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Aufhebung einer Betreuung: Wann ist eine persönliche Anhörung notwendig?

Betreuungsrecht | Lesezeit: ca. 5 Minuten

Im Verfahren über die Aufhebung einer Betreuung ist eine persönliche Anhörung des Betroffenen grundsätzlich unverzichtbar, wenn sich das Gericht zur Einholung eines neuen Sachverständigengutachtens entschließt und dieses Gutachten als Tatsachengrundlage für seine Entscheidung heranziehen will.

Der Entscheidung lag der nachfolgende Sachverhalt zugrunde:

Für die 87-jährige Betroffene, die beidseitig an extremer Hypakusis (Taubheit) leidet, wurden in Unkenntnis dieser Erkrankung eine Betreuung eingerichtet und ein Einwilligungsvorbehalt in Vermögensangelegenheiten angeordnet.

Nachdem das Amtsgericht ein weiteres Gutachten und ein Obergutachten eingeholt hatte, die beide zu dem Ergebnis kamen, dass die medizinischen Voraussetzungen für die Einrichtung einer gesetzlichen Betreuung oder für die Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts nicht vorliegen, weil bei der Betroffenen keine klinischen Symptome einer Demenz oder einer Alzheimererkrankung festzustellen seien und ihre freie Willensbildung nicht eingeschränkt sei, hat das Amtsgericht die Betreuung (einschließlich des Einwilligungsvorbehalts) ohne Anhörung der Betroffenen aufgehoben. Die dagegen gerichtete Beschwerde des Sohnes der Betroffenen (Beteiligter zu 1) hat das Landgericht ohne Anhörung zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich der Sohn der Betroffenen mit seiner Rechtsbeschwerde.

Hierzu führte das Gericht aus:

Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache.

1. Die Rechtsbeschwerde rügt zu Recht, dass das Beschwerdegericht die Betroffene nicht angehört hat.

a) Zwar verweist § 294 Abs. 1 FamFG für die Aufhebung einer Betreuung oder eines Einwilligungsvorbehalts nicht auf § 278 Abs. 1 FamFG, der eine persönliche Anhörung des Betroffenen vorschreibt. Dies ändert aber nichts daran, dass auch im Aufhebungsverfahren die allgemeinen Verfahrensregeln, insbesondere die Grundsätze des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) und der Amtsermittlung (§ 26 FamFG), zu beachten sind. Nach § 26 FamFG hat das Gericht von Amts wegen die zur Feststellung der Tatsachen erforderlichen Ermittlungen durchzuführen und die geeignet erscheinenden Beweise zu erheben. Nach den Maßstäben des § 26 FamFG bestimmt sich, ob im Einzelfall auch im Aufhebungsverfahren eine persönliche Anhörung des Betroffenen durchzuführen ist, um dem Gericht dadurch einen unmittelbaren Eindruck von dem Betroffenen zu verschaffen. Im Einzelfall mag es dabei rechtlich unbedenklich sein, von einer persönlichen Anhörung des Betroffenen im Aufhebungsverfahren abzusehen, wenn sich sein Begehren nach Aufhebung der Betreuung von vornherein als eine offenkundig aussichtslose oder querulatorisch erscheinende Eingabe darstellt. Eine Anhörung des Betroffenen ist demgegenüber auch im Aufhebungsverfahren generell unverzichtbar, wenn sich das Gericht - wie hier - zur Einholung eines neuen Sachverständigengutachtens entschließt und dieses Gutachten als Tatsachengrundlage für seine Entscheidung heranziehen will (vgl. BGH, 12.01.2022 - Az: XII ZB 442/21).

b) Gemessen daran konnte auf eine Anhörung der Betroffenen im Beschwerdeverfahren nicht verzichtet werden. Denn das Beschwerdegericht war gemäß § 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG nicht von der Verpflichtung entbunden, die Betroffene selbst anzuhören, weil das Amtsgericht nach der Einholung der Sachverständigengutachten keine Anhörung durchgeführt hatte.

2. Die angefochtene Entscheidung ist daher aufzuheben und die Sache ist an das Landgericht zurückzuverweisen, weil diese noch nicht zur Endentscheidung reif ist. Für das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, dass jedenfalls bei Zugrundelegung der zuletzt eingeholten Sachverständigengutachten die medizinischen Voraussetzungen für die Einrichtung einer Betreuung und die Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts nicht vorliegen dürften.


BGH, 16.04.2025 - Az: XII ZB 290/24

ECLI:DE:BGH:2025:160425BXIIZB290.24.0

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