Die Antragsteller wenden sich im Wege vorläufigen Rechtsschutzes gegen die ihnen durch Verwaltungsakt der Antragsgegnerin auferlegte Masken- und Testpflicht an Schulen.
Hierzu führte das Gericht aus:
Der Antrag auf vorläufigen Rechtschutz hat Erfolg.
In formeller Hinsicht dürfte die Anordnung sofortiger Vollziehung in Ziff. 0 des Muster-Corona-Hygieneplans allerdings den Vorgaben des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO - noch - genügen. Danach ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen.
Zwar wird angenommen, dass eine auf die Umstände des konkreten Falles bezogene Darlegung des besonderen Interesses gerade an der sofortigen Vollziehbarkeit des Verwaltungsakts notwendig sei; auch in denjenigen Fällen, in denen in der Sache eine (Teil-)Identität zwischen dem Erlassinteresse am Verwaltungsakt und dem besonderen Vollziehbarkeitsinteresse bestehe, erlaube das Gesetz keinen Verzicht auf die Begründung und auch nicht den Gebrauch nichtssagender, formelhafter Wendungen. Dies dürfte grundsätzlich darauf führen, in der behördlichen Begründung Ausführungen gerade zu der Frage des Zeitmoments oder der Dringlichkeit einer sofortigen Vollziehung trotz eines etwaigen Rechtsbehelfsverfahrens in der Hauptsache zu erwarten.
Doch dürfte ausgehend von der Hauptfunktion des formellen Begründungserfordernisses, dass sich die Behörde der besonderen Ausnahmesituation bewusst wird, wenn sie die sofortige Vollziehung anordnet, hinreichen, wenn die Anordnung der sofortigen Vollziehung gesondert schriftlich begründet wird und diese Begründung erkennen lässt, dass die Behörde im Einzelfall einer Gefahr zu begegnen sucht, die aus ihrer Sicht bereits während eines etwaigen Rechtsbehelfsverfahrens in der Hauptsache sich in einem Schaden zu verwirklichen droht. So wird etwa im Straßenverkehrsrecht in geeigneten Fällen angesichts der Gefahren insbesondere für die körperliche Unversehrtheit zugrunde gelegt, dass bei der Anordnung sofortiger Vollziehung nicht stärker auf die Umstände des konkreten Einzelfalls eingegangen werden muss. Im Recht der Gefahrenabwehr sind die Überlegungen zum Erlass einer Verfügung oftmals identisch mit den Erwägungen zum Sofortvollzug.
In materieller Hinsicht fehlt es indessen an einem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung der angefochtenen Ziff. 1.2 und Ziff. 3 des Muster-Corona-Hygieneplans, das gegenüber dem Interesse der Antragsteller an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Widersprüche überwöge. Die eingelegten Widersprüche haben nach § 68 Abs. 1 Satz 1 VwGO voraussichtlich Erfolg. Nach dem Erkenntnisstand des Verfahrens vorläufigen Rechtsschutzes ist der Verwaltungsakt, soweit angefochten, rechtswidrig und verletzt die Antragsteller dadurch in ihren Rechten. Die Eingriffe in die subjektiven Rechte der Antragsteller durch die Testpflicht nach Ziff. 1.2 sowie die Maskenpflicht nach Ziff. 3 des durch die Behörde für Schule und Berufsbildung der Antragsgegnerin erlassenen Muster-Corona-Hygieneplan dürften gegenwärtig keine hinreichende Grundlage in geltenden Vorschriften des objektiven Rechts finden.
Als Rechtsgrundlage der Eingriffe dürfte allein § 8 HmbSARS-CoV-2-EindämmungsVO in Betracht kommen.
Eingriffe in subjektive Rechte bedürfen einer sie rechtfertigenden Grundlage in einer Vorschrift des objektiven Rechts. Selbst keine Rechtsgrundlage enthält die von der Bürgerschaft der Antragsgegnerin in der Sitzung vom 30. März 2022 getroffene Feststellung (Bekanntmachung v. 31.3.2022, HmbGVBl. S. 195), dass in der Freien und Hansestadt Hamburg durch eine epidemische Ausbreitung der Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19) die konkrete Gefahr einer sich dynamisch ausbreitenden Infektionslage bestehe sowie konkrete Maßnahmen nach § 28a Abs. 8 Satz 1 Nr. 1, 3 und 4 IfSG Anwendung fänden. Es handelt sich nicht um einen Rechtssetzungsakt, wie ein von der Bürgerschaft nach Art. 48 Abs. 2 Alt. 1 HmbVerf beschlossenes Landesgesetz, dessen Erlass nach Art. 80 Abs. 4 GG i.V.m. § 32 Satz 1 IfSG anstelle einer Rechtsverordnung möglich gewesen wäre. Vielmehr dient der ergangene Parlamentsbeschluss lediglich als formelle Voraussetzung für den Erlass einer Rechtsverordnung.
Die HmbSARS-CoV-2-EindämmungsVO ist als Rechtsverordnung nach Art. 80 Abs. 1 GG eine Rechtvorschrift. Erlassen hat sie die Behörde für Arbeit, Gesundheit, Soziales, Familie und Integration der Antragsgegnerin gestützt auf § 32 Satz 1 IfSG und die Verordnung zur Weiterübertragung bestimmter Ermächtigungen zum Erlass von Rechtsverordnungen nach dem IfSG (v. 8.1.2021, HmbGVBl. S. 9). Der Bundesgesetzgeber ermächtigt in § 32 Satz 1 IfSG die Landesregierungen, unter den Voraussetzungen, die für Maßnahmen nach den §§ 28, 28a und 29 bis 31 IfSG maßgebend sind, auch durch Rechtsverordnungen entsprechende Gebote und Verbote zur Bekämpfung übertragbarer Krankheiten zu erlassen. Die Landesregierungen können die Ermächtigung nach § 32 Satz 2 IfSG durch Rechtsverordnung auf andere Stellen übertragen. Der hamburgische Verordnungsgeber hat dabei in § 4 HmbSARS-CoV-2-EindämmungsVO die Maskenpflicht in Einrichtungen und Angeboten mit Publikumsverkehr sowie Veranstaltungen und Versammlungen in geschlossenen Räumen sowie in § 7 HmbSARS-CoV-2-EindämmungsVO den Zugang zu Tanzlustbarkeiten in geschlossenen Räumen, etwaig nach Nachweis eines vorherigen negativen Tests, geregelt. Diese Regelungen unmittelbar in der Rechtsverordnung sind nach der Rechtsprechung der Kammer im Verfahren vorläufigen Rechtsschutzes keinen Bedenken ausgesetzt, insbesondere dürfte die Annahme einer konkreten Gefahr einer sich dynamisch ausbreitenden Infektionslage wegen einer auf Grund einer besonders hohen Anzahl von Neuinfektionen drohenden Überlastung der Krankenhauskapazitäten in der Freien und Hansestadt Hamburg vom Einschätzungsspielraum des Normgebers gedeckt sein. Demgegenüber hat der Verordnungsgeber den Bereich der Schulen von einer Vollregelung durch Rechtsvorschrift ausgenommen. Vielmehr hat nach § 8 Abs. 1 Satz 1 HmbSARS-CoV-2-EindämmungsVO die für Schule zuständige Behörde einen Musterhygieneplan für Schulen zu erlassen, auf dessen Grundlage jede einzelne Schule einen Hygieneplan nach §§ 36 Abs. 1 Nr. 1, 33 Nr. 2 IfSG aufzustellen hat. Nach näherer Maßgabe des den Rechtsfolgen nach umfassenden Katalogs des § 8 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 bis 3 HmbSARS-CoV-2-EindämmungsVO können in dem Musterhygieneplan (Nr. 1) die Präsenzpflicht vorübergehend aufgehoben, (Nr. 2) eine Maskenpflicht angeordnet sowie (Nr. 3) eine Testpflicht verfügt werden. Tatbestandliche Voraussetzungen sind für diese Rechtsfolgen nicht normiert.
Die den Antragstellern in Ziff. 1.2 des Muster-Corona-Hygieneplans auferlegte Testpflicht dürfte durch § 8 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 HmbSARS-CoV-2-EindämmungsVO nicht gerechtfertigt sein.
Nach dieser Verordnungsbestimmung kann in dem Musterhygieneplan insbesondere der Zugang zum Schulgelände sowie die Teilnahme an schulischen Veranstaltungen für Schülerinnen und Schüler, Bedienstete der Schule sowie sonstige in der Schule beruflich tätige Personen von der Vorlage eines Testnachweises nach § 2 Abs. 7 HmbSARS-CoV-2-EindämmungsVO abhängig gemacht und eine Verpflichtung zur Testung auf einen direkten Erregernachweis des Coronavirus im Rahmen des Schulbetriebs vorgesehen werden; dies gilt auch in Bezug auf geimpfte Personen nach § 2 Abs. 8 HmbSARS-CoV-2-EindämmungsVO und genesene Personen nach § 2 Abs. 9 HmbSARS-CoV-2-EindämmungsVO; die Testung kann auch mittels Selbsttest erfolgen, wobei Schülerinnen und Schüler diesen unter der Aufsicht einer oder eines Bediensteten der Schule durchzuführen haben.
Auslegung und Anwendung dieser Verordnungsbestimmung müssen sich dabei ihrerseits nach § 32 Satz 1 IfSG an den gesetzlichen Voraussetzungen messen lassen, die für die Maßnahmen nach dem einschlägigen § 28a Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 lit b IfSG gelten. Danach kann die Verpflichtung zur Testung auf das Vorliegen einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 in Schulen unabhängig von einer durch den Deutschen Bundestag nach § 5 Abs. 1 Satz 1 IfSG festgestellten epidemischen Lage von nationaler Tragweite notwendige Schutzmaßnahme i.S.d. § 28 Abs. 1 Satz 1 und 2 IfSG sein, soweit sie zur Verhinderung der Verbreitung der Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19) erforderlich ist.
Während die Kammer dem Verordnungsgeber als exekutiven Rechtssetzer einen weiten Einschätzungsspielraum zugesteht, verhält es sich gegenüber der Behörde bei Erlass eines Verwaltungsaktes anders. Nach § 114 Satz 1 VwGO ist die gerichtliche Überprüfung der behördlichen Ermessensbetätigung bei Erlass des Verwaltungsaktes geboten. Dieser Überprüfung kommt vorliegend gesteigerte Bedeutung zu, da die Verordnungsbestimmung des § 8 Abs. 1 Satz 2 HmbSARS-CoV-2-EindämmungsVO eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht an die Einhaltung bestimmter tatbestandlicher Voraussetzungen knüpft, sondern lediglich der für Schule zuständigen Behörde umfassend Entschließungs- und darüber hinaus Auswahlermessen („kann“) darüber einräumt, ob oder welche Rechtsfolgen aus einem vorgegebenen Katalog gesetzt werden. Die in Ziff. 1.2 und Ziff. 3 des Muster-Corona-Hygieneplans enthaltenen Regelungen mögen jeweils als öffentlich bekannt gemachte Allgemeinverfügung nach § 39 Abs. 2 Nr. 5 HmbVwVfG in formeller Hinsicht keiner Begründung bedürfen. Dies dürfte die Behörde für Schule und Berufsbildung jedoch nicht in materieller Hinsicht von der Obliegenheit entheben, hinreichende Ermessenserwägungen anzustellen, die vom Gericht auf Ermessensfehler hin zu überprüfen sind. Ist die Behörde ermächtigt, nach ihrem Ermessen zu handeln, hat sie gemäß § 40 HmbVwVfG ihr Ermessen auszuüben (sonst leidet der Verwaltungsakt an einem Ermessensausfall) entsprechend dem Zweck der Ermächtigung (sonst liegt ein Ermessensfehlgebrauch vor) und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten (sonst kommt es zu einer Ermessensüberschreitung).
Ausgehend davon dürfte die durch Ziff. 1.2 des Muster-Corona-Hygieneplans auferlegte Testpflicht zumindest gegenüber geimpften Schülerinnen und Schülern wie den beiden Antragstellern ermessensfehlerhaft sein. Die Behörde für Schule und Berufsbildung dürfte bei Erlass des Verwaltungsaktes die Grenzen des ihr eingeräumten Ermessens aus mehreren selbständig tragenden Gründen überschritten haben.
Der Eingriff durch Verwaltungsakt stellt sich nach dem Erkenntnisstand des Verfahrens vorläufigen Rechtsschutzes nicht als verhältnismäßig dar. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verlangt, dass zur Erreichung eines legitimen Zwecks das gewählte Mittel geeignet, erforderlich und angemessen ist. Zwar muss angenommen werden, dass die Testpflicht (sowie auch die Maskenpflicht) - gerade im Interesse der Antragsteller und aller weiteren Schülerinnen und Schüler - der Aufrechterhaltung des im August 2021 wieder aufgenommenen vollen Präsenzunterrichts dient. So ist in Ziff. 1 des Muster-Corona-Hygieneplans ausgeführt, dass angemessen scheint, die Gemeinschaftseinrichtung Schule weiterhin zu schützen und gleichzeitig die Hygienemaßnahmen an die Regelungen für den allgemeinen Bereich anzupassen. Auch mag insbesondere die Testpflicht bereits geimpfter Personen angesichts der fortdauernden Pandemie in verschiedenen Varianten eine Eignung zum Infektionsschutz nicht vollständig abgesprochen werden. Doch hätte die Annahme der Erforderlichkeit entsprechender sie tragender Ermessenerwägungen der Behörde für Schule und Berufsbildung bedurft. Erforderlich ist ein Mittel nur dann, wenn kein gleichermaßen geeignetes, weniger belastendes Mittel zu Gebote steht. Die geimpften Schülerinnen und Schülern auferlegte Testpflicht erscheint nicht Ausdruck eines von der Behörde für Schule und Berufsbildung verfolgten stringenten Schutzkonzepts zu sein. Der Muster-Corona-Hygieneplan enthält hinsichtlich der Testpflicht vollständig geimpfter Personen differenzierende Regelungen hinsichtlich der Schülerinnen und Schüler einerseits sowie anderer Personen andererseits. Schülerinnen und Schüler - wie die beiden Antragsteller - werden durch Ziff. 1.2 zu zwei Schnelltests je Woche verpflichtet. Grundsätzlich gilt diese Testpflicht nach Ziff. 1.3 Abs. 1 Satz 1 für Schülerinnen und Schüler uneingeschränkt. Nach Ziff. 1.3 Abs. 1 Satz 2 gilt sie auch, wenn sie geimpft oder genesen sind. Nach Ziff. 1.3 Abs. 1 Satz 3 ff. sind nur frisch genesene Schülerinnen und Schüler für einen bestimmten Zeitraum ausgenommen. Demgegenüber sind andere Personen als Schülerinnen und Schüler von der in Ziff. 1.1 angeordneten Testpflicht gemäß Ziff. 1.3 Abs. 2 Satz 1 und 2 bereits dann ausgenommen, wenn sie genesen oder - wie die Antragsteller - vollständig geimpft sind. Weder sind im Muster-Corona-Hygieneplan Erwägungen der Behörde für Schule und Berufsbildung dazu niedergelegt noch drängt sich auf, aus welchem Grund geimpfte Schülerinnen und Schüler regelmäßig zu testen sind, obwohl die Behörde für Schule und Berufsbildung dies für andere geimpfte Personen nicht für erforderlich hält.
Der Eingriff durch Verwaltungsakt dürfte zudem gegen die Verordnung zur Regelung von Erleichterungen und Ausnahmen von Schutzmaßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 (v. 8.5.2021, zuletzt geändert durch Ges. v. 18.3.2022, BGBl. I S. 478 - SchAusnahmV) als entgegenstehendem Bundesrecht verstoßen. Danach sind geimpfte Personen und genesene Personen grundsätzlich getesteten Personen gleichgestellt. Sofern auf Grund der Vorschriften des fünften Abschnitts des Infektionsschutzgesetzes erlassenes Landesrecht eine Ausnahme von Geboten oder Verboten für Personen, die negativ auf eine Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 getestet sind, vorgesehen ist oder erlassen wird, gilt diese Ausnahme nach § 3 Abs. 1 SchAusnahmV auch für geimpfte Personen und genesene Personen. Sofern auf Grund der Vorschriften des fünften Abschnitts des Infektionsschutzgesetzes erlassenes Landesrecht vorgibt oder voraussetzt, dass eine Person negativ auf eine Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 getestet ist, gilt diese Vorgabe oder Voraussetzung im Fall von geimpften Personen und genesenen Personen nach § 3 Abs. 2 Satz 1 SchAusnahmV als erfüllt. Eine in ihrem Anwendungsbereich begrenzte Öffnungsklausel enthält nur § 3 Abs. 2 Satz 2 SchAusnahmV. Danach kann auf Grund der Vorschriften des fünften Abschnitts des Infektionsschutzgesetzes erlassenes Landesrecht vorsehen, dass Erleichterungen und Ausnahmen von Schutzmaßnahmen für geimpfte Personen und für genesene Personen nur bestehen, wenn sie ein negatives Ergebnis eines Tests auf eine Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 vorlegen können. Diese bundesrechtlichen Vorschriften dürften der Regelung durch Verwaltungsakt in Ziff. 1.2 entgegenstehen. Es ist bereits zweifelhaft, ob ein Verwaltungsakt - der sich auf Landesrecht zu stützen sucht, aber selbst nicht Landesrecht ist - im Anwendungsbereich des § 3 Abs. 2 Satz 2 SchAusnahmV genügen würde, um den Grundsatz der Gleichstellung von Geimpften und Genesenen mit Getesteten zu durchbrechen. Denn das Landesrecht normiert in § 8 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 HmbSARS-CoV-2-EindämmungsVO nicht selbst eine Testpflicht und enthält nicht selbst eine Durchbrechung der Gleichstellung von Geimpften und Genesenen mit Getesteten. Vielmehr überlässt es bereits die Entscheidung über die Testpflicht dem Ermessen der Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes. Schon gar nicht findet sich im Landesrecht die in Ziff. 1.2 i.V.m. Ziff. 1.3 des Muster-Corona-Hygieneplans der Behörde für Schule und Berufsbildung enthaltene Differenzierung zwischen geimpften Schülerinnen und Schülern einerseits und anderen geimpften Personen andererseits. Zumindest dürfte der Anwendungsbereich der Öffnungsklausel in § 3 Abs. 2 Satz 2 SchAusnahmV bereits nicht gegeben sein. Die Verordnung und der zu ihrer Ausführung ergangene Muster-Corona-Hygieneplan regeln insoweit keine Schutzmaßnahmen und davon gewährte Erleichterungen und Ausnahmen, sondern machen die Erfüllung der Testpflicht zu einer Voraussetzung i.S.d. § 3 Abs. 2 Satz 1 SchAusnahmV, um schulische Präsenzangebote wahrzunehmen. Eine Durchbrechung der bundesrechtlich vorgegebenen grundsätzlichen Gleichstellung von geimpften und genesenen Personen mit getesteten Personen ist durch Landesrecht in diesem Fall nicht zugelassen.
Die den Antragstellern in Ziff. 3 des Muster-Corona-Hygieneplan auferlegte Maskenpflicht dürfte durch § 8 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 HmbSARS-CoV-2-EindämmungsVO nicht gerechtfertigt sein.
Nach dieser Verordnungsbestimmung kann in dem Musterhygieneplan insbesondere eine Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung oder einer medizinischen Maske i.S.d. § 3 Abs. 1 Satz 2 HmbSARS-CoV-2-EindämmungsVO angeordnet werden, wobei § 3 HmbSARS-CoV-2-EindämmungsVO im Übrigen keine Anwendung findet.
Auslegung und Anwendung der Verordnungsbestimmung müssen sich dabei ihrerseits nach § 32 Satz 1 IfSG an den gesetzlichen Voraussetzungen messen lassen, die für die einschlägigen Maßnahmen gelten. Eine Verpflichtung zum Tragen einer Atemschutzmaske (FFP2 oder vergleichbar) oder einer medizinischen Gesichtsmaske (Mund-Nasen-Schutz) kann auf Grundlage des § 28a Abs. 7 Satz 1 Nr. 1 IfSG nur in den im dortigen Katalog lit. a bis c benannten Örtlichkeiten, darunter Arztpraxen, Verkehrsmittel des öffentlichen Personennahverkehrs und Obdachlosenunterkünfte, angeordnet werden. Für in dem Katalog nicht benannte Örtlichkeiten, insbesondere Schulen als Gemeinschaftseinrichtungen nach § 33 Nr. 3 IfSG, kann hingegen eine Maskenpflicht nur auf Grundlage des § 28a Abs. 8 IfSG angeordnet werden. Danach kann unabhängig von einer festgestellten epidemischen Lage von nationaler Tragweite in einer konkret zu benennenden Gebietskörperschaft, in der durch eine epidemische Ausbreitung der Coronavirus-Krankheit 2019 (COVID-19) die konkrete Gefahr einer sich dynamisch ausbreitenden Infektionslage besteht, „über den Absatz 7 hinaus“ eine Verpflichtung zum Tragen einer Atemschutzmaske (FFP2 oder vergleichbar) oder einer medizinischen Gesichtsmaske (Mund-Nasen-Schutz) auch notwendige Schutzmaßnahme i.S.d § 28 Abs. 1 Satz 1 und 2 IfSG sein, sofern das Parlament des betroffenen Landes das Vorliegen der konkreten Gefahr und die Anwendung konkreter Maßnahmen in dieser Gebietskörperschaft feststellt.
Zwar hat die Kammer bereits in einem Verfahren vorläufigen Rechtsschutzes ausgeführt, dass der Verordnungsgeber der HmbSARS-CoV-2-EindämmungsVO den ihm zu belassenen Einschätzungsspielraum nicht überschritten haben dürfte durch die Annahme einer konkreten Gefahr einer sich dynamisch ausbreitenden Infektionslage in der Freien und Hansestadt Hamburg als konkret benannter Gebietskörperschaft, da nach Einschätzung des Verordnungsgebers auf Grund einer besonders hohen Anzahl von Neuinfektionen eine Überlastung der Krankenhauskapazitäten in der jeweiligen Gebietskörperschaft drohte. Auf dieser Grundlage hat die Kammer die Vollregelungen durch Rechtsverordnung in § 4 und § 7 HmbSARS-CoV-2-EindämmungsVO als mit höherrangigem Recht vereinbar erachtet. Doch hat die Behörde für Schule und Berufsbildung bei einer Regelung durch Verwaltungsakt im Muster-Corona-Hygieneplans keinen Teil an einem dem Rechtssetzer zu belassenen weiten Einschätzungsspielraum.
In der nach § 114 Satz 1 VwGO gebotenen gerichtlichen Überprüfung dürfte sich die behördliche Ausübung des Ermessens bei Erlass des Verwaltungsaktes nach § 40 HmbVwVfG im Einzelnen als fehlerhaft erweisen.
Nach Ziff. 1 des Muster-Corona-Hygieneplans dürfte die Aufrechterhaltung des vollen Präsenzunterrichts das auch mit der Maskenpflicht verfolgte behördliche Ziel sein. Es handelt sich um ein grundsätzlich legitimes Ziel, die in der Vergangenheit bereits überwundenen Schulschließungen - gegen die sich weite Teile der Antragsschrift zu richten scheinen - für die Zukunft zu vermeiden. Auch kann die Kammer entgegen der Auffassung der Antragsteller auf Grundlage vorhandener Erkenntnis nicht feststellen, dass Masken jegliche Eignung zum Infektionsschutz abzusprechen wäre.
Doch dürfte die Behörde für Schule und Berufsbildung ihre Ermessenserwägungen, soweit Maßnahmen wie die Maskenpflicht in § 28a Abs. 8 IfSG betroffen sind, eben an der in § 28a Abs. 8 IfSG vorausgesetzten konkreten Gefahr einer sich dynamisch ausbreitenden Infektionslage ausrichten müssen, insbesondere daran, dass nach Einschätzung des Verordnungsgebers einer auf Grund einer besonders hohen Anzahl von Neuinfektionen eine Überlastung der Krankenhauskapazitäten in der Freien und Hansestadt Hamburg droht. Gemessen daran dürften jedenfalls Ermessenserwägungen fehlen, aufgrund derer die den Antragstellern durch Verwaltungsakt auferlegte Maskenpflicht weiterhin als erforderlich erschiene.
Zur Maskenpflicht nach Ziff. 3 des Muster-Corona-Hygieneplans der Behörde für Schule und Berufsbildung, insbesondere in der 7. und in der 19. Fassung, hat das Hamburgische Oberverwaltungsgericht (OVG Hamburg, 15.01.2021 - Az:
1 Bs 237/20; OVG Hamburg, 27.09.2021 - Az: 1 Bs 206/21) ausgeführt, dass im Eilverfahren keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit bestanden. Indessen dürfte nicht nur in tatsächlicher Hinsicht die Pandemie in eine neue Phase eingetreten, sondern auch in rechtlicher Hinsicht zumindest eine durch Verwaltungsakt auferlegte Maskenpflicht in der Schule nach neuen Maßstäben zu beurteilen sein, da insoweit kein Einschätzungsspielraum des Verordnungsgebers, sondern ein behördliches Ermessen greift, dessen Ausübung nach § 114 Satz 1 VwGO gerichtlich zu überprüfen ist.
Mit Ablauf des 19. März 2022 endete die Geltungsdauer der Rechtsgrundlage für die meisten Schutzmaßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 (BT-Drs. 20/958, S. 1, 13). Der Bundesgesetzgeber hat durch das Gesetz zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes und anderer Vorschriften (v. 18.3.2022, BGBl. I S. 473) insbesondere § 28a Abs. 7 und 8 IfSG neu gefasst. Die Maßnahmen nach § 28a Abs. 8 IfSG, so etwa eine erweiterte Maskenpflicht, unterliegen danach gegenüber Maßnahmen nach § 28a Abs. 7 IfSG, so etwa einer Testpflicht, in formeller und materieller Hinsicht gesteigerten Rechtmäßigkeitsanforderungen. Nach der Wertung des Gesetzgebers bedarf nunmehr eine Maßnahme wie die Maskenpflicht in der Schule als „scharfes Schwert“ im Vergleich zu einer milderen und nach der Wertung des Gesetzgebers (BT-Drs. 20/958, S. 1, 13) „niedrigschwelligen“ Maßnahme wie etwa der Testpflicht in der Schule in gesteigerter Weise einer Rechtfertigung im Hinblick auf ihre Erforderlichkeit. Dieses Stufenverhältnis belegt der Gesetzeswortlaut des § 28a Abs. 8 Satz 1 IfSG, nach dem die dort vorgesehenen Maßnahmen „über den Absatz 7 hinaus“ gehen.
Die Pflicht der Schülerinnen und Schüler, wie der beiden Antragsteller, medizinische Masken zu tragen, ist nach Ziff. 3 Abs. 2 Satz 1 des Muster-Corona-Hygieneplans nach wie vor als Grundsatz formuliert. Die Ausnahmen von dieser „grundsätzlichen Regelung“ sind allerdings viel weiter gefasst als in früheren Fassungen des Muster-Corona-Hygieneplans. Nach Ziff. 3 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 der aktuellen Fassung des Muster-Corona-Hygieneplans dürfen Schülerinnen und Schüler die Maske insbesondere abnehmen, sobald sie einen festen Platz eingenommen haben und solange sie diesen nicht verlassen, sowie im Freien. Doch unterliegen Schülerinnen und Schüler der Maskenpflicht beispielsweise grundsätzlich (noch) dann, wenn sie sich allein oder mit anderen auf den Fluren oder im Klassenraum bewegen. Gerade in diesen Situationen wird ihre verbale sowie ihre nonverbale Kommunikation untereinander oder mit Lehrkräften durch die zu tragende Maske beeinträchtigt und damit ihre Entwicklung zu einer eigenverantwortlichen Persönlichkeit auch in der Gemeinschaft zumindest berührt.
Angesichts der Relevanz für die Ausübung des nunmehr vom Bundesverfassungsgericht anerkannten Grundrechts auf schulische Bildung sowie angesichts der Neufassung von § 28a Abs. 7 und 8 IfSG steht in Frage, ob eine Regelung der Maskenpflicht in der Schule statt durch eine Rechtsverordnung (der dazu vom Senat ermächtigten Behörde für Arbeit, Gesundheit, Soziales, Familie und Integration) durch Verwaltungsakt (der nur dazu berufenen Behörde für Schule und Berufsbildung) überhaupt noch angängig ist. Hinsichtlich der Maskenpflicht außerhalb der Schule sah sich der Verordnungsgeber jedenfalls an einer Vollregelung in § 4 HmbSARS-CoV-2-EindämmungsVO nicht gehindert. Die Maskenpflicht in der Schule als nach der gesetzgeberischen Wertung in § 28a Abs. 8 IfSG besonders scharfe Maßnahme dürfte, wenn schon nicht einer Vollregelung durch Verordnung, so doch zumindest Erwägungen der Behörde bedürfen, die nach ihrem Ermessen eine Regelung durch Verwaltungsakt erkennbar tragen. Dies gilt deshalb uneingeschränkt, weil der Verordnungsgeber in § 8 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 HmbSARS-CoV-2-EindämmungsVO selbst keine Regelung über Maskenpflichten in Schulen getroffen hat. Er hat insoweit nicht von seinem Einschätzungsspielraum Gebrauch gemacht, sondern die Regelung in das Ermessen der Behörde gelegt, dessen Ausübung sich seinerseits nach der gesetzlichen Ermächtigung in § 28a Abs. 8 IfSG auszurichten hat. Erwägungen gerade in Ausrichtung auf § 28a Abs. 8 IfSG und die konkrete Gefahr einer sich dynamisch ausbreitenden Infektionslage, da auf Grund einer besonders hohen Anzahl von Neuinfektionen eine Überlastung der Krankenhauskapazitäten in der jeweiligen Gebietskörperschaft droht, sind aber gerade nicht ersichtlich. Bereits der Beitrag, den die in Ziff. 3 des Muster-Corona-Hygieneplans Schülerinnen und Schülern außerhalb des fest eingenommenen Platzes auferlegte Maskenpflicht zur Erreichung dieses Ziels leistet, ist weder von der Behörde für Schule und Berufsbildung in dem angefochtenen Verwaltungsakt dargelegt noch sind die insoweit tragenden Ermessenserwägungen ersichtlich. Dessen hätte es aber jedenfalls deshalb bedurft, weil und soweit nicht an jedem Arbeitsplatz eine Maskenpflicht besteht.