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Ist eine mündliche Kündigung durch den Arbeitgeber wirksam?

Arbeitsrecht | Lesezeit: ca. 6 Minuten

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Eine Kündigungsschutzklage, die sieben Monate nach dem Ausspruch einer formunwirksamen, nur mündlich erklärten Kündigung erhoben wird, kann verwirkt sein. Voraussetzung für die Verwirkung ist das Vorliegen eines Zeitmomentes und eines Umstandsmomentes.

Der Arbeitnehmer ist nach Treu und Glauben verpflichtet, etwaige Angriffe gegen eine mündliche Kündigung in angemessener Frist vorzubringen. Dem Arbeitnehmer ist eine Überlegungszeit einzuräumen. Der Gesetzgeber hat mit der Neufassung des § 4 KSchG den Gedanken der zügigen Klärung des Streites über den Bestand des Arbeitsverhältnisses aufgenommen. Einschließlich einer einzuräumenden Überlegungsfrist ist als angemessen ein Zeitraum bis sechs Wochen nach Zugang der Kündigungserklärung anzusehen.

Ein Umstandsmoment für die Hinnahme der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach mündlicher Kündigung kann das mehrfache Verlangen nach der Herausgabe der Arbeitspapiere sein.

Hierzu führte das Gericht aus:

Ein Recht ist verwirkt, wenn der Berechtigte es längere Zeiten hindurch nicht geltend gemacht hat und der Verpflichtete sich nach dem gesamten Verhalten des Berechtigten darauf einrichten durfte und auch eingerichtet hat, dass dieser das Recht auch in Zukunft nicht geltend machen werde (§ 242 BGB). Der Verstoß gegen Treu und Glauben liegt in der illoyalen Verspätung der Rechtsausübung.

Der Verwirkung unterliegen alle Rechtspositionen, mithin auch das Klagerecht. Voraussetzung für die Verwirkung ist nach herrschender Auffassung das Vorliegen eines Zeitmomentes und eines Umstandsmomentes. Was als die Verwirkung auslösendes Zeitmoment anzusehen ist, ergibt sich aus den Umständen des Einzelfalles.

Vorliegend hat der Kläger mit der Klageerhebung am 14. April 2010 zu viel Zeit verstreichen lassen. Das ergibt sich aus den Besonderheiten des vorliegenden Falles. Er hat nach Kenntnisnahme der Kündigung fast sieben Monate mit der Klageerhebung gewartet.

Das ist unter Berücksichtigung des weiteren Geschehensablauf zu lange. Ihm ist zwar einzuräumen, dass er nicht nach § 4 KSchG verpflichtet war, die 3-Wochen-Frist zu wahren. Es liegt nämlich ein vom KSchG nicht erfasster Unwirksamkeitsgrund, die Nichtigkeit wegen Nichteinhaltung der gesetzlichen Form (§§ 623, 125 BGB), vor. Gleichwohl war aus dem inzwischen gesetzlich verankerten Gesichtspunkt der zügigen Herstellung von Rechtsklarheit eine rasche Klärung geboten. Der Arbeitnehmer ist daher nach Treu und Glauben verpflichtet, etwaige Angriffe gegen die umstrittene Kündigung in angemessener Frist vorzubringen, eventuell Klage zu erheben. Tut er das nicht, so muss er sich den Einwand der Verwirkung entgegenhalten lassen.

Welcher Zeitablauf maßgebend ist, wird von der Rechtsprechung nicht einheitlich beantwortet. Dem Arbeitnehmer wird eine Überlegungsfrist einzuräumen sein. Der Gesetzgeber hat den Gedanken der zügigen Klärung des Streites über den Bestand des Arbeitsverhältnisses - Neufassung des § 4 KSchG - aufgenommen und damit deutlich gemacht, dass auch er eine schnelle Klärung solcher Bestandstreitigkeiten im Arbeitsleben herbeigeführt wissen will. Damit hat der Gesetzgeber eine entsprechende Tendenz festgeschrieben. Die Kammer sieht sich deshalb berechtigt, für die Bestimmung einer Ausgangsgröße für eine Überlegungsfrist auf die 3-Wochen-Frist des § 4 zurückzugreifen.

Ausgehend hiervon durfte der Kläger unter den gegebenen Umständen nicht noch weitere sechs Monate mit der Klageerhebung hinzuwarten. Er kannte die genauen Umstände des Einzelfalles und wusste nach seinem eigenen Vortrag, dass der Beklagte nicht gewillt war, freiwillig die Kündigung zurückzunehmen und das Arbeitsverhältnis fortzusetzen. Es ist unter den gegebenen Umständen unbillig, den Beklagten monatelang im Unklaren zu lassen, ob die Kündigung des Arbeitsverhältnisses hingenommen wird und ihn dann auf Annahmeverzugsansprüchen für mehrere Monate in Anspruch zu nehmen. Es lagen nämlich Momente vor, die bei dem Beklagten das Vertrauen erzeugt haben, dass der Kläger sich nicht mehr gegen die Kündigung wehren wird. Ein solches Moment war das vom Kläger selbst behauptete, mehrfache Verlangen nach der Herausgabe der Arbeitspapiere. Dies erweckte den Eindruck bei dem Beklagten, dass das Ende des Arbeitsverhältnisses hingenommen worden ist.


LAG Berlin-Brandenburg, 16.08.2010 - Az: 25 Ta 1628/10

ECLI:DE:LAGBEBB:2010:0816.25TA1628.10.0A

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