Der nichteheliche Lebenspartner ist nicht Familienangehöriger im Sinne des Konsulargesetzes. Eine frühere Haushaltsgemeinschaft ist tatbestandlich ohne zeitliche Grenze beachtlich.
Der Entscheidung lag der nachfolgende Sachverhalt zugrunde:
Die Klägerin wendet sich gegen einen Bescheid, mit dem das Auswärtige Amt Ersatz für Auslagen im Zusammenhang mit der Durchführung von Repatriierungsflügen verlangt.
Anfang 2020 wurde das Coronavirus SARS-CoV-2 als Auslöser der sich verbreitenden Erkrankung COVID-19 bekannt. Das Coronavirus breitete sich im Verlauf des Frühjahres 2020 weltweit aus. In der Folge begannen die meisten Staaten angesichts der Gefahr der Überlastung der Gesundheitssysteme, insbesondere der intensivmedizinischen Versorgung, zunehmend, das öffentliche Leben und insbesondere auch den internationalen Reiseverkehr zu beschränken. Im März 2020 befanden sich noch mehrere zehntausend Deutsche und deren Familienangehörige im Ausland. Der internationale kommerzielle Luftverkehr kam zum Erliegen. Am 17. März 2020 begann eine durch das Auswärtige Amt organisierte Rückholaktion, für die 272 Flüge von kommerziellen Fluggesellschaften ganz oder teilweise gechartert wurden, mit denen im Verlauf der folgenden Wochen über 55.000 deutsche Staatsangehörige sowie etwa 7.500 EU-Bürger und rund 3.500 Drittstaatsangehörige aus dem Ausland zurückgeholt wurden.
Die Klägerin ist vietnamesische Staatsangehörige und mit Herrn U..., einem deutschen Staatsangehörigen, verheiratet, von dem sie aber dauernd getrennt ist. Sie lebt mit einem anderen deutschen Staatsangehörigen, nämlich Herrn H... zusammen.
Im April 2020 hielt sich die Klägerin gemeinsam mit Herrn D... in Vietnam auf.
Am 5./6. April 2020 unterschrieb sie eine „Erklärung gemäß § 6 Konsulargesetz“, in der u.a. der Antrag enthalten ist, „in die von der Bundesregierung zum Schutz vor Katastrophenfolgen organisierten Betreuungsmaßnahmen eingeschlossen zu werden“. Die Teilnahme sei freiwillig. Die gesetzliche Verpflichtung zur Erstattung anteiliger Kosten der Katastrophenmaßnahmen erkannte sie an. Als Kontaktadresse im Bundesgebiet benannte sie Herrn U.... In einer Liste der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Hanoi, in der E-Mail-Anmeldungen zu Repatriierungsflügen eingetragen wurden, ist für die Klägerin vermerkt, sie sei mit einem Deutschen verheiratet.
Mit einem Flugzeug der V... flog sie am 6. April 2020 gemeinsam mit Herrn D... vom Flughafen Hanoi unter der Flugnummer V... nach Frankfurt am Main. Als Gesamtkosten für den Flug stellte die V... der Beklagten 339.144,95 Euro in Rechnung.
Mit Bescheid vom 10. August 2020 setzte das Auswärtige Amt die von der Klägerin der Beklagten für ihre Beförderung nach Deutschland zu erstattenden Auslagen auf 600,- Euro fest. Zur Begründung führte das Auswärtige Amt aus, durch die Corona-Pandemie habe eine erhebliche Gefahr für Leben und Gesundheit bestanden. Repatriierungsflüge seien eine typische und durch die Einstellung des kommerziellen Flugverkehrs erforderliche Hilfsmaßnahme gemäß § 6 Abs. 1 des Konsulargesetzes. Aus verwaltungspraktischen Erwägungen seien die tatsächlich pro Flug angefallenen Auslagen nicht auf die einzelnen Reisenden umgelegt, sondern mittels regional gestufter Pauschalen berechnet worden. Die Pauschalen entsprächen näherungsweise einem durchschnittlichen Ticketpreis in der Economy-Klasse. Besondere Umstände, derentwegen auf die Erstattung zu verzichten sei, seien nicht ersichtlich. Die Lage vor Ort habe eine geordnete Rückführung erlaubt. Es sei davon auszugehen, dass Personen, die finanziell in der Lage seien, Auslandsreisen zu bestreiten, auch unvorhergesehene Ereignisse auf der Reise tragen könnten. Dies gelte insbesondere für die Rückreise ins Heimatland. Von einer vorherigen Anhörung sei abgesehen worden, da der Bescheid mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen worden und die Anhörung nicht geboten gewesen sei. Eine vorherige Anhörung hätte aufgrund der Vielzahl der Fälle einen unverhältnismäßigen Aufwand verursacht, außerdem seien die den Bescheid begründenden Tatsachen bereits bekannt. Der festgesetzte Betrag stelle der Höhe nach keine besondere Belastung dar.
Gegen diesen Bescheid hat die Klägerin am 9. September 2020 vor dem Verwaltungsgericht Klage erhoben. Zur Begründung führt sie aus, es sei fraglich, ob ihr anstelle der tatsächlichen Kosten eine Pauschale in Rechnung gestellt werden dürfe. Auch habe sie keine konkrete Aufschlüsselung der tatsächlichen Kosten der Rückholung erhalten. Zudem stehe eine Rückzahlung der Kosten des ursprünglich gebuchten Fluges aus.
Die Beklagte ist der Auffassung, die Klägerin sei zu Recht als nichtdeutsche Familienangehörige eines Deutschen, mit dem sie in Haushaltsgemeinschaft lebe oder längere Zeit gelebt habe, in Anspruch genommen worden. Sinn und Zweck der Einbeziehung von Familienangehörigen sei es, Familien und Personen mit einer vergleichbaren Nähebeziehung geschlossen die Konsularhilfe zukommen zu lassen, um diese insbesondere bei der Heimführung nicht trennen zu müssen. Hierunter fielen nicht nur Ehegatten sowie Verwandte und Verschwägerte, sondern auch andere Personen, die längere Zeit als zur Familie gehörig betrachtet und dementsprechend behandelt worden sind. In der weltweiten Notsituation im Frühjahr 2020 habe sie einen möglichst großzügigen Maßstab angelegt und dabei aus Praktikabilitätsgründen maßgeblich auf die Aussagen der Betroffenen vertraut.
Das Gericht hat eine Melderegisterauskunft der Klägerin eingeholt. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsvorgänge der Beklagten verwiesen, die vorgelegen haben und – soweit erheblich – Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen sind.
Hierzu führte das Gericht aus:
Die zulässige Anfechtungsklage ist unbegründet. Der angefochtene Bescheid des Auswärtigen Amtes vom 10. August 2020 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO). Die Klägerin wird rechtmäßig zum Auslagenersatz in Höhe von insgesamt 600,- Euro für ihre Repatriierung aus Vietnam herangezogen.
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