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Stichtagsklausel beim Bonus unwirksam – Anspruch trotz Eigenkündigung möglich

Arbeitsrecht | Lesezeit: ca. 5 Minuten

Die Regelung einer Bonuszahlung unterliegt als Bestandteil der Arbeitsvergütung der Inhaltskontrolle nach § 75 Abs. 2 BetrVG. Eine Betriebsvereinbarung, die die Bonusauszahlung von einem ungekündigten Arbeitsverhältnis am Auszahlungstag abhängig macht, ist unwirksam, soweit die Zahlung überwiegend Entgeltcharakter hat. Eine derartige Stichtagsregelung verletzt die Grundrechte der Arbeitnehmer aus Art. 2 Abs. 1 und Art. 12 Abs. 1 GG, wenn sie die Berufsfreiheit unangemessen einschränkt und zu sachlich nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlungen führt.

Die Wirksamkeit von Bonusregelungen ist nach ihrem Zweck und ihrer wirtschaftlichen Bedeutung zu beurteilen. Enthält eine Betriebsvereinbarung eine variable Vergütung, die an Leistung, Verantwortung und wirtschaftlichen Erfolg anknüpft, steht deren Entlohnungscharakter im Vordergrund. Die Bindung an ein ungekündigtes Arbeitsverhältnis zum Auszahlungszeitpunkt kann in diesem Fall nicht durch den Gratifikationszweck gerechtfertigt werden. Eine Abhängigkeit der Zahlung vom Fortbestand des Arbeitsverhältnisses stellt vielmehr eine unverhältnismäßige Einschränkung der Kündigungsfreiheit dar, da sie Arbeitnehmer faktisch an das Unternehmen bindet, ohne eine entsprechende Differenzierung nach der Höhe der Bonuszahlung vorzunehmen.

Nach ständiger Rechtsprechung unterliegen Rückzahlungs- und Stichtagsklauseln in Betriebsvereinbarungen einer strengeren Kontrolle als tarifliche Regelungen, da letztere aufgrund der Tarifautonomie (Art. 9 Abs. 3 GG) eine materielle Richtigkeitsgewähr genießen. Betriebsparteien haben bei der Ausgestaltung von Vergütungssystemen die Grundrechte der Arbeitnehmer zu wahren und die Regelungen am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu messen. Eine Bonusklausel, die keine Differenzierung nach der Höhe oder dem Zweck der Zahlung enthält, ist daher unwirksam, wenn der Bonus einen wesentlichen Teil der Gesamtvergütung darstellt. Nach der Rechtsprechung spricht vieles dafür, dass bei Sonderzahlungen ab einem Anteil von mindestens 25 % der Jahresvergütung der Entgeltcharakter überwiegt und die Zielsetzung, Betriebstreue zu belohnen, in den Hintergrund tritt.

Eine Stichtagsregelung, die keinerlei Abstufung nach der Höhe der Zahlung oder der Dauer der Betriebszugehörigkeit vorsieht, verstößt zudem gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 GG. Die Ungleichbehandlung zwischen Arbeitnehmern, deren Arbeitsverhältnis fortbesteht, und solchen, die das Arbeitsverhältnis durch Eigenkündigung beenden, ist sachlich nicht gerechtfertigt, wenn beide im maßgeblichen Geschäftsjahr anteilig zum Unternehmenserfolg beigetragen haben. Dies gilt insbesondere, wenn die Bonusregelung leistungs- und ergebnisbezogen ausgestaltet ist und der Bonus den Charakter einer variablen Vergütung hat.

Der Bonusanspruch bemisst sich in diesem Fall nach den Bestimmungen der Betriebsvereinbarung, soweit diese wirksam bleibt. Besteht eine Regelung über einen garantierten Mindestbonus, ist dieser anteilig zu gewähren, wenn die Beschäftigung nicht das gesamte Jahr andauerte. Eine weitergehende Bonuszahlung setzt konkrete Darlegungen zu den maßgeblichen Leistungsparametern, dem Bonuspool und der individuellen Bewertung voraus. Fehlt es an diesen Angaben, kann ein über den garantierten Mindestbetrag hinausgehender Anspruch nicht zugesprochen werden.


LAG Hessen, 02.11.2009 - Az: 7/5 Sa 842/09

ECLI:DE:LAGHE:2009:1102.7.5SA842.09.0A

Vorgehend: ArbG Frankfurt/Main, 25.03.2009 - Az: 7 Ca 4442/08

Nachfolgend: BAG, 05.07.2011 - Az: 1 AZR 94/10

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