Ist Ihr Bußgeldbescheid anfechtbar? ➠ Jetzt überprüfen!Insbesondere für Jugendliche ist eine Polizeikontrolle eine Stresssituation, in der sie ihre Rechte und Pflichten oft nicht kennen. Unüberlegtes Handeln oder falsche Aussagen können jedoch weitreichende Konsequenzen haben. Umso wichtiger ist es, die rechtlichen Rahmenbedingungen zu kennen. Richtiges Verhalten kann entscheidend dafür sein, ob eine unangenehme Situation schnell und ohne Folgen beendet wird oder ob sie zu einem Ermittlungsverfahren führt.
Welche Grundlagen gelten bei einer Polizeikontrolle?
Polizeibeamte dürfen Personen nicht willkürlich kontrollieren, benötigen für ein Ansprechen jedoch nicht immer einen konkreten Verdacht. Es ist zu unterscheiden zwischen präventiven Kontrollen zur Gefahrenabwehr, die sich nach den Polizeigesetzen der Bundesländer richten, und repressiven Maßnahmen zur Strafverfolgung, deren Grundlage die Strafprozessordnung (StPO) ist. In der Praxis ist diese Unterscheidung für den Betroffenen oft nicht sofort ersichtlich.
Fordern Polizisten eine Person auf, stehenzubleiben und sich auszuweisen, handelt es sich in der Regel um eine Identitätsfeststellung. Gemäß § 163b der Strafprozessordnung (StPO) sind Polizeibeamte dazu berechtigt, die Identität einer Person festzustellen, wenn diese als Zeuge oder Beschuldigter in einem Ermittlungsverfahren in Betracht kommt. Auch die Polizeigesetze der Länder erlauben Identitätsfeststellungen an bestimmten Orten (z. B. an als gefährlich eingestuften Orten) oder zur Abwehr einer konkreten Gefahr.
Für den betroffenen Jugendlichen bedeutet dies: Er ist gesetzlich verpflichtet, seine Personalien anzugeben. Dazu gehören der vollständige Name, die Meldeanschrift, das Geburtsdatum und der Geburtsort. Eine Verweigerung dieser Angaben stellt eine Ordnungswidrigkeit dar und kann mit einem Bußgeld geahndet werden. Um die Angaben zu überprüfen, dürfen die Beamten verlangen, dass Ausweisdokumente vorgezeigt werden. Es besteht zwar keine generelle Pflicht, den Personalausweis stets bei sich zu tragen, doch kann eine Weigerung oder das Nichtmitführen dazu führen, dass der Jugendliche zur Identitätsfeststellung zur Polizeiwache gebracht wird. Über die Angabe der reinen Personalien hinaus müssen jedoch keine weiteren Fragen beantwortet werden.
Jugendliche haben ein Schweigerecht
Sobald eine Kontrolle über die reine Feststellung der Personalien hinausgeht und Fragen zum Sachverhalt gestellt werden – etwa zum Grund des Aufenthalts, zu Begleitpersonen oder zu vergangenen Ereignissen –, betritt man den Bereich einer möglichen Befragung oder Vernehmung. Hier greift das wichtigste Recht eines jeden Betroffenen in einem möglichen Strafverfahren: das Recht zu schweigen.
Wird der Jugendliche als Beschuldigter geführt, also als Person, gegen die sich ein Anfangsverdacht einer Straftat richtet, muss er von den Beamten ausdrücklich über sein Schweigerecht belehrt werden. Diese Belehrung ist in § 136 StPO verankert. Der Jugendliche muss darüber informiert werden, dass es ihm freisteht, sich zu der Beschuldigung zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen. Aus dem Schweigen dürfen ihm keine negativen Konsequenzen erwachsen. In der Praxis neigen gerade junge Menschen dazu, sich durch Plaudereien oder unüberlegte Äußerungen selbst zu belasten, in der Hoffnung, die Situation schnell aufklären zu können. Davon ist dringend abzuraten. Jede Aussage, die einmal getätigt wurde, findet Eingang in die Ermittlungsakte und kann später nur schwer korrigiert werden.
Die klare und höfliche Äußerung: „Ich möchte zur Sache keine Angaben machen“, ist jederzeit zulässig und die klügste Vorgehensweise. Dieses Recht gilt umfassend und sollte konsequent genutzt werden, bis die Möglichkeit bestand, mit den Eltern oder einem Rechtsanwalt zu sprechen.
Recht auf Beistand durch Anwalt und Erziehungsberechtigte
Das Jugendgerichtsgesetz (JGG) trägt dem besonderen Schutzbedürfnis von Minderjährigen Rechnung. Ein zentraler Punkt ist die zwingende Einbeziehung der Erziehungsberechtigten. Gemäß § 67 JGG sind die Erziehungsberechtigten und die gesetzlichen Vertreter des jugendlichen Beschuldigten von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens und von wesentlichen Entscheidungen im Verfahrensverlauf unverzüglich zu benachrichtigen.
Wird ein Jugendlicher also von der Polizei nicht nur kontrolliert, sondern auf die Wache mitgenommen oder gar vorläufig festgenommen, haben die Beamten die Pflicht, die Eltern zu informieren. Der Jugendliche sollte auf dieser Benachrichtigung bestehen. Die Eltern haben dann die Möglichkeit, ihrem Kind beizustehen und insbesondere einen Rechtsanwalt zu beauftragen.
Jeder Beschuldigte hat zu jedem Zeitpunkt des Verfahrens das Recht, einen Anwalt zu konsultieren. Dies gilt auch und gerade für Minderjährige. Vor einer anwaltlichen Beratung sollte keine Aussage gemacht werden. Die Polizei ist verpflichtet, dem Jugendlichen die Kontaktaufnahme zu einem Verteidiger zu ermöglichen.
Was gilt für körperliche Durchsuchung und mitgeführte Sachen?
Besonders einschneidend wird eine Polizeikontrolle empfunden, wenn Beamte eine Durchsuchung der Person oder der mitgeführten Sachen, wie eines Rucksacks, vornehmen wollen. Solche Maßnahmen stellen einen erheblichen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht dar und sind nur unter strengen Voraussetzungen zulässig.
Eine Durchsuchung setzt grundsätzlich einen richterlichen Beschluss voraus. Nur bei Gefahr im Verzug, also wenn der Ermittlungserfolg durch das Abwarten auf eine richterliche Entscheidung gefährdet wäre, dürfen Polizei oder Staatsanwaltschaft die Durchsuchung selbst anordnen. Es muss der konkrete Verdacht bestehen, dass der Jugendliche Gegenstände bei sich führt, die als Beweismittel in einem Strafverfahren dienen können (z. B. Drogen, Diebesgut, Waffen).
Eine freiwillige Zustimmung zur Durchsuchung umgeht diese rechtlichen Hürden. Polizeibeamte fragen daher oft: „Dürfen wir mal in Ihre Taschen schauen?“. Einer solchen Aufforderung muss nicht nachgekommen werden. Eine höfliche, aber bestimmte Ablehnung mit den Worten: „Ich bin mit einer Durchsuchung nicht einverstanden“, ist das gute Recht des Jugendlichen. Stimmt er zu, sind die gefundenen Gegenstände gerichtlich verwertbar. Erfolgt die Durchsuchung gegen seinen Willen, muss die Maßnahme später auf ihre Rechtmäßigkeit überprüft werden können. Es ist ratsam, sich den Namen der beteiligten Beamten zu notieren.
Werden bei einer rechtmäßigen Durchsuchung verdächtige Gegenstände gefunden, können diese sichergestellt oder beschlagnahmt werden.
Fehlverhalten hat Konsequenzen: Was passiert bei der Flucht vor der Polizei?
Panik oder jugendlicher Leichtsinn können zu fatalen Fehlentscheidungen führen. Ein klassisches Beispiel ist der Versuch, sich einer Polizeikontrolle durch Flucht zu entziehen. Dass dies die Situation in der Regel nur verschlimmert, zeigt eine Entscheidung des Landgerichts Osnabrück (LG Osnabrück, 01.03.2021 - Az: 13 Ns 16/20).
In dem Fall floh ein 20-jähriger Heranwachsender mit seinem Pkw vor einer Polizeistreife, weil er eine Wette mit einem Freund abgeschlossen hatte, sich nicht erneut kontrollieren zu lassen. Er beschleunigte innerorts auf hohe Geschwindigkeiten, sodass die Polizei die Verfolgung aus Sicherheitsgründen abbrechen musste. Das Gericht wertete diese Flucht nicht nur als bloße Verkehrsordnungswidrigkeit, sondern als Teilnahme an einem verbotenen Kraftfahrzeugrennen nach § 315d Abs. 1 Nr. 2 des Strafgesetzbuches (StGB).
Die Richter argumentierten, dass ein Rennen im Sinne des Gesetzes nicht zwingend auf einer gegenseitigen Absprache beruhen müsse. Auch eine Flucht vor der Polizei weise ein klares Wettbewerbselement auf: der Flüchtende wolle schneller sein als die Polizei, um zu entkommen. Das Polizeifahrzeug stelle dabei den zweiten, wenn auch nicht rechtswidrig handelnden, Teilnehmer dar. Für den Tatbestand sei es unerheblich, ob alle Beteiligten ein Rennen fahren wollten. Die Reaktion der Polizei – die Verfolgung – sei eine erwartbare Folge der Flucht, die der Flüchtende billigend in Kauf nehme. Das Gericht verurteilte den jungen Mann unter Anwendung des Jugendstrafrechts zu 80 Stunden gemeinnütziger Arbeit, entzog ihm die Fahrerlaubnis und verhängte eine Sperrfrist.
Das Urteil macht deutlich, dass unüberlegtes Handeln wie eine Flucht eine Situation dramatisch eskalieren und zu schwerwiegenden strafrechtlichen Konsequenzen führen kann, die weit über den ursprünglichen Anlass der Kontrolle hinausgehen.
So verhält man sich in der Praxis richtig
Für Jugendliche, die in eine Polizeikontrolle geraten, lässt sich aus den rechtlichen Rahmenbedingungen ein klares Handlungsmuster ableiten, das deeskalierend wirkt und die eigenen Rechte wahrt:
Ruhig bleiben |
Auch wenn die Situation unangenehm ist, sind Panik und aggressives Auftreten kontraproduktiv. Eine ruhige und sachliche Haltung ist der beste Weg, die Kontrolle schnell zu beenden. |
Freundlich, aber bestimmt auftreten |
Höflichkeit gegenüber den Beamten ist selbstverständlich. Gleichzeitig müssen Jugendliche ihre Rechte kennen und diese bestimmt, aber ohne Provokation, einfordern. |
Personalien angeben |
Der gesetzlichen Pflicht zur Angabe der Personalien sollte nachgekommen werden, um Zwangsmaßnahmen wie die Mitnahme zur Wache zu vermeiden. |
Zur Sache schweigen |
Über die Personalien hinaus sollten keine weiteren Angaben gemacht werden. Auf Fragen zum Sachverhalt ist die konsequente Antwort: „Dazu möchte ich nichts sagen.“ |
Keine Zustimmung erteilen |
Einer freiwilligen Durchsuchung der Person, des Handys oder der mitgeführten Sachen sollte nicht zugestimmt werden. Die Beamten müssen ihre Maßnahmen dann auf eine gesetzliche Grundlage stützen. |
Eltern und Anwalt verlangen |
Sobald die Maßnahmen intensiver werden (z. B. Mitnahme zur Wache), sollte der Jugendliche darauf bestehen, dass seine Eltern und gegebenenfalls ein Anwalt informiert werden. |
Wer diese Grundregeln beachtet, schützt sich selbst vor unüberlegten Fehlern und stellt sicher, dass seine gesetzlich verankerten Rechte als Minderjähriger gewahrt bleiben.