Die Einholung eines Sachverständigengutachtens in Betreuungsverfahren unterliegt nach
§ 26 FamFG grundsätzlich der ermessensgebundenen Entscheidung des Gerichts. Eine zwingende Pflicht zur Begutachtung besteht gemäß
§ 280 Abs. 1 Satz 1 FamFG nur dann, wenn das Verfahren mit einer
Betreuerbestellung oder der Anordnung eines
Einwilligungsvorbehalts endet. In allen anderen Fällen hat das Gericht im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht zu prüfen, welche Ermittlungsmaßnahmen zur Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen erforderlich und geeignet erscheinen.
Die Beauftragung eines Sachverständigen zur Prüfung einer möglichen
Betreuungsbedürftigkeit setzt hinreichende Anhaltspunkte dafür voraus, dass ein Betreuungsbedarf besteht oder die Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts in Betracht kommt (vgl. BGH, 14.07.2021 - Az:
XII ZB 135/21). Bereits die Einleitung einer gutachterlichen Untersuchung kann eine stigmatisierende Wirkung entfalten, wenn Dritte hiervon Kenntnis erlangen. Daher dürfen nicht einzelne Indizien isoliert betrachtet werden, sondern es ist im Rahmen einer Gesamtschau eine Prognose anzustellen, ob mit hinreichender Wahrscheinlichkeit eine Betreuung angeordnet werden wird.
Für die Einrichtung einer
Kontrollbetreuung gemäß
§ 1820 Abs. 3 BGB müssen hinreichende Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die betroffene Person aufgrund einer Krankheit nicht mehr in der Lage ist, ihre Rechte gegenüber dem Bevollmächtigten auszuüben. Die bloße Einstufung in einen Pflegegrad - selbst Pflegegrad 4 - begründet nicht zwingend einen entsprechenden Anhaltspunkt, da die Gründe für eine solche Einstufung vielfältig sein können und nicht notwendigerweise auf einer kognitiven Beeinträchtigung beruhen müssen.
Wenn das Gericht aufgrund der vorliegenden ärztlichen Stellungnahmen und seines persönlichen Eindrucks in der Anhörung zu dem Ergebnis gelangt, dass kognitive und kommunikative Beeinträchtigungen nicht vorliegen, ist es nicht verpflichtet, ein Sachverständigengutachten einzuholen. Das Gericht darf sich dabei auf den Inhalt hausärztlicher Stellungnahmen stützen, ohne dass es einer eigenen medizinischen Sachkunde bedarf oder diese gesondert darlegen müsste.
Vorliegend stützte sich das Gericht auf eine hausärztliche Stellungnahme, der aufgrund häufiger Kontakte zwischen Arzt und Betroffener besondere Aussagekraft zukam, auf weitere ärztliche Stellungnahmen sowie auf den in der persönlichen Anhörung gewonnenen unmittelbaren Eindruck. Bei der persönlichen Anhörung stellte sich die Betroffene als zeitlich, örtlich und situativ voll orientiert dar. Erkennbare Probleme bei der Verbalisierung wurden aufgrund der ärztlichen Stellungnahme nicht als Hinweis auf eine demenzielle Erkrankung, sondern als Folge eines Schlaganfalls gewertet.