316 O 83/16).
Auch die Umsatzsteuer auf Nebenkosten bietet Anlass für Streit. Haben die Parteien vereinbart, dass der Mieter die Umsatzsteuer übernimmt, kann der Vermieter diese nur verlangen, wenn er selbst tatsächlich umsatzsteuerpflichtig ist. Der Vermieter kann auf die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 12 lit. a UStG nur verzichten, wenn der Mieter Unternehmer ist und die Räume für unternehmerische Zwecke nutzt (vgl. BGH, 15.01.2025 - Az:
XII ZR 29/24).
Eine Betriebskostenabrechnung muss auch im Gewerbemietrecht bestimmte formelle Mindestanforderungen erfüllen, um überhaupt wirksam zu sein. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs genügt eine Abrechnung den Anforderungen, wenn sie den allgemeinen Anforderungen des § 259 BGB entspricht, also eine geordnete Zusammenstellung der Einnahmen und Ausgaben enthält. Zwingend aufzunehmen sind: eine Zusammenstellung der Gesamtkosten, die Angabe und Erläuterung der zugrunde gelegten Verteilerschlüssel, die Berechnung des Anteils des Mieters und der Abzug der geleisteten Vorauszahlungen. Vermieter sind berechtigt, Belege über die Betriebskostenabrechnung ausschließlich elektronisch zum Abruf bereitzustellen oder per E-Mail zu übersenden.
Gibt eine Betriebskostenabrechnung den Umlageschlüssel nicht an, genügt sie im gewerblichen Mietrecht nicht diesen Mindestanforderungen und ist formell unwirksam (OLG Dresden, 09.08.2019 - Az:
5 U 936/19). Dies gilt jedenfalls dann, wenn auch die Umlagevereinbarung im Mietvertrag einen Umlageschlüssel nicht bestimmt. Hat der Vermieter zudem den Heizkostenverbrauch unter Verstoß gegen die Heizkostenverordnung ermittelt, ist dem Mieter eine Kürzung gemäß
§ 12 Abs. 1 S. 1 HeizkostenV zu gewähren (vgl. LG Hamburg, 08.09.2017 - Az:
316 O 83/16).
Ein wesentlicher Unterschied zum Wohnraumrecht besteht bei der Korrektur: Der Vermieter von Gewerberaum ist für die Abrechnung der Betriebskosten nicht an die Ausschlussfrist des
§ 556 Abs. 3 S. 3 BGB gebunden. Er kann eine Abrechnung daher auch nachträglich noch korrigieren, selbst wenn dies zu einer Nachforderung führt (vgl. OLG Brandenburg, 23.05.2023 - Az:
3 U 94/22). Die Möglichkeit zur Berichtigung unterliegt als solche nicht der Verjährung. Für einen Nachzahlungsanspruch beginnt die Verjährung erst mit dem Zugang der (berichtigten) Abrechnung.
Die Möglichkeit zur Nachforderung unterliegt der Anspruch der Regelverjährung. Diese kann durch Verhandlungen gehemmt werden (§ 203 BGB), endet aber, wenn die Verhandlungen einschlafen. Eine Hemmung tritt auch durch die Zustellung eines Mahnbescheides ein, wobei dieser auf den Zeitpunkt der Einreichung zurückwirkt, wenn die Zustellung „demnächst“ im Sinne des § 167 ZPO erfolgt (vgl. LG Hamburg, 08.09.2017 - Az:
316 O 83/16).
Zum anderen kann der Anspruch verwirkt sein. Ein Recht ist verwirkt, wenn der Berechtigte es über einen längeren Zeitraum nicht geltend macht (Zeitmoment) und der Verpflichtete sich darauf einrichten durfte und eingerichtet hat, dass das Recht nicht mehr geltend gemacht wird (Umstandsmoment). Allein die Untätigkeit des Vermieters reicht für das Umstandsmoment nicht aus. Der Mieter muss darauf vertraut haben und entsprechend wirtschaftlich disponiert haben. Bei der kurzen dreijährigen Verjährungsfrist von Betriebskostenansprüchen kann eine Verwirkung davor nur aus ganz besonderen Gründen angenommen werden (vgl. OLG Brandenburg, 23.05.2023 - Az:
3 U 94/22).
Für das Zeitmoment ist nach Ansicht des Landgerichts Krefeld nicht die Verjährungsfrist, sondern die Jahresfrist des § 556 Abs. 3 BGB als Maßstab heranzuziehen, auch wenn diese im Gewerberecht nicht als Ausschlussfrist gilt (LG Krefeld, 04.05.2023 - Az:
2 S 32/22). Der Zweck der Frist – schnelle Abrechnung und Vermeidung von Streit über lange zurückliegende Kosten – sei derselbe. Das Umstandsmoment bejahte das LG Krefeld in einem Fall, in dem der Vermieter im Zuge der Rückforderung der Kaution zwar andere Forderungen thematisierte, nicht aber die bereits erstellte Betriebskostenabrechnung. Dies sei ein starkes Signal, dass auf diese Ansprüche verzichtet werde.
Konfliktmanagement bei Mängeln, Minderung und Abmahnung
Treten
Mängel an der Mietsache auf, sind Auseinandersetzungen oft vorprogrammiert. Im Gewerberaummietrecht ist es üblich, die Rechte des Mieters durch Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) einzuschränken. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs benachteiligen Klauseln den Mieter nicht unangemessen, die ihn bei einem Mangel zunächst zur vollen Mietzahlung verpflichten und ihn wegen der Überzahlung auf einen Rückzahlungsanspruch (§ 812 BGB) verweisen. Wirksam sind daher AGB-Klauseln, die eine Minderung oder Aufrechnung davon abhängig machen, dass der Anspruch unbestritten oder rechtskräftig festgestellt ist und dies dem Vermieter schriftlich angekündigt wurde (vgl. OLG Frankfurt, 15.02.2023 - Az:
2 U 180/21).
Will der Mieter Rechte wegen eines Mangels geltend machen, etwa eine Minderung oder eine Kündigung, muss er den Mangel substantiiert darlegen. Die Anforderungen hieran dürfen jedoch nicht überspannt werden. Der Bundesgerichtshof (18.12.2019 - Az:
XII ZR 67/19) stellte klar, dass eine Partei ihren Substantiierungspflichten genügt, wenn sie Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht als bestehend erscheinen zu lassen. Leitet der Mieter Rechte aus einem Mangel ab, genügt er seiner Darlegungslast mit einer hinreichend genauen Beschreibung der Mangelerscheinungen („Mangelsymptome“). Von ihm ist nicht zu verlangen, dass er auch die – ihm häufig nicht bekannte – Ursache dieser Symptome bezeichnet.
Beendigung des Vertrags: Kündigung und Rückgabe
Die Kündigung eines gewerblichen Mietvertrags unterliegt besonderen Regeln. Neben der ordentlichen Kündigung bei unbefristeten Verträgen ist die außerordentliche fristlose Kündigung aus wichtigem Grund (
§ 543 BGB) von großer praktischer Bedeutung.
Ein wichtiger Grund kann auch in der Verletzung einer Nebenpflicht liegen. Entscheidend ist, ob die Pflichtverletzung so schwer wiegt, dass dem Kündigenden die Fortsetzung des Vertrags unzumutbar ist. Das OLG München (13.01.2025 - Az:
32 U 3042/24 e) bejahte dies im Fall eines Vermieters, der seine vertragliche Pflicht zur Bereitstellung eines Kantinenbetriebs nicht erfüllte. Die Bereitstellung von Food-Trucks als Übergangslösung wurde nicht als gleichwertiger Ersatz angesehen. Da die Kantine für den Mieter von wesentlicher Bedeutung war, stellte die Nichteinhaltung eine erhebliche Vertragsverletzung dar, die zur Kündigung berechtigte.
Bei Mängeln erfordert die außerordentliche Kündigung gemäß § 543 Abs. 3 BGB in der Regel den fruchtlosen Ablauf einer zur Mangelbeseitigung gesetzten Frist. Diese Fristsetzung kann jedoch ausnahmsweise entbehrlich sein. Das OLG Dresden (12.08.2016 - Az:
5 U 182/16) entschied, dass eine Fristsetzung nach § 543 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 BGB nicht erforderlich ist, wenn die Parteien vertraglich (etwa bei einer Baufeuchte) einen bestimmten Termin für die Mängelfreiheit als zentralen Bestandteil des Gebrauchs vereinbart haben und dieser Termin verstrichen ist.
Endet das Mietverhältnis, ist der Mieter zur Räumung und Rückgabe verpflichtet. Verletzt er diese Pflicht, kann der Vermieter Schadensersatz fordern. Dieser steht ihm jedoch grundsätzlich nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281 BGB zu. Regelmäßig ist erforderlich, dass dem Mieter eine Frist zur Erfüllung der Räumungs- und Rückgabepflicht gesetzt wurde (vgl. LG Darmstadt, 16.12.2024 - Az:
18 O 6/23).