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Entfernung einer Lehrkraft aus dem Beamtenverhältnis wegen Besitz kinder- und jugendpornographischer Schriften

Arbeitsrecht | Lesezeit: ca. 8 Minuten

Die Wahrung der Integrität der Schüler, die Pflicht zur Gewährleistung ihrer behutsamen persönlichen Entwicklung sowie Anspruch und Vertrauen der Eltern darauf, dass Lehrer das – auf Grund der allgemeinen Schulpflicht letztlich erzwungene – Obhuts- und Näheverhältnis zu den Schülern nicht zur Verfolgung eigener Bedürfnisse ausnutzen, verpflichten den Lehrer dazu, sich in sexueller Hinsicht uneingeschränkt korrekt – in Wort wie in Tat – zu verhalten. Der Besitz von kinder- und jugendpornographischer Schriften sowie sexualisierter Chatnachrichten mit Spybildern von minderjährigen Schülerinnen ist damit nicht in Einklang zu bringen.

Hierzu führte das Gericht aus:

Der Beklagte hat durch den ihm zur Last gelegten Sachverhalt ein einheitliches Dienstvergehen gemäß § 47 Abs. 1 BeamtStG begangen, da er schuldhaft die ihm obliegenden Pflichten verletzte.

Durch den Besitz von mindestens 78 unterschiedlichen kinderpornographischen Bild- und mindestens 4 unterschiedlichen kinderpornographischen Videodateien sowie im Besitz von mindestens 33 unterschiedlichen jugendpornographischen Bild- und mindestens 2 unterschiedlichen Videodateien verstieß der Beklagte außerdienstlich gegen seine Pflicht zur Beachtung der Gesetze gemäß § 33 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG i.V.m. §§ 184b Abs. 3, 184c Abs. 3 Strafgesetzbuch (StGB). Zudem stellt sich der Besitz solcher Bilder als Verstoß gegen die Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten i.S.v. § 34 Satz 3 BeamtStG dar.

Das insoweit außerdienstliche Fehlverhalten hat nach § 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG disziplinarrechtliche Bedeutung. Es überschreitet ein Mindestmaß an Relevanz, das die Rechtsprechung bei einem - vorliegend sowohl in Bezug auf den Besitz kinder- als auch jugendpornographischer Schriften eröffneten - Strafrahmen von mindestens zwei Jahren als gegeben ansieht. Außerdem ist bei dem Beklagten als Lehrkraft ein Bezug zu seinem (Status) Amt durch seine besondere Vertrauens- und Nähe-/Obhutsstellung gegenüber minderjährigen Schülerinnen und Schülern gegeben.

Zudem trägt derjenige, der kinderpornographische Schriften besitzt, durch seine Nachfrage nach solchen Darstellungen zum sexuellen Missbrauch von Kindern und damit zum Verstoß gegen ihre Menschenwürde und körperliche Unversehrtheit bei. Der sexuelle Missbrauch eines Kindes ist in hohem Maße persönlichkeits- und sozialschädlich. Er greift in die sittliche Entwicklung eines jungen Menschen ein und gefährdet die harmonische Bildung seiner Gesamtpersönlichkeit sowie seine Einordnung in die Gemeinschaft, weil ein Kind wegen seiner fehlenden oder noch nicht hinreichenden Reife intellektuell und gefühlsmäßig das Erlebte in der Regel gar nicht oder nur schwer verarbeiten kann. Zudem degradiert der Täter die sexuell missbrauchten kindlichen Opfer zum bloßen auswechselbaren Objekt geschlechtlicher Begierde oder Erregung.

Durch seine Nachrichten in den Chat-Verläufen hat sich der Beklagte in erheblich ansehens- und vertrauensschädigender Weise gemäß § 34 Satz 3 BeamStG verhalten, indem er sich über seine minderjährigen Schülerinnen in sexualisierter Weise äußerte und sogar heimlich gefertigte Bildaufnahmen an den Chatpartner mit deutlich sexualisierten Motiven überließ. Gemäß Notiz vom 25. September 2018 erfolgten insoweit keine staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen, da die Aufnahmen nicht im höchstpersönlichen Lebensbereich getätigt worden seien. Sowohl die Spy-Aufnahmen als auch die getätigten Äußerungen stellen aber erhebliche Distanzverletzungen dar und sind mit der Vorbildfunktion des eigenen Verhaltens i.S.v. Art. 131 der Bayerischen Verfassung und den in Art. 1 und 2 des Bayerischen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen (BayEUG) nicht in Übereinstimmung zu bringen. Die Wahrung der Integrität der Schüler, die Pflicht zur Gewährleistung ihrer behutsamen persönlichen Entwicklung sowie Anspruch und Vertrauen der Eltern darauf, dass Lehrer das - auf Grund der allgemeinen Schulpflicht letztlich erzwungene - Obhuts- und Näheverhältnis zu den Schülern nicht zur Verfolgung eigener Bedürfnisse ausnutzen, verpflichten den Lehrer dazu, sich in sexueller Hinsicht uneingeschränkt korrekt - in Wort wie in Tat - zu verhalten.

Wenngleich der Chatverkehr an sich als außerdienstlich einzustufen wäre, haben die Nachrichten einen deutlichen Bezug zum Statusamt des Beklagten, als er sich als Lehrer über seine (eigenen) Schülerinnen in sexualisierter Weise äußerte und in dieser Funktion in der Schule hierfür getätigte Spy-Aufnahmen versandte. Da der Beklagte im Schulgebäude und während Ausübung seiner dienstlichen Tätigkeit die Aufnahmen machte, bereits mit der erkennbaren Zielrichtung, sie (auch) für den sexualisierten Chat zu benutzen, kann das Dienstvergehen jedoch als innerdienstlich eingestuft werden. Selbst wenn man dem nicht folgte, wäre das Verhalten gemäß § 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG in besonderem Maße geeignet, das Vertrauen in einer für das Amt bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen, und daher disziplinarrechtlich von Relevanz.

Der Beamte handelte bei Begehung des Dienstvergehens vorsätzlich und ohne Schuldausschließungs- oder Rechtsfertigungsgründe.

Das Dienstvergehen wiegt derart schwer i.S.v. Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BayDG, dass ein endgültiger und vollständiger Vertrauensverlust des Dienstherrn und der Allgemeinheit in den Beklagten eingetreten ist. Unter Berücksichtigung der Schwere des Dienstvergehens, der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit, dem Persönlichkeitsbild und dem bisherigen dienstlichen Verhalten des Beklagten als Gesichtspunkte der Maßnahmebemessung nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG kommt keine andere Maßnahme als die Höchstmaßnahme - die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis - in Betracht.


VG München, 15.02.2022 - Az: M 13L DK 19.5889

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