In den Fällen, in denen eine
Patientenverfügung fehlt oder die dort getroffenen Festlegungen nicht mehr auf die aktuelle Lebens- und Behandlungssituation des Patienten zutreffen, hat der
Betreuer die Behandlungswünsche oder den mutmaßlichen Willen des
Betreuten zu ermitteln und auf dieser Grundlage zu entscheiden, ob er in eine ärztliche Behandlungsmaßnahme einwilligt oder sie abbricht bzw untersagt.
Der mutmaßliche Wille des Patienten ist auf Grund konkreter Anhaltspunkte zu ermitteln. Zu berücksichtigen sind insoweit insbesondere frühere mündliche oder schriftliche Äußerungen, ethische oder religiöse Überzeugungen oder sonstige persönliche Wertvorstellungen des Patienten (
§ 1901a Abs 2 S 3 BGB), nicht aber allgemeine, gruppenspezifische oder regional herrschende Wertvorstellungen.
Daher ist nahen Angehörigen und sonstigen Vertrauenspersonen gem
§ 1901b Abs 2 BGB Gelegenheit zur Äußerung entsprechender Erkenntnisse zu geben, sofern dies mit Blick auf die Dringlichkeit der Behandlung zeitlich möglich ist.
Kann ein entsprechender Wille des Patienten nicht ermittelt werden und bleiben erhebliche Zweifel an dem Bestehen oder Fortbestehen eines vorherigen Willens, so gilt der Satz: In dubio pro vita („Im Zweifel für das Leben“).
Die Nichteinwilligung oder der Widerruf der
Einwilligung des Betreuers in eine ärztliche Behandlungsmaßnahme bedarf der Genehmigung des
Betreuungsgerichts nur, wenn zwischen Betreuer und behandelndem Arzt Uneinigkeit darüber besteht, dass die Erteilung, die Nichterteilung oder der Widerruf der Einwilligung dem nach § 1901a BGB festgestelltem Willen des Betreuten entspricht (
§ 1904 Abs 2 u 4 BGB).