Klarheit über den Unterhalt verschafft eine anwaltliche ➠ UnterhaltsberechnungWill ein minderjähriges oder volljähriges unverheiratetes
unterhaltsberechtigtes Kind ausziehen, so kann nicht in jedem Fall von den Eltern Unterhalt verlangt werden.
§ 1612 Abs. 2 S. 1 BGB sieht vor, dass die Eltern frei darüber bestimmen können, in welcher Art und Weise und für welchen Zeitraum im Voraus der Unterhalt gewährt werden soll (sogen. Bestimmungsberechtigung).
Im Klartext bedeutet dies, dass die Entscheidung darüber, ob der Unterhalt als Barunterhalt oder als Naturalunterhalt geleistet wird, in der Regel (allein) den Eltern obliegt. Das Kind kann nicht auf einer bestimmten Form bestehen.
Wie unterscheidet sich der Barunterhalt vom Naturalunterhalt?
Wird Naturalunterhalt geleistet, so umfasst dies Kost und Logis und weitere Ausgaben für Kind. Beim Barunterhalt wird dagegen ein bestimmter Geldbetrag geleistet, der alle Ausgaben des Unterhaltsberechtigten abdecken soll. In der Regel bestimmt sich dessen Höhe nach der
Düsseldorfer Tabelle.
Interessenabwägung ist notwendig!
Das Bestimmungsrecht der Eltern über die Unterhaltsform unterliegt jedoch Grenzen, weil auch auf die Belange des Kindes die erforderliche Rücksicht genommen werden muss.
Dies bedeutet, dass im Streitfall zu prüfen ist, ob im Rahmen der Interessenabwägung angemessen Rücksicht auf das unterhaltsberechtigte Kind genommen wurde. Ist dies nicht der Fall, so ist die Bestimmung der Eltern über die Form des Unterhalts unwirksam. In diesem Fall werden die Eltern im Rahmen eines Unterhaltsprozesses zur Zahlung von Barunterhalt verurteilt werden. Ist die Bestimmung hingegen wirksam, so ist diese auch bindend - und zwar für beide Seiten.
Eine Klage des Kindes, das doch lieber Barunterhalt hätte, ist also bei einer wirksamen Bestimmung des Naturalunterhalts abzuweisen.
Auch den anderen Elternteil kann das Kind in diesem Fall nicht auf Zahlung von Barunterhalt in Anspruch nehmen, da der Bedarf dadurch gedeckt werden könnte, dass der angebotene Naturalunterhalt vom Kind angenommen wird.
Wem steht das Bestimmungsrecht zu?
Das Bestimmungsrecht gegenüber minderjährigen Kindern wird von den Eltern gemäß
§ 1627 BGB gemeinsam und einvernehmlich ausgeübt.
Nur wenn die Eltern getrennt leben oder geschieden sind, wird das Bestimmungsrecht als Teil der
Personensorge von dem sorgeberechtigten Elternteil ausgeübt bzw. bei gemeinsamer Sorge von dem Elternteil, bei dem das Kind lebt und von dem es nach
§ 1629 Abs. 2 BGB vertreten wird.
Bei volljährigen Kindern steht das Bestimmungsrecht jedem Elternteil zu, der vom Kind auf Unterhalt in Anspruch genommen wird, wenn der Elternteil den gesamten Unterhalt anbietet und auch zur Leistung in der Lage ist.
Sofern im Rahmen einer Trennung oder Scheidung auch eine Kindesunterhaltsvereinbarung getroffen wurde, nach der ein Elternteil Barunterhalt zu leisten hat, so gilt diese auch weiterhin. Eine einseitige Abänderung ist in diesem Fall nicht möglich - auch dann nicht, wenn das Kind bei Abschluss der Kindesunterhaltsvereinbarung noch nicht volljährig war.
Wann ist der Verbleib im Elternhaus unzumutbar?
Bei der Interessenabwägung ist seitens der Eltern insbesondere zu berücksichtigen, dass eine wirtschaftliche Überforderung bei der Ausbildung des Kindes - etwa durch eine längere Ausbildungszeit oder zunehmende Ausbildungskosten - vermieden werden soll. Deshalb ist auch volljährigen Kindern ein Verbleib im Elternhaus zuzumuten. Nur wenn gewichtige Gründe hiergegen sprechen, gilt ein anderes. Dies wäre beispielsweise dann der Fall, wenn der Studien- oder Ausbildungsort vom Elternhaus aus nur schwer zu erreichen wäre und aufgrund der langen Fahrtzeiten eine tägliche Rückkehr dem Kind nicht zumutbar wäre.
Der reine Wunsch des Ausziehens oder des Zusammenziehens mit einem oder mehreren Freunden ist hingegen kein ausreichender Wunsch, um der Unterhaltsbestimmung der Eltern entgegenzutreten.
Nur dann, wenn das Kind bereits einen eigenen Hausstand geführt hat und nun aufgrund der Unterhaltsbestimmung in das Elternhaus zurückkehren soll, müssen die Interessen der Eltern dann hinter die des Kindes zurücktreten, da dies den Belangen des Kindes zuwiderlaufen würde.
Besteht jedoch eine tief greifende Entfremdung zwischen dem bestimmenden Elternteil und dem unterhaltsberechtigten Kind, die auf unangemessene Erziehungsmaßnahmen zurückzuführen ist, so kann eine Unterhaltsbestimmung in Form von Naturalunterhalt unwirksam sein.
Eine Rückkehr in den Haushalt des Unterhaltspflichtigen durch Unterhaltsbestimmung kann weiterhin dann nicht erzwungen werden, wenn das Kind mit dem anderen Elternteil stärker verbunden ist und deshalb mit Volljährigkeit bereits zu diesem gezogen ist.
Wenn das Kind dem Bestimmungsrecht nicht folgen will ...
Für den Fall, dass ein volljähriges Kind dem wirksam ausgeübten Bestimmungsrecht nicht Folge leistet, verliert es seinen Unterhaltsanspruch (OLG Brandenburg, 18.10.2007 - Az:
9 WF 288/07).
Denn das Recht des volljährigen Kindes auf die freie Selbstbestimmung tritt hinter dem elterlichen Bestimmungsrecht grundsätzlich zurück, da die Beachtung der finanziellen Interessen der Kindeseltern Vorrang genießt. Insoweit wird auch das Recht des Kindes, seinen Wohnsitz selbst zu bestimmen, eingeschränkt.
Die Belange des Kindes haben nur in Ausnahmefällen Vorrang, soweit schwerwiegende Gründe vorhanden sind, die ein Zusammenleben mit dem Elternteil bzw. die sonstige Annahme der durch das Bestimmungsrecht vorgegebenen Entgegennahme des Unterhaltes entgegenstehen (OLG Brandenburg, 21.05.2008 - Az:
9 WF 116/08).
Kinder haben kein Recht auf Verbleib in der elterlichen Wohnung!
Aus den bereits dargestellten Gründen kann sich ein volljähriges Kind auch nicht gegen die Entscheidung für Barunterhalt wenden, wenn das Bestimmungsrecht wirksam ausgeübt wurde. Das Kind kann also kein Recht dahingehend durchsetzen, dass es im elterlichen Haushalt wohnen bleiben kann. Wird dem Kind Barunterhalt gezahlt, so können die Eltern von Ihrem Kind verlangen, dass es auszieht, da den Eltern das Hausrecht zusteht.