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Räumungsstopp wegen latenter Suizidgefahr und hohem Alter des Mieters?

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Die latente Suizidgefahr und ein hohes Alter (hier: 70 Jahre) des Wohnungsmieters rechtfertigen es für sich genommen nicht, eine Zwangsvollstreckung vorläufig einzustellen und damit eine Zwangsräumung zu stoppen.

Der Entscheidung lag der nachfolgende Sachverhalt zugrunde:

Die Gläubigerin betreibt aus dem Urteil des Amtsgerichts Wetzlar die Zwangsräumung des von den Schuldnern bewohnten Hausanwesens, inklusive Garage und Stellplatz sowie des Gartens.

In dem Urteil wurde den Schuldnern eine Räumungsfrist bis zum 31.03.2020 eingeräumt. Der Obergerichtsvollzieher hatte zunächst mit Schreiben vom 25.05.2020 die Zwangsräumung für den 26.06.2020 angekündigt. Mit Schriftsatz vom 06.06.2020 haben die Schuldner beantragt, die Zwangsvollstreckung zu untersagen, hilfsweise auf unbestimmte Zeit einzustellen, hilfsweise bis zum 30.11.2020 einzustellen, sowie die Zwangsvollstreckung im Wege der einstweiligen Anordnung einstweilen einzustellen und der Gläubigerin die Kosten aufzuerlegen.

Äußerst hilfsweise beantragten sie den Erlass einer einstweiligen Anordnung analog §§ 766, 732 Abs. 2 ZPO. Zur Begründung führen sie aus, bei der Schuldnerin zu 2. bestehe eine konkrete Suizidgefährdung in engem Zusammenhang mit der titulierten Räumung. Dazu haben sie verschiedene ärztliche Berichte und gutachterliche Stellungnahmen vorgelegt.

Des Weiteren machen die Schuldner geltend, wegen des hohen Alters des Schuldners zu 1. von 70 Jahren stelle ein Umzug für diesen eine unzumutbare Härte dar. Zudem liege eine Existenzbedrohung bei den Schuldnern vor und es drohe die Obdachlosigkeit, da sie finanziell nicht dazu in der Lage seien, eine Ersatzwohnung zu nehmen. Sie hätten einige Anstrengungen unternommen, um eine Unterkunft zu finden, bisher jedoch nicht erfolgreich. Sie stünden jedoch in Kontakt zu dem Vermieter einer Wohnung, die womöglich ab November / Dezember 2020 angemietet werden könne.

Letztlich wäre die Räumung mit den guten Sitten nicht vereinbar, weil sie Berufung gegen das Räumungsurteil eingelegt haben. Demgegenüber stünden einer Einstellung keine Interessen der Gläubigerin entgegen, da die künftige Zahlung der Mieten gesichert sei und diese nicht auf eine Nutzung der Räumlichkeiten angewiesen sei.

Die Berufungskammer des Landgerichts Limburg hat in dem von den Schuldnern angestrengten Berufungsverfahren die Räumungsfrist mit Beschluss vom 15.05.2020 gemäß § 721 ZPO bis zum 30.06.2020 verlängert. Daraufhin wurde der für den 26.06.2020 anberaumte Räumungstermin aufgehoben.

Die Gläubigerin ist dem Antrag der Schuldner vom 06.06.2020 mit Schreiben vom 16.06.2020 und 02.07.2020 entgegengetreten. Sie ist der Auffassung, der Antrag nach § 765a ZPO sei bereits unzulässig, weil schon mit dem Urteil eine Räumungsfrist eingeräumt worden ist und die Schuldner schon mit Einlegung der Berufung eine Einstellung der Zwangsvollstreckung beantragt haben. Schließlich hätten die Einwände der Schuldner bereits im Rahmen des Widerspruchs nach § 574 BGB geltend gemacht werden müssen. Weiterhin sei nicht vorgetragen, dass der Gefahr einer Selbsttötung im Rahmen der Räumung nicht wirksam durch eine stationäre Behandlung begegnet werden könne, was tatsächlich der Fall sei. Es sei nicht nachvollziehbar, dass sich die Schuldnerin nicht in fachärztliche Behandlung eines Arztes für Psychiatrie, sondern nur in hausärztliche Behandlung durch eine Fachärztin für Allgemeinmedizin begebe. Schließlich sei auch kein Mietvertrag hinsichtlich der für Ende 2020 in Aussicht stehenden Mietwohnung vorgelegt worden.

Mit Schreiben vom 22.06.2020 kündigte der Obergerichtsvollzieher die Zwangsräumung nunmehr für den 24.07.2020 an. Auf Anforderung des Amtsgerichts vom 10.06.2020 haben die Schuldner noch eine Bescheinigung der Fachärztin für Allgemeinmedizin vom 15.06.2020 eingereicht.

Das Amtsgericht hat den Antrag der Schuldner auf Bewilligung von Räumungsschutz mit dem angefochtenen Beschluss vom 09.07.2020 zurückgewiesen. In der Begründung hat es ausgeführt, hinsichtlich der Suizidgefahr sei nicht ersichtlich, dass die Räumung als möglicher Auslöser für eine krisenhafte Zuspitzung der depressiven Symptomatik anzusehen sei. Eine akute Lebensgefahr im Zusammenhang mit der Räumung könne nicht konkret festgestellt werden. Das Alter des Schuldners zu 1. allein sei kein ausreichender Grund für eine Maßnahme nach § 765a ZPO. Auch eine evtl. Existenzbedrohung der Schuldner sowie der Umstand, dass noch keine Ersatzwohnung gefunden worden sei, begründe keine Einstellung. Eine über den bereits gewährten Räumungsaufschub hinausgehende Räumungsfrist erscheine nicht gerechtfertigt.

Gegen die am 13.07.2020 zugestellte Entscheidung wenden sich die Schuldner mit ihrer sofortigen Beschwerde vom 21.07.2020, am gleichen Tag bei Gericht eingegangen. Die Schuldner machen geltend, die Schuldnerin zu 2. drohe, sich das Leben zu nehmen, sollte sie aus ihrer Wohnung ausziehen müssen und verweisen auf die bereits mit dem Antrag eingereichten Atteste. Das Amtsgericht habe die Gefahr für das Leben der Schuldnerin zu 2. unberücksichtigt gelassen und meine, die akute Suizidgefahr selbst beurteilen zu können, ohne ein entsprechendes Sachverständigengutachten einzuholen. Die zugleich vorliegende offenkundige akute Gefahr einer erheblichen Gesundheitsgefährdung der Schuldnerin zu 2. durch die Zwangsvollstreckung habe das Amtsgericht völlig ignoriert. Daneben habe es nicht für ein faires Verfahren gesorgt. Die Schuldnerin zu 2. müsse sich seit dem Jahr 2007 stets psychologisch betreuen lassen. Sie habe vergeblich versucht, einen Termin in der Akutklinik für Psychosomatik und Psychiatrie zu bekommen, dies sei jedoch nicht vor September 2020 realisierbar.

Die Rechtspflegerin des Amtsgerichts hat dem Rechtsmittel mit Beschluss vom 21.07.2020 aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung nicht abgeholfen und die Sache dem Landgericht vorgelegt.

Hierzu führte das Gericht aus:

Die Beschwerde der Schuldner ist gemäß §§ 793, 567 ZPO statthaft und zulässig, hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

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