Nach Art. 35 Abs. 1 BayEUG (Bayerisches Gesetz über das Erziehungs- und Unterrichtswesen) besteht für Kinder ab Vollendung des sechsten Lebensjahres die allgemeine Schulpflicht. Die Einschulung in die Grundschule ist der gesetzliche Regelfall (Art. 37 Abs. 1 Satz 1 BayEUG). Eine Zurückstellung von der Aufnahme ist nur in Ausnahmefällen zulässig, wenn zu erwarten ist, dass ein Kind erst ein Jahr später mit Erfolg am Unterricht teilnehmen kann (Art. 37 Abs. 2 Satz 1 BayEUG). Über die Aufnahme oder Zurückstellung entscheidet die Schulleiterin oder der Schulleiter (§ 2 Abs. 1 BaySchO).
Die Schulfähigkeit ist dabei nicht allein an kognitiven Fähigkeiten zu messen, sondern umfasst auch körperliche, emotionale, soziale und psychische Aspekte. Maßgeblich ist eine pädagogische Prognose über die Erfolgsaussichten des Kindes im Hinblick auf eine erfolgreiche Teilnahme am Unterricht. Kriterien sind unter anderem Motivation, Konzentrationsfähigkeit, Ausdauer, Frustrationstoleranz, Sozialverhalten sowie sprachliche und motorische Fähigkeiten. Diese Einschätzung eröffnet der Schule einen pädagogischen Beurteilungsspielraum, der gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar ist. Eine gerichtliche Kontrolle findet lediglich dahingehend statt, ob wesentliche Verfahrensvorschriften verletzt wurden, ob sachfremde Erwägungen eingeflossen sind oder ob die Entscheidung willkürlich erscheint (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, 10.08.2006 - Az: 19 B 1513/06; VG Bayreuth, 11.09.2015 - Az: 3 E 15.582).
Die Durchführung eines sogenannten „Schulspiels“ ist ein zulässiges und geeignetes Verfahren, um die schulischen Erfolgsaussichten zu überprüfen. Es schafft Beobachtungssituationen, die sowohl kognitive als auch soziale und emotionale Kompetenzen erfassen. Auch wenn schulärztliche Untersuchungen keine gesundheitlichen Bedenken ergeben, können pädagogische Feststellungen aus dem Schulspiel eine Zurückstellung rechtfertigen. Die ärztliche Untersuchung erfasst typischerweise den Entwicklungsstand in einer Einzelsituation, während das Schulspiel schulische Anforderungen im sozialen Kontext abbildet (vgl. VG Braunschweig, 15.05.2003 - Az: 6 A 11/03; VG Dresden, 03.08.2010 - Az: 5 L 366/10).
Die Zurückstellung setzt eine nachvollziehbare negative Erfolgsprognose voraus, die sich auf objektivierbare Beobachtungen stützt. Werden im Rahmen von Fachgesprächen mit Kindertageseinrichtungen Defizite festgestellt und im Schulspiel bestätigt, kann die Schule auf dieser Grundlage eine Zurückstellung beschließen. Die elterliche Einschätzung oder private Stellungnahmen können die schulische Prognose nicht ersetzen, da diese regelmäßig auf einer breiteren fachlichen Basis beruhen und auf den unmittelbaren Vergleich mit einer ganzen Alterskohorte gestützt sind (vgl. VG Würzburg, 18.08.2016 - Az: W 2 E 16.819).
Im einstweiligen Rechtsschutz nach § 123 Abs. 1 VwGO kann eine Verpflichtung zur sofortigen Aufnahme in die Schule nur ausnahmsweise in Betracht kommen, da dies regelmäßig eine unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache darstellt. Eine Ausnahme setzt voraus, dass der Abwägungsgesichtspunkt des effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG dies zwingend erfordert und eine hohe Erfolgswahrscheinlichkeit im Hauptsacheverfahren besteht (vgl. BVerwG, 06.10.2015 - Az: 1 WDS-VR 1.15). Wird die negative Einschulungsprognose auf tragfähige fachliche Grundlagen gestützt und ist das pädagogische Ermessen ordnungsgemäß ausgeübt, fehlt es an einer hinreichenden Erfolgsaussicht für die Hauptsache.
Somit kann die Schule die Einschulung zurückstellen, wenn die Prognose ergibt, dass das Kind ohne ein zusätzliches Jahr voraussichtlich nicht erfolgreich am Unterricht teilnehmen kann. Die gerichtliche Kontrolle beschränkt sich auf die Prüfung der Rechtmäßigkeit des Verfahrens, die Nachvollziehbarkeit der Prognose sowie das Fehlen sachfremder Erwägungen.