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Betriebsschließungsversicherung: Keine Zahlung wegen corona-bedingter Schließung

Corona-Virus | Lesezeit: ca. 18 Minuten

Die Klägerin ist ein Gastronomie-Unternehmen. Die Klägerin schloss bei der Beklagten eine Geschäftsversicherung unter Einschluss einer Betriebsschließungsversicherung ab.

Die Klägerin trägt vor:

Die Beklagte sei verpflichtet, der Klägerin für den zeitlichen Höchstrahmen von 30 Tagen die vereinbarte Tagesentschädigung zu zahlen. Aufgrund der behördlichen Allgemeinverfügung der Stadt Bochum sei die Klägerin gehalten gewesen, den Gastronomiestandort ab dem 18.03.2020 zu schließen. Sie habe ihren Geschäftsbetrieb ab dem 18.03.2020 bis zur Wiedereröffnungsmöglichkeit am 11.05.2020 geschlossen gehalten, so dass die Betriebsschließung die im Versicherungsvertrag vereinbarte zeitliche Höchstgrenze von 30 Tagen deutlich überschritten habe. Der Betrieb in Gestaltung eines Speiselokals werde seit jeher in 7 Tage-Betrieb geführt. Abholservice und Außer-Haus-Verkauf hätten im Betrieb der Klägerin zu keiner Zeit eine wirtschaftliche messbare Rolle gespielt. Der darauf entfallende Umsatzanteil liege seit Jahren bei nur ca. 3 %. Die 30 Tage-Frist für den versicherten Zeitraum sei am Donnerstag, den 16.04.2020 abgelaufen. Erst anschließend habe sich die Klägerin entschlossen, probehalber Außer-Haus-Verkauf anzubieten und habe diesen Service für die Zeit vom 23.04.2020 bis 10.05.2020 angeboten. In diesem Zeitraum von rund 2 1/2 Wochen habe sie ein Gesamt-Brutto-Umsatz von rund 14.500,00 Euro generiert, also einen Umsatz, der den durchgängigen Betrieb der Küche wirtschaftlich nicht rechtfertigte. Daher habe sich die Klägerin zur Wiedereröffnung des Betriebs erst am 13.05.2020 entschlossen.

Die abgeschlossene Betriebsschließungsversicherung umfasse auch Betriebsschließungen aufgrund der Corona-Pandemie. Die Auflistung von Krankheiten und Krankheitserregern in § 1 Abs. III der Versicherungsbedingungen gebe den seinerzeitigen Inhalt der Regelungen in §§ 6 und 7 IfSG wieder, sei aber nicht abschließend. Vielmehr umfasse der Deckungsschutz umfassend alle Betriebsschließungen, die aufgrund der Regelungen des IfSG von den zuständigen Behörden veranlasst würden. Nur ein solches Verständnis entspreche dem Verständnis eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers, der als Maßstab für das Verständnis der Regelungen des Versicherungsvertrages und für das Verständnis der daraus zu erwartenden Versicherungsleistung heranzuziehen sei. Die Klägerin habe damit rechnen können, dass die Versicherung immer dann eingreifen werde, wenn es zu örtlich veranlassten Betriebsschließungen auf Grundlage der Regelungen des IfSG komme, wie es plakativ in § 1 der Versicherungsbedingung dargestellt worden sei. Bei den Regelungen in §§ 6 und 7 IfSG handele es sich um eine sogenannte „offene Liste“, wie sich zwanglos aus den Gesetzesformulierungen in § 6 Ziffer 5 und § 7 Abs. 2 IfSG ergebe. Mit diesen „Öffnungsklauseln“ habe der Gesetzgeber erkennbar der Erkenntnis Rechnung getragen, dass zu den in der jeweiligen Gesetzesfassung des IfSG aufgeführten gefährlichen Krankheiten bzw. Krankheitserregern jederzeit neue hinzutreten könnten, die im Sinne der Zielsetzung des Gesetzes gleichermaßen gefährlich und relevant seien. Die neuen Krankheiten und Krankheitserreger unterlägen allein schon kraft der gesetzlichen Öffnungsklauseln den gesetzlichen Regelungen in §§ 6, 7 IfSG und nicht erst nach namentlicher Benennung im Gesetz, wie es zwischenzeitlich geschehen sei. Die Versicherungsbedingungen seien inhaltlich nicht statisch, sondern dynamisch zu verstehen.

Soweit die Beklagte behaupte, die Klägerin habe ihren Kunden Liefer- und Abholangebote zur Verfügung gestellt, handele es sich um Behauptungen ins Blaue hinein. Im Übrigen sei der Restaurantbetrieb in seiner versicherten Ausgestaltung von der Allgemeinverfügung betroffen gewesen, weil der Besuch von Gästen zum Aufenthalt im Lokal der Klägerin verboten gewesen sei. Ob es im Geschäftsbetrieb der Klägerin eingeschränkt möglich gewesen sei, einen Minimalumsatz durch Außerhausverkauf und/oder Catering zu generieren, was einen uneingeschränkt laufenden Küchenbetrieb erfordere und daher in aller Regel wirtschaftlich nur neben dem laufenden Restaurantbetrieb möglich sei, sei rechtlich irrelevant. Der Bewertung als Betriebsschließung stehe ein möglicher Außer-Haus-Verkauf nicht entgegen, wenn es sich lediglich um ein völlig untergeordnetes Mitnahmegeschäft handele, welches unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten auf keinen Fall fortgeführt werden könne. Die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen aufgrund öffentlich rechtlichen Entschädigungsrechts sei nicht in Betracht gekommen. § 56 IfSG greife nicht ein, da die Schließungsverfügung nicht aufgrund irgendwelcher Gefahren aus dem Betrieb der Klägerin resultiere.

Die Beklagte trägt vor:

Der neuartige Corona-Virus und die durch ihn ausgelösten Krankheiten seien über die bei der Beklagten bestehenden Betriebsschließungsversicherung nicht versichert, weil nur die in den Versicherungsbedingungen aufgelisteten Krankheiten und Krankheitserreger vom Versicherungsschutz umfasst seien. § 1 I 1 BS 311/05 verlange für den Versicherungsschutz, dass „meldepflichtige Krankheiten oder Krankheitserreger aufgetreten sind“. § 1 III 1 und 2 definierten, welche Krankheiten oder Krankheitserreger nach den Allgemeinen Versicherungsbedingungen meldepflichtig sind. Die nach dem Versicherungsvertrag versicherten Krankheiten und Krankheitserreger seien abschließend aufgelistet. Durch die Rechtsverordnung des Bundesgesundheitsministeriums sei lediglich die Meldepflicht erweitert worden, jedoch der neuartige Corona- Virus und die durch ihn ausgelösten Krankheiten nicht in den Kanon der ausdrücklich in §§ 6 und 7 IfSG aufgelisteten Krankheiten und Krankheitserreger aufgenommen worden. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer werde nicht auf die Idee kommen, dass Krankheiten und Krankheitserreger, die nicht in den BS 311/05 aufgelistet seien, versichert sein könnten. Die äußerst geringe Versicherungsprämie trotz der beachtlich hohen Deckungssummen erkläre sich daraus, dass nur das in der Praxis verhältnismäßig selten auftretende Risiko erfasst werde, dass in einem Versicherungsbetrieb nach den Versicherungsbedingungen versicherte meldepflichtige Krankheiten oder Krankheitserreger auftreten und durch die zuständige Behörde zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten bei Menschen kostenintensive Schutzmaßnahmen getroffen werden müssten.

Zudem seien in dem bei der Beklagten versicherten Betrieb der neuartige Corona-Virus oder durch ihn ausgelöste Krankheiten überhaupt nicht aufgetreten, was nach den Versicherungsbedingungen erforderlich sei, um den Versicherungsschutz auszulösen. Es liege zudem keine vollständige Schließung des versicherten Betriebs durch eine behördliche Maßnahme vor, sondern allenfalls eine teilweise Schließung, die nicht versichert sei. Bestritten werde, dass eine rechtlich wirksame behördliche Maßnahme vorliege. Die Wirksamkeit der Allgemeinverfügung vom 18.03.20 werde bestritten. Es werde eine unzutreffende Ermächtigungsgrundlage angegeben. Eine Allgemeinverfügung, die eine falsche Ermächtigungsgrundlage angebe oder für die keine existiere, sei nichtig. Bei Einschränkung zahlreicher Grundrechte sei eine Allgemeinverfügung keine taugliche Rechtsgrundlage. Zudem sei gegen das zwingend grundgesetzlich zu beachtende Zitiergebot des Artikel 80 Abs. 1 Satz 3 GG verstoßen worden.

Es werde bestritten, dass der Betrieb vom 18.03.2020 bis zum 11.05.2020 komplett eingestellt gewesen sei. Auf der Internetseite der Klägerin sei ab dem 21.04.2020 ein ToGo- und Lieferservice angeboten worden. Lieferungen oder Außer-Haus-Verkauf seien nicht nur möglich gewesen, sondern seien auch ab dem 23.04.2020 nachweislich angeboten worden. Dies lasse auf eine frühere Möglichkeit der Lieferung und des Außer-Haus-Verkaufs schließen.

Der tatsächliche Schaden der Klägerin liege deutlich unterhalb der festen Taxe von 1.858,00 Euro Tagesentschädigung, und zwar sogar um mehr als 75 %. Schon vor dem maßgeblichen Tag des 18.03.2020 habe die Klägerin nur noch einen geringen Umsatz generiert. Wegen einer Vielzahl von Gründen u.a. durch die Kontaktbeschränkung habe die Klägerin bereits von der von ihr behaupteten Betriebsschließung nur noch einen geringen Umsatz erzielt.

Hilfsweise behauptet die Beklagte, dass die Klägerin jedenfalls staatliche Unterstützungsmaßnahmen in Höhe von 70 % des von ihr behaupteten Schadens hätte erhalten können, also 39.249,00 Euro. Ansprüche der Klägerin gegen die Beklagte könnten daher maximal in Höhe von 16.281,00 Euro bestehen.

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