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Erbverzichtsvertrag: Ist das gleichbedeutend mit Erbe ausschlagen?

Familienrecht | Lesezeit: ca. 13 Minuten

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Im Erbrecht existieren verschiedene Möglichkeiten, auf eine Erbschaft zu verzichten. Zwei Begriffe, die in diesem Zusammenhang häufig fallen, sind der Erbverzicht und die Erbausschlagung. Obwohl sie im Ergebnis ähnlich klingen mögen – in beiden Fällen erhält eine Person keinen Anteil am Nachlass –, handelt es sich um grundlegend verschiedene rechtliche Vorgänge. Der wesentliche Unterschied liegt im Zeitpunkt und in der Art der Erklärung: Der Erbverzicht ist ein Vertrag zu Lebzeiten des Erblassers, während die Erbausschlagung eine einseitige Erklärung nach dem Tod des Erblassers ist.

Erbverzicht: vertragliche Regelung zu Lebzeiten

Der Erbverzicht ist ein rechtliches Gestaltungsmittel, das es potenziellen Erben ermöglicht, schon zu Lebzeiten des zukünftigen Erblassers verbindlich auf ihr Erbe zu verzichten. Es handelt sich hierbei um einen formbedürftigen Vertrag, der zwischen dem Erblasser und einem seiner gesetzlichen Erben, beispielsweise einem Kind oder dem Ehegatten, geschlossen wird.

Die rechtliche Folge eines solchen Vertrages ist gravierend: Der Verzichtende wird gemäß § 2346 BGB von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen. Er wird rechtlich so behandelt, als hätte er zum Zeitpunkt des Erbfalls nicht mehr gelebt. Dies führt unmittelbar zu einer Veränderung der gesetzlichen Erbfolge, da der Erbteil des Verzichtenden den übrigen Erben anwächst und sich deren Erbquoten entsprechend erhöhen. Ein umfassender Erbverzicht schließt dabei automatisch auch den Anspruch auf den Pflichtteil aus, wie es in § 2346 Absatz 1 Satz 2 BGB festgelegt ist.

Für die Wirksamkeit eines Erbverzichtsvertrages schreibt das Gesetz strenge Formvorschriften vor. Der Vertrag muss zwingend notariell beurkundet werden (§ 2348 BGB), um gültig zu sein. Eine privatschriftliche Vereinbarung ist unwirksam. Dabei muss der Erblasser den Vertrag persönlich abschließen; eine Vertretung ist für ihn nicht zulässig (§ 2347 Absatz 2 BGB). Der Verzichtende hingegen kann sich bei der Beurkundung vertreten lassen.

Besondere Aufmerksamkeit verdient die Wirkung des Verzichts auf die Nachkommen des Verzichtenden. Sofern im Vertrag nichts anderes geregelt ist, erstreckt sich der Verzicht auch auf die Abkömmlinge, also die Kinder und Enkelkinder, der verzichtenden Person (§ 2349 BGB). Dies kann zur Folge haben, dass auch die Enkel des Erblassers leer ausgehen, wenn ihr Elternteil einen Erbverzicht erklärt hat (vgl. OLG Köln, 02.06.2021 - Az: 2 Wx 145/21).

Erbausschlagung: Entscheidung nach dem Erbfall

Im Gegensatz zum Erbverzicht erfolgt die Erbausschlagung immer erst nach dem Eintritt des Erbfalls. Fällt eine Erbschaft an, hat der berufene Erbe die Wahl, diese anzunehmen oder auszuschlagen. Die Ausschlagung ist eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung des Erben, die gegenüber dem Nachlassgericht erklärt werden muss. Einer Zustimmung anderer Personen, etwa des Erblassers oder anderer Erben, bedarf es hierfür nicht.

Der häufigste Grund für eine Erbausschlagung ist ein überschuldeter Nachlass. Nimmt ein Erbe die Erbschaft an, haftet er grundsätzlich auch für die Schulden des Erblassers. Durch die Ausschlagung kann er sich dieser Haftung entziehen. Mit der wirksamen Ausschlagung verliert der Erbe jedoch sämtliche Rechte am Nachlass, einschließlich eines möglichen Pflichtteilsanspruchs.

Für die Ausschlagung gilt eine strikte Frist von sechs Wochen. Diese Frist beginnt in dem Moment, in dem der Erbe von dem Anfall der Erbschaft und dem Grund seiner Berufung als Erbe Kenntnis erlangt. Die Erklärung der Ausschlagung muss entweder direkt beim zuständigen Nachlassgericht zu Protokoll gegeben oder in notariell beglaubigter Form dort eingereicht werden.

Abgrenzung zur Enterbung und anderen Verzichtsarten

Neben dem Erbverzicht und der Ausschlagung gibt es weitere erbrechtliche Begriffe, die klar voneinander abzugrenzen sind. Die Enterbung ist eine einseitige Anordnung des Erblassers in seinem Testament oder einem Erbvertrag, durch die ein gesetzlicher Erbe von der Erbfolge ausgeschlossen wird. Im Gegensatz zum Erbverzicht ist hierfür keine Zustimmung des betroffenen Erben erforderlich; er erfährt davon oft erst nach dem Tod des Erblassers. Ein entscheidender Unterschied besteht darin, dass die Enterbung den Pflichtteilsanspruch des gesetzlichen Erben unberührt lässt. Der Enterbte kann also immer noch die Hälfte seines gesetzlichen Erbteils als Geldanspruch von den Erben fordern. Der Entzug des Pflichtteils ist nur unter den extrem engen Voraussetzungen des § 2333 BGB möglich, etwa bei schweren Verfehlungen gegenüber dem Erblasser.

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Stand: 02.10.2025
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