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Amtsermittlungsgrundsatz im finanzgerichtlichen Verfahren: Was verbirgt sich dahinter?

Geld & Recht | Lesezeit: ca. 5 Minuten

Im finanzgerichtlichen Verfahren gilt ein besonderer Verfahrensgrundsatz, der sich grundlegend vom zivilprozessualen Verfahren unterscheidet: der sogenannte Amtsermittlungsgrundsatz.

Dieser ist in § 76 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) geregelt und lautet: „Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen.“

Der Amtsermittlungsgrundsatz im finanzgerichtlichen Verfahren stellt sicher, dass das Gericht aktiv zur Wahrheitsfindung beiträgt und den Sachverhalt umfassend aufklärt. Dennoch bleiben die Verfahrensbeteiligten in der Pflicht, bei der Aufklärung mitzuwirken und insbesondere steuerlich relevante Unterlagen oder Nachweise vorzulegen. Eine fehlende oder unzureichende Mitwirkung kann dazu führen, dass für die Entscheidung wesentliche Tatsachen nicht festgestellt werden können – mit nachteiligen Folgen für den betreffenden Beteiligten.

Was bedeutet der Amtsermittlungsgrundsatz?

Der Amtsermittlungsgrundsatz verpflichtet das Finanzgericht, den entscheidungserheblichen Sachverhalt eigenständig und umfassend aufzuklären – unabhängig davon, ob die Beteiligten entsprechende Beweisanträge gestellt oder bestimmte Tatsachen vorgetragen haben. Das Gericht ist also nicht darauf beschränkt, nur die von den Verfahrensbeteiligten eingebrachten Informationen zu verwerten. Es kann und soll vielmehr eigene Ermittlungen anstellen, soweit dies zur vollständigen Wahrheitsfindung und zur rechtlich zutreffenden Entscheidung erforderlich ist.

Abgrenzung zum Zivilprozess

Im Gegensatz zum Zivilprozess, der vom sogenannten Beibringungsgrundsatz geprägt ist – also davon, dass die Parteien für den Vortrag und die Beweisführung ihrer Tatsachenbehauptungen selbst verantwortlich sind –, übernimmt im finanzgerichtlichen Verfahren das Gericht eine aktive Rolle. Dies trägt dem Umstand Rechnung, dass Steuerverfahren oft von komplexen Sachverhalten und spezialgesetzlichen Regelungen geprägt sind, die eine objektive Prüfung durch das Gericht erforderlich machen.

Grenzen der gerichtlichen Aufklärung

Trotz der weiten Ermittlungsbefugnisse des Gerichts ist auch der Amtsermittlungsgrundsatz nicht grenzenlos. Die Beteiligten bestimmen durch ihre Klageanträge und ihr Klagebegehren, worüber das Gericht entscheiden soll. Es darf nicht über das hinausgehen, was beantragt ist (§ 96 Abs. 1 Satz 2 FGO). Auch bleibt das Gericht an die materiell-rechtlichen Beweislastregeln gebunden. Das bedeutet: Kann eine entscheidungserhebliche Tatsache nicht aufgeklärt werden, trägt grundsätzlich derjenige das Risiko der Unaufklärbarkeit, dem die Beweislast dafür obliegt.

Mitwirkungspflichten der Beteiligten

Wichtig: Trotz des Amtsermittlungsgrundsatzes besteht weiterhin eine Mitwirkungspflicht der Beteiligten. Diese müssen die für ihren Standpunkt erheblichen Tatsachen darlegen und Beweismittel benennen. Die Aufklärungspflicht des Gerichts entbindet also nicht von der Pflicht, substantiierte Angaben zu machen. Gerade bei komplexen steuerlichen Sachverhalten ist eine umfassende Mitwirkung durch Vorlage von Unterlagen, nachvollziehbare Erläuterungen und gegebenenfalls Stellungnahmen erforderlich.

Ausschlussfristen und Folgen unzureichender Mitwirkung

Nach § 79b FGO kann das Gericht den Beteiligten sogenannte Ausschlussfristen setzen. Werden innerhalb dieser Fristen keine ergänzenden Angaben gemacht oder Beweismittel vorgelegt, kann das Gericht die Sachverhaltsaufklärung als abgeschlossen betrachten. Bleiben entscheidungserhebliche Tatsachen dadurch ungeklärt, wirkt sich dies nach den allgemeinen Beweislastgrundsätzen zulasten des Beteiligten aus, der diese Tatsache hätte beweisen müssen.
Stand: 22.05.2025
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