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Stellenbesetzung durch Schwerbehinderte: Verbindung mit Agentur für Arbeit

Arbeitsrecht | Lesezeit: ca. 15 Minuten

Die Verpflichtung des Arbeitgebers, mit der Agentur für Arbeit nach § 164 Abs. 1 Satz 2 SGB IX Verbindung aufzunehmen, erfordert die Erteilung eines Vermittlungsauftrags.

Hierzu führte das Gericht aus:

Arbeitgeber sind nach § 164 Abs. 1 Satz 1 SGB IX verpflichtet zu prüfen, ob freie Arbeitsplätze mit schwerbehinderten Menschen, insbesondere mit bei der Agentur für Arbeit arbeitslos oder arbeitsuchend gemeldeten schwerbehinderten Menschen, besetzt werden können. Sie nehmen nach § 164 Abs. 1 Satz 2 SGB IX frühzeitig Verbindung mit der Agentur für Arbeit auf. Die Bundesagentur für Arbeit oder ein Integrationsfachdienst schlägt den Arbeitgebern geeignete schwerbehinderte Menschen vor (§ 164 Abs. 1 Satz 3 SGB IX).

Ein Verstoß gegen § 164 Abs. 1 Satz 2 SGB IX kann die Vermutung einer Benachteiligung wegen Schwerbehinderung iSv. § 22 AGG begründen. Dies entspricht dem Grundsatz, wonach bei schwerbehinderten Menschen und diesen gleichgestellten behinderten Menschen der Verstoß des Arbeitgebers gegen Verfahrens- und/oder Förderpflichten zugunsten schwerbehinderter Menschen regelmäßig die Vermutung einer Benachteiligung wegen der (Schwer)Behinderung iSv. § 22 AGG begründet.

Nach § 165 Satz 1 SGB IX melden die Dienststellen der öffentlichen Arbeitgeber den Agenturen für Arbeit ua. frühzeitig frei werdende und neu zu besetzende sowie neue Arbeitsplätze. Diesbezüglich ist in der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts anerkannt, dass eine ordnungsgemäße Meldung die Erteilung eines Vermittlungsauftrags an die bei der Bundesagentur für Arbeit eingerichteten besonderen Stellen (§ 187 Abs. 4 SGB IX) voraussetzt und die bloße Veröffentlichung eines Stellenangebots über die Jobbörse der Bundesagentur für Arbeit nicht ausreicht, weil dies nicht deren Vermittlungsservice auslöst. Diese Rechtsprechung ist auf § 164 Abs. 1 Satz 2 SGB IX zu übertragen, auch wenn der Gesetzgeber nur den öffentlichen Arbeitgebern mit § 165 SGB IX eine besondere Verantwortung und eine Vorbildfunktion übertragen hat. Hinsichtlich des Zwecks der Einschaltung der Bundesagentur für Arbeit besteht zwischen § 164 Abs. 1 Satz 2 SGB IX und § 165 Satz 1 SGB IX kein Unterschied. Beide Normen dienen der Verbesserung der Arbeitsmarktchancen schwerbehinderter Menschen und damit auch der Umsetzung der Richtlinie 2000/78/EG, denn es handelt sich jeweils um „Vorkehrungen“ iSv. Art. 5 dieser Richtlinie.

Dessen ungeachtet verbleibt es bei einer Erweiterung der Arbeitgeberpflichten durch § 165 Satz 1 SGB IX. Im Gegensatz zu privaten Arbeitgebern haben öffentliche Arbeitgeber nach dem Gesetzeswortlaut nicht nur „freie Arbeitsplätze“, sondern auch „frei werdende und neu zu besetzende sowie neue Arbeitsplätze“ zu melden, wenn eine Prüfung zur internen Besetzung erfolglos blieb. Sie müssen damit auch ihren voraussichtlichen Personalbedarf mitteilen. Auch wenn die Rechtsprechung die auf „freie Arbeitsplätze“ bezogene Prüfpflicht weit versteht und ebenfalls auf „frei werdende oder neu geschaffene Arbeitsplätze“ erstreckt, sieht § 165 Satz 1 SGB IX eine „noch frühzeitigere“ Einschaltung der Bundesagentur für Arbeit vor. Zudem lässt das Erfordernis der „Meldung“ darauf schließen, dass der vollständige Text der Ausschreibung frühzeitig zu übermitteln ist und nicht nur „Verbindung“ aufgenommen werden soll. Die erhöhten Anforderungen an die Meldung lassen sich auch § 165 Satz 2 SGB IX entnehmen, wonach bereits mit der Meldung die Zustimmung zur Veröffentlichung der Stellenangebote als erteilt gilt.

Besteht die Vermutung einer Benachteiligung, trägt die andere Partei die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht verletzt worden ist. Hierfür gilt das Beweismaß des sog. Vollbeweises. Der Arbeitgeber muss Tatsachen vortragen und ggf. beweisen, aus denen sich ergibt, dass ausschließlich andere als die in § 1 AGG genannten Gründe oder die Schwerbehinderung zu einer ungünstigeren Behandlung geführt haben.

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Dr. Peter Leithoff , Mainz