Der
Arbeitgeber, der den
Bewerbungsprozess um eine ausgeschriebene Stelle mithilfe eines Softwareprogramms digital durchführt, genügt seiner Pflicht zur Vorlage der Bewerbungsunterlagen an den
Betriebsrat, wenn er dessen Mitgliedern für die Dauer des Zustimmungsverfahrens nach
§ 99 Abs. 1 BetrVG ein auf die im Programm hinterlegten Bewerbungsunterlagen bezogenes - mithilfe von zur Verfügung gestellten Laptops jederzeit nutzbares - Einsichtsrecht gewährt und die Möglichkeit besteht, Notizen anzufertigen.
Hierzu führte das Gericht aus:
Die sprachliche Fassung von § 99 Abs. 1 BetrVG steht der Annahme, ein Arbeitgeber könne seine Vorlagepflicht gegenüber dem Betriebsrat durch die Gewährung eines jederzeitigen digitalen Leserechts - wie hier nach Nr. 8 der Anlage 3b zur KBV - erfüllen, nicht entgegen. Zwar zeigen die Begriffe „Bewerbungsunterlagen“ und „vor(zu)legen“, dass dem im Jahr 1972 in Kraft getretenen § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG - entsprechend der damaligen Lebenswirklichkeit - die Vorstellung zugrunde liegt, derartige Unterlagen würden stets in physisch verkörperter Form eingereicht und müssten dem Betriebsrat daher auch in dieser Form überlassen werden. Umgangssprachlich beschreibt eine „Unterlage“ etwas „schriftlich Niedergelegtes, das als Beweis, Beleg, Bestätigung … für etwas dient“. Das Verb „vorlegen“ bedeutet typischerweise „etwas vor jemanden zur Ansicht, Begutachtung, Bearbeitung … hinlegen“ (vgl. Duden Deutsches Universalwörterbuch 9. Aufl. Stichwort „vorlegen“) oder etwas „vorzeigen, zeigen, vorweisen“. Der durch den Wortlaut der Norm vermittelte Wortsinn lässt jedoch erkennen, dass der Arbeitgeber dem Betriebsrat digital verfügbare „Bewerbungsunterlagen“ auch nur in dieser Form zur Verfügung stellen muss. Bei einem funktionalen Verständnis sind solche „Unterlagen“ alle Interessenbekundungen und dem Arbeitgeber zu diesem Zweck übermittelten Daten, die von den Bewerbern übersandt werden. In welchem Format die Einreichung dieser Angaben beim Arbeitgeber erfolgt, ist für ihre Eigenschaft als Grundlage für dessen spätere Auswahlentscheidung unerheblich. Zudem geht das Gesetz - wie der in § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG verwendete bestimmte Artikel („die“) zeigt - davon aus, der Arbeitgeber müsse dem Betriebsrat grundsätzlich auch nur die ihm selbst übermittelten „Original“-Unterlagen zur Verfügung stellen. Dies lässt den Schluss zu, dass er nicht gehalten ist, dem Betriebsrat digital über ein Bewerberportal eingegangene „Bewerbungsunterlagen“ in Papierform zu überlassen.
Ein solches Verständnis entspricht auch Sinn und Zweck der Regelung.
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