Die Sollvorschrift des
§ 280 Abs. 1 Satz 2 FamFG bezieht sich nicht auf die Frage der ärztlichen Approbation als solcher, sondern auf die konkrete Qualifikation des Arztes. Ein Psychologischer Psychotherapeut, der nicht über eine Approbation als Arzt verfügt, erfüllt schon deshalb nicht die Anforderungen an die Qualifikation eines Sachverständigen im Sinne von § 280 Abs. 1 Satz 2 FamFG.
Der Entscheidung lag der nachfolgende Sachverhalt zugrunde:
Mit Beschluss vom 18.01.2022 hat das Amtsgericht Erfurt für die Betroffene durch einstweilige Anordnung, befristet bis 17.07.2022 eine vorläufige
Betreuung angeordnet.
Mit Verfügung vom gleichen Tage wandte sich das Amtsgericht Erfurt an den Sachverständigen Dipl.-Psych. …… und bat diesen, die Betroffene zu untersuchen und ein Gutachten zu den Voraussetzungen einer Betreuung der Betroffenen zu erstatten. Der bestellte Sachverständige legte sein Gutachten unter dem 25.04.2022 vor. In diesem kam er zu dem Ergebnis, dass bei der Betroffenen eine seelische Behinderung vorliege. Es handle sich dabei um eine Residualsymptomatik im Hinblick auf einen früheren erheblichen Drogen- und Alkoholabusus. Die Betroffene sei deshalb in maßgeblichen Bereichen ihrer alltäglichen Lebensführung auf Unterstützung angewiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Gutachten Bezug genommen.
Mit Beschluss vom 10.6.2022 hat das Amtsgericht Erfurt u.a. auf der Grundlage vorgenannten Gutachtens eine Betreuung der Betroffenen im Hauptsacheverfahren angeordnet und als
Betreuerin Frau …... und als Ersatzbetreuerin Frau ….., jeweils als Vereinsbetreuerin bestellt. Als Frist im Sinne von
§ 286 Abs. 3 FamFG hat das Gericht den 10.06.2029 bestimmt.
Nachdem die Betroffene nach Gera verzogen war, hat das Amtsgericht Erfurt das Verfahren mit Beschluss vom 01.11.2022 an das Amtsgericht Gera abgegeben.
Unter dem 21.12.2023 teilte die Betreuerin mit, dass die Betroffene nunmehr zu ihrer Mutter nach Meiningen verzogen sei. Das Amtsgericht Gera hat daraufhin mit Beschluss 10.01.2024 das Betreuungsverfahren an das Amtsgericht Meiningen abgegeben.
Unter dem 26.02.2024 wandte sich der seinerzeit vom Amtsgericht Erfurt bestellte Sachverständige Dipl.-Psych. …… – Psychotherapeut – in einem Verwaltungsvorgang an das Amtsgericht Meiningen und bot an, ihn mit der Erstellung von Betreuungsgutachten zu beauftragen. Mit Schreiben des Gerichtsvorstands vom 04.03.2024 wurde der Sachverständige darauf hingewiesen, dass er nach den hier erreichbaren Erkenntnissen Diplom-Psychologe und als psychologischer Psychotherapeut tätig sei. Dass er auch approbierter Arzt sei, sei derzeit nicht ersichtlich. Er wurde gebeten, die Approbation als Arzt nachzuweisen, da erst dann eine Bestellung als Gutachter in Betreuungsverfahren nach § 280 FamFG in Betracht käme. Hierauf teilte der Sachverständige mit Schreiben vom 15.03.2024 mit, dass er über eine sog. Doppelqualifikation verfüge. Er sei nach einer fünfjährigen Therapieausbildung zum einen für die psychotherapeutische Behandlung Erwachsener und zum anderen für die psychotherapeutische Behandlung von Kindern und Jugendlichen zugelassen und als Psychologe in einem Arztregister einer kassenärztlichen Vereinigung eingetragen. Insoweit sei er auch in anderen Kontexten regelmäßig gehalten, psychiatrische Diagnosen zu vergeben. Nach Auffassung des Sachverständigen biete die Formulierung des § 280 Abs. 1 FamFG einen gewissen Spielraum dafür, für einschlägige Begutachtungen auch entsprechend qualifizierte Psychologen zu beauftragen, da in § 280 Abs. 1 FamFG das „Modalverb soll“ statt des „Modalverbs muss“ verwandt werde. Dass diese Auffassung vertretbar sei folge auch daraus, dass er bereits mehrfach von Gerichten mit der Erstellung von Gutachten im Sinne von § 280 Abs. 1 FamFG beauftragt worden sei.
Unter dem 12.04.2024 regte die Betreuerin einen
Betreuerwechsel an. Hierauf teilte das Gericht mit, dass im Rahmen der Prüfung des Betreuerwechsels auch die vorzeitige Prüfung der Anordnung der Betreuung erfolgen werde, da auf Grund einer anderweitigen Mitteilung des ursprünglich bestellten Sachverständigen bzgl. dessen fehlender ärztliche Approbation erhebliche Bedenken bezüglich der Anordnung der Betreuung bestünden. Nachdem die Betroffene sich schriftlich mit der Einholung eines ärztlichen Zeugnisses, statt eines Gutachtens einverstanden erklärt hat, wurde vom derzeit die Betroffene behandelnden Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. med. ……, Chefarzt der Klinik ……. ein ärztliches Zeugnis eingeholt. Dieser legt in seinem ärztlichen Zeugnis vom 24.05.2024 dar, dass die Betroffene an einer emotional instabilen Persönlichkeitsstörung vom Borderline Typ leide und aufgrund einer Polytoxikomanie eine Hirnschädigung mit kognitiven Beeinträchtigungen eingetreten sei. Infolge dessen sei sie nicht mehr in der Lage, näher bestimmte Teile ihrer persönlichen Angelegenheiten ausreichend zu regeln. Nach den ärztlichen Feststellungen sei die Betroffene in ihrer Willensbildung in Bezug auf eine Betreuerbestellung jedoch frei und geschäftsfähig. Wegen der weiteren Feststellungen wird auf das ärztliche Zeugnis Bezug genommen.
Die Betreuungsbehörde nahm auf gerichtliche Anforderung sowohl zur Fortführung der Betreuung, als auch zum Betreuerwechsel Stellung. Nach Auffassung der Betreuungsbehörde sei sowohl die Fortführung der Betreuung mit mehreren Aufgabenbereichen als auch ein Betreuerwechsel erforderlich.
Das Gericht hat die Betroffene an ihrem derzeitigen Aufenthaltsort in der Klinik in ….. angehört. Im Ergebnis dessen beantragte die Betroffene ausdrücklich die weitere Betreuung bei gleichzeitig durchgeführtem Betreuerwechsel.
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